BP-Chef Tony Hayward vor dem Rücktritt
Dies berichtete der Sender BBC am Sonntag. Der Kampf am Unglücksort vor der US-Südküste geht derweil nach tagelangem Stillstand weiter. Eine offizielle Erklärung zu Haywards Rücktritt solle es innerhalb von 24 Stunden geben, hiess es bei BBC unter Berufung auf Unternehmenskreise. Die Fachagentur Bloomberg meldete, dass die Ankündigung auch am Dienstag bei der Vorlage der Geschäftszahlen für das erste Halbjahr 2010 gemacht werden könnte. BP wollte die Berichte weder bestätigen noch dementieren. «Hayward hat weiterhin das Vertrauen des Aufsichtsrats», sagte Konzernsprecher Toby Odone der Nachrichtenagentur dpa.
US-Amerikaner Bob Dudley als Nachfolger gehandelt
Als Haywards Nachfolger wird der US-Amerikaner Bob Dudley gehandelt. Er hatte von dem BP-Chef bereits Ende Juni die operative Leitung bei der Eindämmung der Ölpest übernommen. Damals hiess es aus dem Konzern noch, Hayward solle sich wieder stärker dem regulären Geschäft widmen. Beobachter empfanden dies als Degradierung.
Hayward arg unter Beschuss
Der Vorstandschef, der seine Karriere bei BP vor 28 Jahren begonnen hatte, war vor allem in den USA heftig für seinen Umgang mit der schwersten Umweltkatastrophe in der Geschichte des Landes gerügt worden. Beissende Kritik zog er mit seinem Kommentar auf sich, er wolle einfach nur sein Leben wieder haben. Kurz darauf geriet er ins Schussfeuer der Medien, als er mit seiner Segelyacht «Bob» an einer Regatta im Ärmelkanal teilnahm.
BP: «Noch kein endgültiger Entscheid gefallen»
BP hat Berichte über einen bevorstehenden Rücktritt seine Vorstandsvorsitzenden Tony Hayward nicht dementiert. Das Unternehmen habe entsprechende «Spekulationen» der Medien vom Wochenende registriert, teilte BP auf seiner Homepage mit. Es sei noch keine «endgültige Entscheidung» über das Top-Management getroffen worden. Der Aufsichtsrat des Energiekonzerns trifft sich an diesem Montag, um über die Zukunft Haywards abzustimmen. Dabei solle lediglich Haywards Entscheidung abgesegnet werden, sagte der BP-Sprecher. Am Wochenende wurde den Berichten zufolge über eine Abfindung verhandelt. Sein Gehalt und Bonus betrug laut BP im vergangenen Jahr 3,1 Millionen Pfund. Analysten erwarten, dass BP trotz der Ölpest im ersten Halbjahr dieses Jahres 10 Milliarden Dollar (7,7 Mrd Euro) Gewinn gemacht hat. Gleichzeitig erwarten Branchenexperten, dass sich im zweiten Quartal unter dem Strich ein Verlust anhäuft – der erste seit mehreren Jahrzehnten.
Wechselhaftes Wetter an Ölquelle
Die teure Schlacht an der Ölpest-Front ist für BP wegen des wechselhaften Wetters noch längst nicht geschlagen. Zwar konnten die Arbeiten am Sonntag wieder aufgenommen werden, nachdem sich das Sturmtief «Bonnie» deutlich abschwächte. Doch die gerade begonnene Hurrikan-Saison in der Region nimmt Fahrt auf. «Wir werden die restliche Saison über Katz und Maus spielen müssen», sagte der Einsatzleiter der US-Regierung, Admiral Thad Allen.
Weitere Verzögerungen
Sobald sich der nächste grosse Sturm ankündigt, müssten die Arbeiten erneut unterbrochen werden. Allein die Evakuierung an diesem Wochenende hätte die BP-Pläne, die defekte Ölquelle mit Hilfe von Parallelbohrungen endgültig zu verschliessen, mindestens um eine Woche verzögert. Das Unterfangen dürfte laut Allen nicht von Mitte August abgeschlossen sein. Eine provisorische Kappe auf dem Bohrloch hält aber wie schon seit rund zehn Tagen das Öl vom Ausströmen ins Meer ab – für BP ein Erfolg.
Neues Bohrvorhaben vor libyscher Küste
Während im Golf von Mexiko wegen der Ölpest derzeit ein Verbot neuer Tiefseebohrungen besteht, will BP ein solches Vorhaben nun im Mittelmeer vor der Küste Libyens starten. «Die Bohrungen werden in wenigen Wochen beginnen», sagte BP-Sprecher David Nicholas der Nachrichtenagentur dpa und bestätigte damit einen Bericht der «Financial Times» vom Samstag. Die Bohrung gilt als politisch und ökologisch heikel.
Sicherheitsbedenken zurückgewiesen
Die Quelle solle spätestens in einem halben Jahr erschlossen sein, sagte der Sprecher weiter. Der Konzern wies Sicherheitsbedenken über die neue Tiefseebohrung zurück. In der Schublade liegen allerdings schon «detaillierte Störfallpläne». Die Bohrung erfolgt in der Mittelmeerbucht «Grosse Syrte». Die Quelle liegt etwa 200 Kilometer westlich der Hafenstadt Bengasi in rund 1750 Metern Tiefe. Damit wird dort 250 Meter tiefer nach Öl und Gas gebohrt als bei der Tiefseebohrung im Golf von Mexiko.
Neue peinliche Details
Unterdessen wurden neue, für BP peinliche Details zur Katastrophe bekannt: Ein Alarm-Signal sei während der Explosion auf der «Deepwater Horizon» am 20. April ausgeschaltet gewesen. «Sie wollten nicht, dass die Leute um drei Uhr nachts durch Fehlalarm geweckt werden», sagte der Techniker Mike Williams vor einem Untersuchungsausschuss. Das Signal sei schon ein Jahr vor der Explosion am 20. April deaktiviert worden. Elf Menschen kamen bei dem Unfall ums Leben, 115 der 126 Menschen auf der Bohrinsel wurden gerettet.
Professoren zum Schweigen gebracht?
Weiterer Vorwurf gegen BP: Ein führender US-Wissenschaftler hält dem britischen Konzern vor, angesehene Forscher zum Schweigen bringen zu wollen. BP habe die Wissenschaftler gezielt unter Vertrag genommen, um Informationen eine Zeit lang unter Verschluss zu halten. «Ein wahrlich gigantischer Konzern versucht, das Schweigen von Hochschullehrern in einem umfassenden Ausmass zu erkaufen», kommentierte Cary Nelson, Vorsitzender des US-Professorenverbandes AAUP, den Vorgang im britischen Sender BBC. (awp/mc/ps/01)