Bruno Richle, CEO Crealogix: «Es ist unser Ziel innerhalb der nächsten 5 Jahre nochmals eine Umsatzverdoppelung zu erreichen»

Von Helmuth Fuchs

Herr Richle, letztes Jahr die Übernahme von  Circon und hmi, im Januar dieses Jahres die vollständige Übernahme der Balzano  Informatik. Wie sehen die weiteren Pläne für das Umsatz- und Gewinnwachstum für  das laufende Jahr bis zum 30. Juni 2005 und für das darauf folgende Jahr  aus?

Erlauben Sie mir bitte, unsere aktuellen Beteiligungsverhältnisse zu präzisieren. Wir besitzen 100% an der «CREALOGIX E-Banking Solutions AG» (ehemals hmi) , 70% an der Circon Circle Consulting AG und 80% an der Balzano Informatik AG jeweils mit Option auf 100%.

Für das laufende Jahr gehen wir von einer Verdoppelung unseres Halbjahresresultates aus, was einem Umsatz von rund CHF 47 Mio. entsprechen würde. Damit übertreffen wir unsere Vorhersage vom letzten Sommer, bei welcher wir eine Verdoppelung des Vorjahresumsatzes prognostizierten, um Längen. In bezug auf den Umsatz werden wir somit unsere damalige Prognose um über 25% übertreffen. Für das kommende Geschäftsjahr streben wir ein organisches Wachstum von ca. 10% an, welches über dem Branchenwachstum der IT und E-Business Branche liegt.

«In Anbetracht der Halbwertszeiten von IT-Systemen und ?Lösungen müsste in den nächsten Jahren wieder ein Investitionsschub bevorstehen. Auch bestätigen die sich mehrenden Ausschreibungen zur Erneuerung der IT Plattformen bei den Schweizer Banken diese These.» Bruno Richle, CEO Crealogix


Nach einem schwierigen Geschäftsjahr  2004/2005 mit Umsatz- und Gewinnrückgang scheint es dank der Akquisitionen  wieder aufwärts zu gehen. Einer der Gründe für den bisherigen Erfolg der  Crealogix war das sehr erfolgreiche Kostenmanagement. Ist das auch bei der  gewählten Akquisitionsstrategie und der massiv erhöhten Mitarbeiterzahl noch  möglich?

Ich gehe davon aus, dass Sie das Geschäftsjahr 2003/2004 ansprechen mit dem schwierigen Jahr. Das aktuelle, laufende Geschäftsjahr 2004/2005 entwickelt sich ja wie schon erwähnt besser als ursprünglich geplant. Ein straff geführtes Kostenmanagement gehört meiner Meinung nach zur Pflicht eines jeden Managements und darf nicht von der Mitarbeiterzahl abhängen. Im Gegenteil, je grösser ein Unternehmen ist, desto dedizierter muss diesem Bereich ein Augenmerk geschenkt werden.

Mit den akquirierten Unternehmen lösen wir das auf eine selbstkontrollierende Weise, indem wir sogenannte Earn-Out-Perioden vereinbart haben, d.h. die Kaufpreiszahlung erfolgt erst vollständig nach Ablauf dieser Periode, während der uns die entsprechenden Management?s (ehemaligen Eigentümer) noch beweisen müssen, dass ihre Unternehmen den vereinbarten Preis auch wert sind.
Dadurch, dass die Kaufpreise an die Performance (Umsatz und EBIT) während dieser Earn-Out-Perioden angebunden sind, liegt ein straffes Kostenmanagement im Eigeninteresse der einzelnen Gesellschaften.

Sie haben selbst schon einmal erwähnt, dass  Sie, um für eine breitere Schicht von Anlegern interessant zu werden, etwa 100  Millionen Umsatz generieren müssten. Bis wann und vor allem wie wollen Sie diese  Marke erreichen?

Wir stehen natürlich nach wie vor zu dieser Aussage. Es ist unser Ziel innerhalb der nächsten 5 Jahre nochmals eine Umsatzverdoppelung zu erreichen. Den Weg dazu sehen wir einerseits über organisches Wachstum von rund 10% pro Jahr und andererseits mit einer oder zwei Akquisitionen in diesem Zeitraum. Unsere heutige finanzielle Situation erlaubt uns, einen solchen Weg selbständig und ohne Fremdfinanzierung zu gehen.


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Mit der Raiffeisenbank haben Sie einen  grossen Kunden für den Neubau und die Erweiterung der e-Banking Lösung gewonnen.  Ist dies ein einzelner Lichtblick im sonst eher düsteren Investitionsklima der  Banken, oder zeichnet sich hier eine neue Investitionswelle in der  Finanzindustrie ab?

Für die CREALOGIX Gruppe bedeutet der Gewinn dieser Ausschreibung natürlich mehr als nur ein Lichtblick, sondern «proof of concept» unserer Vision «Aufbau eines Software-Powerhouses». Die letzten grösseren Investitionen in der Finanzindustrie standen im Zeichen der «Internet-Euphorie» und in der Bewältigung des Millenium-Problemes. Beide Sachverhalte liegen mittlerweile gut fünf Jahre zurück. In Anbetracht der Halbwertszeiten von IT-Systemen und ?Lösungen müsste in den nächsten Jahren wieder ein Investitionsschub bevorstehen. Auch bestätigen die sich mehrenden Ausschreibungen zur Erneuerung der IT Plattformen bei den Schweizer Banken diese These.

Über die Circon haben Sie schon Standorte in  Deutschland, Österreich und in Tschechien. Ist das Wachstum der gesamten Gruppe  in diese Ländern ebenfalls geplant oder haben Sie andere internationale  Wachstumspläne.

Wir sind überzeugt vom «Revival des E-Business» in Verbindung mit den Enterprise Ressource Planning (ERP) Systemen. Aus diesem Grund haben wir auch die Circon Gruppe übernommen. Es ist unser Ziel – wenn auch eher mittelfristig ? basierend auf unserem Filialnetz in Mitteleuropa mit allen unseren für diese Märkte geeigneten Produkte und Dienstleistungen vor Ort tätig zu werden.

Die Gewinn- und Margensituation im  Hauptgeschäftsfeld der Crealogix, dem IT-Dienstleistungsgeschäft, ist nach wie  vor sehr angespannt. Sehen Sie hier Möglichkeiten zur Verbesserung der Margen,  zum Beispiel durch Diversifikation in andere Geschäftsbereiche oder durch  Auslagerung der Entwicklung in Ländern mit tieferen Personalkosten?

Ich gebe ihnen recht, dass Diversifikationen zusätzlich helfen können. Eine erste Diversifikation haben wir ja aus diesem Grund bereits 2002 eingeleitet mit dem Bereich e-Learning. Wir haben schon sehr früh erkannt, dass wir auf den immer wichtiger werdenden Produktionsfaktor «Wissen» einen Fokus setzen müssen. Im Rahmen unserer zweiten Diversifikationsrunde im Jahr 2004 haben wir uns auf die zukünftige Verschmelzung des E-Business mit den ERP-Systemen vorbereitet und gleichzeitig unseren ersten «Near-Shore» Entwicklungsstandort in Prag geschaffen. Wir sehen heute durchaus das Potenzial, bis in fünf Jahren 20% – 30% unserer Software Entwicklungen in solchen eigenen «Near-Shore» Gesellschaften in Osteuropa durchzuführen. 

Nach dem Zukauf der verschiedenen Firmen  stünde die Integration an, wenn Sie Ihren Kunden die Dienstleistungen aus einer  Hand anbieten wollen. Bis anhin wurde aber eher ein lockeres nebeneinander  gepflegt, die meisten Standorte und das Management wurden beibehalten. Wie sehen  Ihre Pläne zur Integration aus, wie weit wollen Sie Bestehendes belassen, wo  wollen Sie konsolidieren?

Unsere erste Regel heisst, die zur Gruppe gekommenen Werte zu erhalten und zu fördern und nicht durch forcierte Integrationsprojekte zu gefährden. Konkret bedeutet das, dass wir situativ handeln und die Integration nur soweit vornehmen, wie es uns aus Sicht des Marktes und der Mitarbeitenden sinnvoll erscheint. Damit eine Integration erfolgreich abläuft, muss zuerst eine Vertrauensbasis geschaffen werden. Es geht hier um Befindlichkeiten von Menschen, sowohl auf der Kunden- wie auch auf der Mitarbeiterseite, welche berücksichtigt werden müssen. Am Beispiel der CREALOGIX E-Banking Solution AG (ehemals hmi) haben wir aus Marktüberlegungen den alten Brand fallen gelassen und eine hundertprozentige CI/CD Integration vorgenommen. Bei der Balzano Informatik AG werden wir zukünftig vor allem den sehr gut eingeführten und bekannten  Produktbrand «evento» fördern. Bei der Circon Gruppe, die im ERP Umfeld einen sehr starken Brand hat, werden wir vor allem daran arbeiten, dass die Zugehörigkeit zur CREALOGIX Gruppe transparenter wird. Eine permanente Herausforderung bleibt die Optimierung der Anzahl und Lage der Standorte.

Der Aktienkurs ist momentan im Bereich eines  Drei-Jahres-Hoch. Was hat Ihrer Meinung nach den Kurssprung  verursacht?
Wir lösten unser Versprechen ein, die von unseren Aktionärinnen und Aktionären zugeflossenen Mittel sinnvoll in unser Wachstum zu investieren. Die reinen Akquisitionen per 1. Juli 2004 reichten allerdings noch nicht aus. Erst der Tatbeweis, diesen Schritt auch mit einem positiven Halbjahresresultat zu untermauern und zusätzliche Erfolgsmeldungen wie zum Beispiel der Projektgewinn der Raiffeisenbanken liess unseren Aktienkurs in die Höhe klettern. Bei einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von circa 15 sind wir heute auch nicht überbewertet, sondern ein attraktiver Wert im IT Bereich, insbesondere in Relation zu unserem Substanzwert und Eigenkapital.

Sie haben zwei Wünsche frei, wie  sehen diese aus?
1. Dass die Schweiz im Bereich der anstehenden Software-Industrialisierung eine aktive Rolle einnimmt.
2. Dass der Ressource Bildung/Wissen, welche für den Wohlstand in der Schweiz von zentraler Bedeutung ist, die dafür nötigen Mittel nicht entzogen werden.




Lesen dazu auch:

Interview mit Bruno Richle vom 7. Juli 2004





Bruno Richle
Chairman & CEO der Crealogix

Studium der Elektrotechnik (dipl. El. Ing HTL) mit Vertiefung in Informatik und Nachrichtentechnik an der Hochschule Rapperswil (HSR).

1985 bis 1989 Leiter der Abteilung Electronic Engineering bei der Oerlikon Aerospace in Montreal (Canada)
1990 bis 1996 Mitglied der Geschäftsleitung und Technischer Direktor bei der Teleinform AG in Bubikon, verantwortlich für den Aufbau des Consultings
1996 Gründungsmitglied der CREALOGIX AG.

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