«Wir wollen niemand behindern, beim Mehrwertsteuerpaket voranzukommen», sagte Finanzminister Peer Steinbrück nach den von ihm erstmals geleiteten Beratungen mit seinen europäischen Amtskollegen am Dienstag in Brüssel.
Mehrwertsteuer soll im Bestimmungs- statt im Herkunftsland erhoben werden
Mit der Reform soll die Mehrwertsteuer in wichtigen Wirtschaftssektoren nur noch im Bestimmungsland und nicht mehr im Herkunftsland erhoben werden. Es gebe dabei aber noch offene Fragen. Steinbrück machte gleichzeitig deutlich, dass er weiterhin für Deutschland eine EU-Ausnahmegenehmigung für ein weniger betrugsanfälliges Erhebungssystem für diese Steuer haben will. Er wird bisher von Österreich unterstützt; Grossbritannien will den Systemwechsel nur ganz begrenzt für Mobiltelefone und Computerchips.
Vorschlag der EU-Kommission
Steinbrück kündigte an, dass die Ressortchef bei ihrem informellen Treffen am 20. und 21. April in Berlin das schwierige Steuerthema anschneiden werden. Er erwarte, dass die EU-Kommission bis dahin einen Vorschlag unterbreite. Der Schaden für Deutschland durch Mehrwertsteuerbetrug belaufe sich pro Jahr auf acht bis zehn Milliarden Euro. Berl in hatte bisher seine Zustimmung für so genannte Mehrwertsteuerpaket förmlich mit der Forderung nach dem Sonderweg für den Systemwechsel bei der Steuer-Erhebung verbunden.
Defizit-Strafverfahren gegen Frankreich eingestellt
Die 27 EU-Finanzminister stellten das Defizit-Strafverfahren gegen Frankreich nach vierjähriger Dauer ein. Der frühere Defizitsünder Deutschland, der im vergangenen Jahr ein Defizit von 1,9 Prozent hatte, muss noch bis zum Frühjahr warten. Paris blieb 2005 und 2006 unter der Maastrichter Defizitmarke von drei Prozent. Für das laufende Jahr wird von der EU-Kommission eine Neuverschuldung in Frankreich von 2,6 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt erwartet. Der französische Ressortchef Thierry Breton sagte: «Das ist ein wichtiger Tag.» Frankreich sei als erstes grosses EU-Land aus der Strafprozedur entlassen worden, bei der in letzter Konsequenz milliardenschwere Sanktionen drohten.
Thema Hedge-Fonds
Steinbrück will beim Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs der sieben grössten Industrienationen (G7) Anfang Februar in Essen das Thema Hedge-Fonds anschneiden. «Wir sind in einer frühen Phase», sagte der Minister. «Wir reden nicht über Regulierung, sondern über einen grösseren Austausch.» Ökonomen befürchten wegen dieser oft hochspekulativen Fonds Schäden für das weltweite Finanzsystem.
Schwerpunkte: Koordination in Wirtschafts- und Finanzpolitik
Schwerpunkte der deutschen EU-Ratspräsidentschaft sind eine verbesserte Koordination der Mitgliedstaaten in der Wirtschafts- und Finanzpolitik, Fragen des EU-Binnenmarkts wie der Steuerpolitik und die Qualität der öffentlichen Finanzen.
Konsolidierung der öffentlichen Finanzen
Deutschland wolle bei der Konsolidierung der öffentlichen Finanzen vorankommen. Über den Haushalt des kommenden Jahres werde im Juli entschieden, sagte Steinbrück. Die EU-Kommission hatte für 2008 eine stärkere Senkung des so genannten Strukturdefizits angemahnt, bei dem Einmaleffekte ausgeblendet werden. EU-Währungskommissar Joaquín Almunia sagte, es gebe keinen Streit um den Sparkurs. Er sei sicher, dass Steinbrück im kommenden Monat die Empfehlung der EU-Kommission zur Haushaltskonsolidierung unterstützen werde. «Peer Steinbrück weiss genau, dass es gut ist für Deutschland und für die Euro-Zone, den Stabilitätspakt anzuwenden.» (awp/mc/ar)