Von Helmuth Fuchs
Nach einem Artikel in der Weltwoche vom Donnerstag (Ausgabe 22/06) über angeblich fragwürdige Methoden der Bundesanwaltschaft im Fall des ehemaligen Geschäftsführers der Tempus Bank, Oskar Holenweger, haben sowohl die Sonntagszeitung als auch die NZZ am Sonntag das Thema aufgegriffen. Das harte Fazit von Daniel Amman in seinem Artikel in der Weltwoche: «So kann man nach über drei Jahren Ermittlungen festhalten: Der Einzige in dieser Affäre, die alle Züge eines Justizskandals trägt, der Einzige, der «über Beziehungen zu Personen aus Cali (Kolumbien) verfügt», der Mann, der mit einem Drogenhändler und Geldwäscher einen Deal machte, ist: Valentin Roschacher.»
Zuständigkeit und Ermittlungsmethode
Während Jürg Zinglé vom Eidgenössische Untersuchungsrichteramt jede Mitverantwortung an den im Weltwocheartikel aufgezeigten Ermittlungsmethoden zurückweist, betont die Bundesanwaltschaft, dass das Verfahren seit mehr als zwei Jahren in der Hand des Untersuchungsrichteramtes liege. Zinglé rechnet damit, dass sein Amt die Voruntersuchung gegen Holenweger noch dieses Jahr abschliessen könne, wie die NZZ am Sonntag meldet. Anschliessend wird die Bundesanwaltschaft entscheiden, ob gegen Holenweger Anklage erhoben werde.
Zu viele offene Fragen
Für den Laien ergeben sich aus der momentanen Situation und auch aus der neueren Geschichte der Bundesanwaltschaft einige Fragen:
Wie genau werden Tatbestände vor einem massiven Eingriff noch abgeklärt, wenn der Erfolgsdruck steigt?
Der Fall Holenweger ist nur der letzte in einer Serie von sehr publikums- und medienwirksamen Inszenierungen, die sich im Nachhinein als eher schwierig in der Beweisführung herausstellen. Unabhängig davon, ob es noch zu einem Verfahren gegen Holenweger kommt, würde man davon ausgehen, dass bei einem solch massiven Eingriff, der in jedem Fall mit dem beruflichen Karriere-Ende und mit grosser Wahrscheinlichkeit auch einem privaten Desaster einhergeht, die Rechtslage und die Beweismittel so klar und erdrückend sind, dass der Fall danach zügig abgewickelt werden kann. Schon Carla del Ponte musste sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie jeweils mit riesigem Getöse Fälle inszenierte, die dann am Schluss still versandeten.
Wie lange darf es dauern, bis in einem Verfahren Anklage erhoben wird?
Auch wenn die Fälle, welche von der Bundesanwaltschaft behandelt werden, oft eine erhöhte Komplexität aufweisen und deshalb intensive Abklärungen benötigen, sollte die Zeit bis zur Anklage nicht Jahre dauern. Personen, gegen welche die Bundesanwaltschaft vorgeht, haben damit zu rechnen, dass sie sowohl beruflich als auch privat massiv unter Druck geraten. Dies unabhängig davon, ob sie zum Schluss des Verfahrens schuldig gesprochen werden oder nicht. Die Karriere als Banker ist zum Beispiel für Oskar Holenweger, unabhängig vom Urteil, beendet.
Auch in Bezug auf die Abläufe und Zuständigkeiten schaffen die Bundesanwaltschaft, das Untersuchungsrichteramt und das Bundesstrafgericht durch die gegenseitige Schuldzuschiebungen kein Vertrauen.
Von Untersuchungskommission bis Absetzung
Die Politiker fordern, aufgescheucht durch die Presse, von links nach rechts zumindest eine parlamentarische Untersuchungskommission (SVP Generalsekretär Gregor Rutz), die Absetzung Roschachers (Erwin Jutzet, SP), oder eine Aufsichtskommission (Daniel Vischer, Grüne). Bevor es zu übereilten Aktionen kommt, sollte gerade hier gelten, was die Bundesanwaltschaft in ihrer Not nach Erfolg vielleicht zu wenig beachtet hat: «In dubio pro reo» (im Zweifel für den Angeklagten). Das bedingt aber, dass der Bundesanwalt sehr schnell schlüssig zu den Vorwürfen Stellung nimmt und nicht den Sprecher Hansjürg Mark Wiedmer in gewohnt Nichts sagenden Formulierungen an der Sache vorbeireden lässt.