Von Helmuth Fuchs
Moneycab: Herr Richle, die vor einem halben Jahr angekündigte Umsatzverdoppelung auf 47 Millionen Franken ist Ihnen mit einer Umsatzsteigerung von 175% auf 51 Millionen Franken eindrücklich gelungen. Was waren die wichtigsten Projekte, die zur Zielerreichung geführt haben?
Bruno Richle: Das im ersten Halbjahr verspürte Marktwachstum erwies sich als nachhaltig. Es gelang uns, vor allem dank unserer neuen Positionierung «Kombination von E-Business und ERP» zahlreiche grössere Folgeaufträge bei wichtigen bestehenden Kunden und zusätzlich zahlreiche Neukunden in allen unseren Segmenten zu gewinnen.
«Wir wollen mit den zusätzlichen Übernahmen – ob es nun eine oder drei werden – unsere heutige strategische Ausrichtung festigen und nicht unbedingt weiter diversifizieren.» Bruno Richle, CEO Crealogix
Geht es jetzt in diesem Tempo weiter und was sind die konkreten Ziele für das kommende Geschäftsjahr?
Ein marktbedingtes organisches Wachstum von durchschnittlich 10% sehen wir heute als realistische Grösse für die kommenden Jahre. Dass wir eine weitere Umsatzverdoppelung anstreben ist offenkundig, aber nicht schon in einem Jahr, sondern im Verlauf der nächsten 5 Jahre.
Das bisherige Wachstum haben Sie vor allem auch durch Übernahmen und Mehrheitsbeteiligungen erreicht (hmi, Circon Circle Consulting AG, Balzano Informatik AG). Bei den Akquisitionen haben Sie sich jeweils eine Earn-Out Periode ausbedungen. Das heisst, die Firmen müssen ihre Ziele innerhalb einer festgelegten Bandbreite erreichen. Wie sieht es damit aus, werden Sie eine der Optionen zum Ausstieg einlösen müssen?
Das Earn-out Prinzip funktioniert bei uns so, dass der Kaufpreis an wichtige Kennzahlen wie EBIT und Umsatz gekoppelt ist. Ein Ausstieg kommt für uns nicht in Frage, denn bei schlechter Performance werden die restlichen Anteile entsprechend günstiger.
Das weitere Wachstum in Richtung 100 Millionen Umsatz wollen Sie mit jährlich 10% organischem Wachstum und zwei Übernahmen realisieren. Können Sie zu den geplanten Übernahmen und in welchem Gebiet Sie diese vornehmen wollen etwas Konkreter werden?
Wir wollen mit den zusätzlichen Übernahmen – ob es nun eine oder drei werden – unsere heutige strategische Ausrichtung festigen und nicht unbedingt weiter diversifizieren. Wir sind überzeugt, dass es noch genügend Nischen in den Bereichen ERP und E-Business gibt, welche interessante Wachstumspotentiale und gute Renditechancen bieten können.
Am letzten Small and Mid Cap Day des Swiss Equity Magazins wurde die Crealogix von den Analysten und Investoren zu den 10 erfolgreichsten Firmen gewählt. Der Aktienkurs stieg von 42 Franken am Ende des letzten Jahres auf jetzt 74 Franken. Wäre dies nicht ein guter Zeitpunkt, mehr Kapital für ein schnelleres Wachstum über die Börse zu beschaffen?
Für unser Wachstumsprogramm ist dies noch nicht nötig, denn mit über 40 Mio. flüssigen Mitteln steht uns noch genügend Kapital für weitere Akquisitionen zur Verfügung. Zudem steht uns ein genehmigtes Kapital zur Verfügung, welches uns eine Kapitalerhöhung von 30% erlauben würde. Wir haben unseren Aktionären versprochen, dass wir damit aber sehr vorsichtig umgehen werden.
Mit der Präsenz in Prag haben Sie sich die Möglichkeit für ein «near-shore» Entwicklungszentrum geschaffen. Welcher Prozentsatz der Programmierung innerhalb der Crealogix wird heute in Prag geleistet und wie soll sich das für die Zukunft entwickeln?
Heute werden in Prag weniger als 10% der Mitarbeitenden beschäftigt. In bezug auf den Anteil an Programmierern bewegen wir uns bei unter 20%. In Zukunft wollen wir diesen Anteil noch erhöhen, aber unsere Strategie sieht vor, die werttreibenden Aktivitäten vor allem in der Nähe unserer Kunden zu erbringen.
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Sie arbeiten für grosse Kunden im Finanzbereich. Spüren Sie hier den Konkurrenzdruck aus den asiatischen Ländern und Indien und unter welchen Bedingungen können Sie sich als Schweizer Anbieter durchsetzen?
Ein Outsourcing nach Asien lohnt sich vor allem bei sehr grossen Projekten, welche sehr gut geplant und spezifiziert werden können, nicht unbedingt unter grossem Zeitdruck stehen und bei denen vorzugsweise Standardsoftware zum Einsatz kommt. Bei dieser Art von Projekten kamen bereits früher eher grosse internationale Anbieter zum Zug als Crealogix. Wir agieren in sehr enger und direkter Interaktion mit unseren Bankenkunden und verfügen über ein tiefes Branchen-Know-how. Dieses erlaubt uns, schnell und effizient kundenspezifische Funktionalitäten zu implementieren, welche unseren Kunden zu Wettbewerbsvorteilen verhilft.
Ein Standortvorteil für die Schweiz war bis anhin das Bildungswesen. Die letzten Pisastudien lieferten für die Schweiz eher ernüchternde Resultate. Wie beurteilen Sie den Bildungsstand bezüglich der Lehrlinge, die Sie ausbilden und der Fachkräfte, die Sie einstellen?
Unserer Ansicht nach ist der Ausbildungsstand unserer neuen Lehrlinge nicht schlechter geworden. Wir sind in der glücklichen Lage, die besten Schulabgänger auswählen zu können. Allerdings stellen wir fest, dass die Lehrlinge viel von uns benötigtes Know-how – insbesondere im IT-Bereich – im Selbstlernverfahren erwerben, weil sie das Thema interessiert. Die Schulen bieten hier immer noch ein eher dünnes Angebot.
Lehrlingsausbildung ist für ein wichtiger ökonomischer Beitrag, den wir sehr ernst nehmen. Die CREALOGIX Gruppe bildet heute alleine im Kanton Zürich 7 Informatiklehrlinge aus. Wir wollen diese Anzahl innerhalb der nächsten zwei Jahre auf 12 erhöhen.
Während der Betriebsertrag pro Mitarbeiter um 10 Prozent auf 198’000 Franken gesteigert wurde, stieg die EBIT Marge um 3.7 Prozentpunkte auf 5.5 Prozent. Das deutet darauf hin, dass die Margen im IT Markt immer noch unter Druck sind. Wie sehen Sie die weitere Entwicklung der Margensituation und welche Möglichkeiten zur Verbesserung der Marge haben Sie noch?
Die Preise sind weiterhin unter Druck obschon die Auslastungssituation sich verbessert hat. Deshalb wollen wir die Kostensituation noch verbessern und über die Qualität als Marktführer die Margensituation verbessern.
Sie haben weiterhin eine klare Wachstumsstrategie angekündigt und wollen dabei die Profitabilität steigern. Wie wollen Sie die Profitabilität konkret steigern?
Zum einen wollen wir das vorhanden Cross-Selling Potential in unseren beiden Kerngebieten E-Business und ERP noch besser ausnützen. Zum andern möchten wir unsere Marktposition als Marktführer noch gezielter in Projekte umwandeln. In den grossen ERP Projekten haben wir zudem noch die Möglichkeit die Leistungseffizienz, das heisst, die Art und Wiese wie wir unsere Dienstleistungen erbringen, zu steigern. Die Produktionskosten können zusätzlich über die vorhandenen Kapazitäten in unseren «near-shore» Entwicklungszentren noch gesenkt werden.
Welchen Anteil am Gesamtumsatz haben Deutschland und Österreich und wie sehen hier die Wachstumsziele aus?
Heute beträgt der Ausland-Anteil des Umsatzes 18 Prozent (9 Millionen Franken). In naher Zukunft, das heisst in den nächsten drei bis fünf Jahren soll dieser Anteil auf etwa 25 Prozent gesteigert werden.
Zum Schluss haben Sie noch zwei Wünsche frei, wie sehen diese aus?
1. Ich wünsche mir für die Schweiz, dass die vom Stimmvolk angenommene Personenfreizügigkeit ein Ansporn zur Offenheit und Innovationsfreudigkeit auslöst.
2. Dass die Schweiz im Bereich der anstehenden Software-Industrialisierung eine noch aktivere Rolle einnimmt.
Bruno Richle
Chairman & CEO der Crealogix
Studium der Elektrotechnik (dipl. El. Ing HTL) mit Vertiefung in Informatik und Nachrichtentechnik an der Hochschule Rapperswil (HSR).
1985 bis 1989 Leiter der Abteilung Electronic Engineering bei der Oerlikon Aerospace in Montreal (Canada)
1990 bis 1996 Mitglied der Geschäftsleitung und Technischer Direktor bei der Teleinform AG in Bubikon, verantwortlich für den Aufbau des Consultings
1996 Gründungsmitglied der CREALOGIX AG.