Von Alexander Saheb
Wie wird Ihnen das Jahr 2010 in Erinnerung bleiben?
Bernard Kobler: Die wirtschaftliche Erholung im Wirtschaftsraum Luzern lag 2010 klar über den Erwartungen. Beim Geschäftsgang der Luzerner Kantonalbank befinden wir uns auf Vorjahreshöhe. Das entspricht unserer Prognose, die wir Anfang 2010 abgegeben haben.
«Wir streben für die nächsten fünf Jahr eine Eigenkapitalüberdeckung zwischen 60 und 80 % an. Vom Unternehmensgewinn wollen wir wie bisher rund 50 % an unsere Aktionäre ausschütten.» Bernard Kobler, CEO der Luzerner Kantonalbank
Welche geschäftlichen Weichenstellungen waren für die LUKB die wichtigsten?
Sicher die Überprüfung unserer bisherigen Strategie und die leichten Anpassungen, die wir für die Jahre 2011 bis 2015 vorgenommen haben. Wir haben viel Bewährtes aus der letzten Fünfjahres-Strategie übernommen, aber da und dort auch neue Ideen einfliessen lassen oder die Schwergewichte etwas anders gelegt. Wir geben unseren Kunden erstmals konkrete Leistungsversprechen ab. Damit wollen wir unsere Kundennähe erlebbar und vor allem auch messbar machen. Ich denke, dass uns die Einhaltung dieser Leistungsversprechen einerseits sehr fordern wird, als Organisation wird uns das aber entscheidend weiterbringen.
«Es braucht heute eine kritische Grösse, um die Compliance im Anlagegeschäft mit ausländischen Private Banking-Kunden sicherzustellen.»
Wichtig scheint mir auch, dass wir uns für die nächsten fünf Jahre konkrete finanzielle Ziele gesetzt haben. Wir wollen in der Periode 2011 bis 2015 einen kumulierten Unternehmensgewinn nach Steuern von mindestens 890 Millionen Franken erzielen. Zum Vergleich: 2006 bis 2010 beläuft sich diese Zahl auf rund 840 Millionen Franken. Gleichzeitig haben wir uns als Zielsetzung für die einzelnen Jahre eine Eigenkapitalrendite vor Steuern und Abschreibung Goodwill von 9 bis 14 % gesetzt – das ist leicht weniger als im letzten Strategiezyklus. Die Gründe für diese Reduktion sind einerseits im tieferen Zinsniveau und anderseits in in der höheren Eigenkapitalbasis zu suchen: Wir streben für die nächsten fünf Jahr eine Eigenkapitalüberdeckung zwischen 60 und 80 % an. Vom Unternehmensgewinn wollen wir wie bisher rund 50 % an unsere Aktionäre ausschütten. Davon profitiert natürlich auch unser Hauptaktionär, der Kanton Luzern.
Gab es im Geschäftsumfeld auch eine geradezu unerwartete Entwicklung?
Nein. Einer der grossen Vorteile unseres Geschäftsmodells liegt ja gerade darin, dass wir aufgrund der Abstützung auf verschiedene Geschäftsfelder und des geografisch überblickbaren Geschäftsgebiets eine hohe Kontinuität bieten können. Eher überrascht bin ich dagegen von den Auswirkungen gewisser Regulatorien: So wird FATCA gerade für kleinere und mittelgrosse Banken wie uns einen erheblichen Umsetzungsaufwand bringen. Generell lässt sich sagen, dass die Anforderungen an Compliance im grenzüberschreitenden Private Banking ganz gewaltig gestiegen sind – und das bei gleichzeitig schwächeren Ertragschancen als früher. Dies ist auch einer der Gründe, warum wir diesen Herbst die bisherige Tochtergesellschaft Adler Privatbank in die Luzerner Kantonalbank integriert haben. Es braucht heute eine kritische Grösse, um die Compliance im Anlagegeschäft mit ausländischen Private Banking-Kunden sicherzustellen.
Die LUKB geht mit einer Strategieanpassung ins Jahr 2011. Kontinuität und Kundenfokus werden stärker betont. Reflektieren Sie mit diesen Zielsetzungen das eher angespannte Marktumfeld?
Wie gesagt: Unser Kernmarkt, der Wirtschaftsraum Luzern, entwickelt sich aktuell sehr erfreulich. Kontinuität ergibt sich, weil wir bereits mit der bisherigen Strategie für die Jahre 2006 bis 2010 erfolgreich waren, deshalb «never change a winning horse». Beim Thema Kundenfokus haben uns ganz einfach gefragt: Was erwarten die Kundinnen und Kunden von einer Bank? Und was ganz speziell von einer Kantonalbank? Was müssen wir tun, um auch in Zukunft die Bank erster Wahl in Luzern zu sein, und zwar für unsere Kundschaft, für aktive und potenzielle Mitarbeitende, für unsere Aktionäre sowie ganz generell für unsere Region? Wir sind uns bewusst, dass an eine Kantonalbank hohe Ansprüche gestellt werden und wollen unsere Verantwortung für den Wirtschafts- und Lebensraum Luzern wahrnehmen.
«Ich denke, dass ein Grossteil der heute von Banken angebotenen Lösungen zu kompliziert sind – da nehme ich die LUKB nicht aus.»
Das Gewinnziel für die Periode 2011 bis 2015 liegt mit mindestens 890 Mio. CHF eher moderat über den 840 Mio. CHF, die 2006 bis 2010 verdient wurden. Ist das Erreichen dieses Zieles dafür umso sicherer?
Sicher ist auf unserer Welt natürlich gar nichts! (lacht) Aber im Ernst: Sofern keine wirklich unerwarteten und für uns einschneidenden Entwicklungen eintreten, ist unser kumuliertes Gewinnziel für die Jahre 2011 bis 2015 durchaus realistisch. Aber einfach so in den Schoss fallen wird es uns nicht, das ist uns ebenso klar.
Sie möchten die Qualität der Privatkundenbetreuung verbessern. Wo wird angesetzt?
Ein Beispiel: Gerade bei den Kundinnen und Kunden ist es meines Erachtens matchentscheidend, dass sich einerseits in ihren Bedürfnissen verstanden fühlen, anderseits aber auch einfache und verständliche Lösungen angeboten erhalten. Hier können wir uns als Kantonalbank, die nah am Puls der Kunden ist, differenzieren. Ich denke, dass ein Grossteil der heute von Banken angebotenen Lösungen zu kompliziert sind – da nehme ich die LUKB nicht aus.
«Bei den Kontoprodukten stellen wir vermehrt fest, dass es den Kunden nicht egal ist, was die Bank mit dem Geld finanziert, das sie ihr anvertraut haben».
Generell betrachtet sieht man beispielsweise im Hypothekargeschäft, dass die Marktposition eines Institutes oft direkt mit den offerierten Konditionen zusammenhängt. Zudem sind ja vor allem Kontoprodukte oft austauschbar. Welche Kriterien möchten Sie abseits rein monetärer Eckpunkte definieren?
Beim Hypothekargeschäft sind es unter anderem die Kenntnisse des lokalen Immobilienmarktes. Hier haben wir als unbestrittene Nummer 1 in der Region sicher Vorteile in der Beratung. Hinzu kommt, dass wir bei den Kreditkompetenzen dezentral organisiert sind. Unsere Hypothekarkunden profitieren so von direkten Zuständigkeiten und schnellen Entscheiden – vielfach kann der Kundenberater direkt entscheiden. Bei den Kontoprodukten stellen wir vermehrt fest, dass es den Kunden nicht egal ist, was die Bank mit dem Geld finanziert, das sie ihr anvertraut haben. Bei einer Kantonalbank fliesst das Geld der Sparer zum grössten Teil wieder als Kredit in die eigene Region zurück. Wir sind somit ein Motor für die regionale Wirtschaft, unsere Kreditengagements sind nicht global und damit ausserhalb des Erfahrungsbereichs unserer Kunden. Und als letzten Punkt möchte ich den Aspekt der Kontinuität erwähnen: Als Kantonalbank-Kunde brauchen Sie keine Angst vor einem strategischen Zick-Zack-Kurs zu haben. Unser Geschäftsmodell mag langweilig aussehen, aber es bietet unseren Kunden hohe Stabilität und Verlässlichkeit.
Die LUKB strebt des weiteren einen Ausbau des Firmenkundengeschäftes in der deutschsprachigen Schweiz an. Andererseits betonen Sie Kundennähe und den regionalen Bezug, der wohl Stadt und Kanton Luzern im engeren Sinne meint. Wie bringen Sie das unter einen Hut?
Im Privatkundengeschäft liegt unser Fokus klar auf der Region. Hier macht es nur schon aus betriebswirtschaftlicher Optik wenig Sinn, im grossen Stil ausserhalb der angestammten Region aktiv zu werden. Gewisse Chancen ausserhalb von Luzern rechnen wir uns jedoch mit unserem Angebot «Privileg 50» aus. Im Private Banking haben wir seit jeher zum Teil nationale, zum Teil internationale Kundschaft. Beim Firmenkundengeschäft können wir mit einer geographischen Diversifikation unseres Portefeuilles unser Risikoprofil senken, was letztlich auch positive Effekte für den Kanton Luzern als Haupteigentümer der LUKB hat.
«Wir haben uns mit der «Unternehmerbank «vom Finanzierer zum strategischen Partner von Firmen entwickelt und bieten attraktive, zum Teil exklusive Zusatzleistungen an.»
Welche Überlegungen bringen Firmenkunden aus anderen Kantonen dazu, sich von der LUKB betreuen zu lassen?
Beim Firmenkundengeschäft bieten wir mit dem Leistungskonzept «Unternehmerbank» etwas an, das schweizweit einzigartig ist. Wir haben uns mit der Unternehmerbank vom Finanzierer zum strategischen Partner von Firmen entwickelt und bieten attraktive, zum Teil exklusive Zusatzleistungen an. Damit haben wir eine USP, die uns die Türen zu Unternehmen öffnet, die wir gerne als Kunden gewinnen möchten. Wir gehen bei der Akquisition ausserhalb unseres Wirtschaftsraums jedoch sehr selektiv vor und machen in bezug auf unsere Risikopolitik keine Kompromisse.
Ein weiteres Geschäftsfeld, von dem die LUKB Wachstum erwartet, ist das Private Banking. Profitieren Sie hier von Synergien mit den anderen Sparten, oder agiert das PB vorwiegend separat?
Ich bin überzeugt, dass unser Geschäftsmodell – die Universalbank – für den grössten Teil der Private Banking-Kundschaft wesentliche Vorteile bringt. Universalbanken sind für ihre Kunden nicht nur Partner bei der Verwaltung von Vermögen, sondern bereits in jüngeren Jahren, wenn es um den Aufbau des Vermögens geht. Wir kennen und begleiten unsere Kunden oft schon Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, bevor Wertschriften ein zentrales Thema werden. Eine Kundenbeziehung mit der Kantonalbank beginnt für viele Menschen ja traditionell mit dem «Götti-Sparheft» als Taufgeschenk. Je nach Lebenssituation und Alter stehen unterschiedliche Fragestellungen im Zentrum. Dabei ist es unerlässlich, seine Finanzplanung ganzheitlich anzugehen. Das heisst, auch bei Anlagen, Steuern, Vorsorge und Erbschaft gilt es, die Immobiliensituation sowie das eigene Unternehmen – sofern man selbständig ist – miteinzubeziehen.
Retrozessionen sind für die Vermögensverwaltung ein viel diskutiertes Thema. Wie sieht die Regelung der LUKB aus?
Hier liegen wir auf der gleichen Linie wie die FINMA und die Schweizerische Bankiervereinigung: Wir befürworten in diesem Bereich eine transparente Offenlegung gegenüber den Kunden. Man muss aber beachten, dass der Begriff ‹Retrozessionen› heute uneinheitlich und für eine Vielzahl sehr unterschiedlicher Sachverhalte verwendet wird. Teilweise wird der Begriff auch dann angeführt, wenn von Vertriebsentschädigungen die Rede ist. Diese Entschädigungen stellen nach unserer Auffassung aber keine Retrozessionen dar, sondern sind ein Entgelt für die Übernahme unserer Aufgaben und Pflichten als Vertriebsträgerin. Unsere Vermögensverwaltungskunden werden offen darüber informiert, in welcher Bandbreite sich diese Entschädigungen bewegen.
Auf lange Sicht war die LUKB-Aktie eine sehr gute Kapitalanlage. Welche Überlegungen sprechen auf dem jetzigen Kursniveau noch für den Titel?
Beim aktuellen Kursniveau liegt die Dividendenrendite der LUKB-Aktie immer noch bei rund 3.5 %. Zudem hat unsere Aktie bei unsicheren Marktverhältnissen bisher eine sehr hohe Kursstabilität bewiesen. Analysten schätzen das Rückschlagspotenzial der LUKB-Aktie als gering ein.
Der Gesprächspartner:
Bernard Kobler (Jahrgang 1957) ist seit 1. Januar 2004 Präsident der Geschäftsleitung (CEO) der Luzerner Kantonalbank (LUKB). Vorher war er seit 1999 als Geschäftsleitungsmitglied der LUKB zuständig für das Geschäftsfeld Privat- und Gewerbekunden der Luzerner Kantonalbank. Zuvor war er während rund 16 Jahren in verschiedenen Stabs- und Linienfunktionen bei der UBS tätig, mit Schwergewicht in den Geschäftsbereichen Firmen- und Retailkunden. Zuletzt war er bei der UBS verantwortlich für das Retailgeschäft der Region Zürich. Bernard Kobler ist Absolvent der Swiss Banking School und des Advanced Management Programme an der Insead in Fontainebleau (F). Er ist verheiratet, hat vier Kinder und wohnt in Meggen (LU).
Das Unternehmen:
Die 1850 gegründete Luzerner Kantonalbank AG (LUKB) ist mit rund 1’000 Mitarbeitenden die führende Bank im Kanton Luzern. Sie betreibt insgesamt 29 Zweigstellen. Die LUKB gehört zu den grössten Schweizer Kantonalbanken. Ihre Kern-Geschäftsfelder sind die Immobilienfinanzierung, die KMU-Finanzierung und das Private Banking. Zum Konzern LUKB gehören die LKB Expert Fondsleitung AG und die LUKB Wachstumskapital AG. Die LUKB ist seit 2001 als Aktiengesellschaft ausgestaltet, ihre Aktien sind an der SIX Swiss Exchange kotiert. 37.8 % des Aktienkapitals sind breit im Publikum gestreut, 62.2 % befinden sich im Besitz des Kantons Luzern. Die LUKB verfügt über Staatsgarantie und ein langfristiges Rating AA+ von Standard & Poor’s (kurzfristiges Rating A-1+).