Bertrand Jungo, CEO Manor AG: «Wir sind kein Übernahmekandidat»
von Patrick Gunti
Herr Jungo, die Manor-Warenhauskette hat 2006 einen Umsatz von 2,837 Mrd. Franken realisiert. Wie beurteilen Sie das Resultat des vergangenen Jahres?
Grundsätzlich sind wir nie zufrieden und streben nach ständiger Verbesserung der Kundenzufriedenheit und damit auch nach Steigerung der Umsätze. Wenn man berücksichtigt, wie stark und anhaltend die Konkurrenz Verkaufsflächenexpansion betreibt und wie sich der Wettbewerb im Markt gestaltet, dann ist unser Resultat erfreulich.
Die Kette zählt derzeit 70 Warenhäuser, für das laufende Jahr sind zwei Neueröffnungen geplant. Welche Kriterien erfüllen die neuen Standorte im Shopping-Center Shoppyland Schönbühl sowie in der Nähe des Bahnhofs St. Gallen?
Unsere Ansprüche in Bezug auf Grösse, Lage und Einzugsgebiet sind hoch. Manor Warenhäuser finden Sie entweder an erstklassiger Lage im Stadtkern oder in attraktiven Centern ausserhalb der Stadt, aber mit idealer Anbindung, was den öffentlichen und den Individualverkehr betrifft. Mit Schönbühl und St. Gallen haben wir zwei Standorte, die das jeweilige Kriterium perfekt erfüllen.
«Unsere Ansprüche in Bezug auf Grösse, Lage und Einzugsgebiet sind hoch.»
Bertrand Jungo
Welches Sortiment wird Manor in Schönbühl anbieten – unter einem Dach mit Migros und Loeb?
Manor wird in Schönbühl mit einem umfassenden Non-Food-Sortiment präsent sein. Auf drei Etagen präsentieren wir ein Komplettsortiment bestehend aus den Bereichen Mode, Parfumerie, Bijouterie, Papeterie, Reisen und Sport, Multimedia, Haushalt und Home sowie Spielwaren. Wir bieten unseren Kunden einen in dieser Art einmaligen Sortimentsmix.
Manor hat in und um die Stadt Bern lange nach einem passenden Standort gesucht. Ist ein Warenhaus in der Stadt Bern mit der Standortwahl Shoppyland damit vom Tisch?
Wir prüfen laufend Standorte in der ganzen Schweiz. Selbstverständlich werden wir auch jedes gute Angebot in der Stadt Bern prüfen. Aber schlussendlich expandieren wir nicht um der Expansion Willen, wir suchen nur die besten Standorte für unsere Warenhäuser und damit für unsere Kunden.
In den Jahren 2008 und 2009 sollen vier neue Warenhäuser eröffnet werden. Welche Standorte haben Sie dabei im Visier?
Geplant sind Neueröffnungen in St. Antonino, Heerbrugg, Vesenaz und Biel.
Welche Investitionen in bestehende Warenhäuser sind geplant?
Wir investieren laufend in das Ladendesign und den visuellen Auftritt aller Warenhäuser. Grosse bauliche Veränderungen mit starker Weiterentwicklung des Kundenkomforts haben wir für 2007 in Genf, Basel, Sion und Zug geplant.
2006 hat Manor in Nyon das Konzept Convenience Plus erfolgreich eingeführt. Was beinhaltet Convenience Plus und wo wird das Konzept in den nächsten Schritten eingeführt?
Ausgangslage ist eine vorhandene, nicht erweiterbare Fläche und unser Anspruch unseren Kunden auf der zur Verfügung stehenden Fläche ein vollwertiges Manor Warenhaus mit Nonfood sowie auch Food-Bereich zu bieten. Durch Convenience Plus erreichen wir dieses Ziel in Warenhäusern mit vergleichsweise geringer Verkaufsfläche von 2’500 bis 4’000m2 per Sortimentsverdichtung, Reduzierung der Hinterräume sowie Konzentrierung auf zwei Kassenbereiche (Food und Non-Food). Durch diese Massnahmen schaffen wir in diesen kleineren Häusern Platz für einen Supermarkt sowie ein Restaurant und werden so unserem Ruf als Multispezialist auch an kleineren Standorten gerecht. Der nächste Umbau gemäss Convenience Plus erfolgt im zweiten Halbjahr 2007 in unserem Haus in Zug, aufgrund der geringen Fläche werden wir uns hier aber auf den Non-Food-Bereich beschränken.
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Sie haben im vergangenen Jahr in drei Tessiner Filialen das Self-Scanning eingeführt. Welche Erfahrungen wurden dabei gemacht und wo wird die Technologie künftig eingesetzt?
«quick n’easy», so heisst unser Self-Scanning- System, wurde nicht nur im Tessin eingeführt, den Piloten starteten wir in unserem Warenhaus St. Jakob-Park in Basel bereits 2005. Nach dem Erfolg in Basel haben wir «quick n’easy» dreimal im Tessin etabliert und 2007 werden drei weitere Supermärkte in der Westschweiz ausgerüstet. Unsere Kunden schätzen es, die Wahl zu haben. Und genau wie bei unserer Sortimentsvielfalt bieten wir mit «quick n’easy» einfach eine zusätzliche Variante des Einkaufs: schnell und unkompliziert, aber nicht unpersönlich. Denn an der Anzahl unserer Mitarbeitenden in den Supermärkten ändert sich durch Self-Scanning nichts, schliesslich ist persönliche Beratung durch nichts zu ersetzen.
Mit dem Verkauf von Denner an die Migros geht der Konzentrationsprozess im Schweizer Detailhandel weiter. Was bedeutet dieser Deal aus Ihrer Sicht für den Schweizer Detailhandel?
Kurzfristig sind keine grossen Änderungen zu erwarten. Mittelfristig bleibt abzuwarten, wie sich die Situation aufgrund des Markteintritts von Aldi und Lidl entwickeln wird.
Zusammen mit Spar, Volg oder Jelmoli gehörte in den letzten Tagen auch Manor zu den meistgenannten weiteren Übernahmekandidaten. Ihre Stellungnahme dazu?
Wir sind kein Übernahmekandidat.
«In der nächsten Zeit steht für den Detailhandel und für die
Konsumentinnen und Konsumenten politisch sehr viel auf dem Spiel –
weit mehr als in den vergangenen Jahrzehnten.» Bertrand Jungo
Der Verkauf von Denner ist die Folge der zunehmenden Präsenz von Aldi in der Schweiz und dem wohl bald bevorstehenden Markteintritt von Lidl. Welche Auswirkungen erwarten Sie in dieser Folge auf den Foodbereich von Manor?
Wir positionieren uns in erster Linie über Frische und Qualität sowie Produkte lokaler Produzenten, nicht über den Preis. Bei industriell gefertigten Produkten, die austauschbar sind, haben wir 150 Artikel im Sortiment, bei denen wir preislich so attraktiv sind, wie unsere Hauptkonkurrenten. Unsere Kunden schätzen Produkte mit Mehrwert und dementsprechend unser hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis
Manor ist zusammen mit Migros, Coop, Denner, Charles Vögele und Valora Mitglied der Interessengemeinschaftschaft Detailhandel Schweiz, die für bessere Rahmenbedingungen kämpft. Was steht dabei zuoberst auf der Agenda?
Hochpreisinsel Schweiz, Agrarpolitik, Mehrwertsteuer. In der nächsten Zeit steht für den Detailhandel und für die Konsumentinnen und Konsumenten politisch sehr viel auf dem Spiel – weit mehr als in den vergangenen Jahrzehnten. So prägen wichtige Vorlagen die politische Agenda, die einen massgeblichen Einfluss auf die Rahmenbedingungen der Branche haben: Agrarpolitik 2011, EU-Freihandelsabkommen für landwirtschaftliche Produkte, Parallelimporte, Cassis de Dijon-Prinzip und Mehrwertsteuer-Reform.
Zur Person:
Bertrand Jungo wurde am 2. September 1965 in Freiburg geboren. Heute lebt der verheiratete Vater zweier Mädchen in Düdingen. Jungo schloss 1989 an der Universität Freiburg sein Studium als lic.rer.pol ab. Er kennt Manor wie kaum jemand sonst – seine gesamte bisherige Berufskarriere erfolgte im Warenhauskonzern. Nach seinem Studium trat er als Rayonchef-Assistent Sport bei Manor in Genf ins Unternehmen ein, 1991 war er Personalleiter bei Manor in Chavannes, 1992-1994 Assistent des Regionaldirektors Westschweiz, 1995-1996 Direktor Manor Morges, von 1996-1998 Direktor bei Manor in Chur. 1999 übernahm er als Regionaldirektor die Verantwortung für 15 Warenhäuser. 2001 avancierte er zum Direktor Division Besoins Personnels / Food (Gesamtverantwortung für die Bereiche Papeterie, Parfumerie, Bijouterie, Supermärkte, Restaurants), ab 1. Januar 2003 war er Stellvertretender Generaldirektor Manor und seit 1.1. 2005 ist Jungo Chief Executive Officer.