Bundesrat bekräftigt Reformwillen bei Sozialwerken
Dies sagte Sozialminister Didier Burkhalter am Sonntag vor den Medien. Einen weiteren Grund sieht der Bundesrat darin, dass das Volk auf Basis von Hypothesen statt Fakten abstimmen musste.
Abstimmung zu früh gekommen?
Möglicherweise sei die Abstimmung zu früh gekommen, sagte Burkhalter. Für ihn ist denn auch klar, dass trotz des deutlichen Votums die Anpassung des Umwandlungssatzes nicht vom Tisch ist. «Die Diskussion ist nach dem heutigen Tag nicht zu Ende, sie beginnt erst», sagte der Sozialminister. Für den Bundesrat habe die Konsolidierung der Sozialwerke Priorität. Es gehe darum, die Sozialwerke auf eine langfristig solide Basis zu stellen. Die Lösungen müssten den sozialen Bedürfnissen gerecht werden und dürften das Gleichgewicht zwischen den Generationen und den Sozialpartnern nicht schwächen.
Transparenz schaffen
Burkhalter zeigte sich zuversichtlich, dass die Bevölkerung zu einem späteren Zeitpunkt Reformen zustimmen wird. Es handle sich um schwierige Entscheide, aber sie seien nötig. Konkret will der Bundesrat 2011 einen Bericht vorlegen, der die «fundamentalen Fragen» zur Finanzierung der Zweiten Säule beantwortet. Damit würden Fakten vorliegen, sagte Burkhalter. Auch die Verwaltungskosten der Pensionskassen, die von den Gegnern der Vorlage kritisiert worden waren, sollen in diesem Bericht thematisiert werden. Ziel sei es, Transparenz zu schaffen, betonte der Sozialminister.
Situation auch bei AHV «nicht ganz einfach»
Nach Abschluss der laufenden BVG-Revision will der Bundesrat auf dieser Basis mögliche Lösungen für künftige Reformen präsentieren. Diese sollen ab 2014 greifen. Es werde zum Beispiel darum gehen, eine Formel für die automatische Anpassung des Umwandlungssatzes gemäss demografischer und wirtschaftlicher Entwicklung zu finden. Auch bei der AHV sei die Situation nicht einfach, sagte Burkhalter zu Fragen betreffend der laufenden Revision. Die Finanzierungsprobleme könnten «ganz schnell» eintreten, möglicherweise bereits in fünf bis sechs Jahren. Es gehe nicht an, dasjenige, was durch die Erhöhung des Frauenrentenalters eingespart werde, wieder auszugeben.
Pensionskassenverband lädt zum Runden Tisch
Der Schweizerische Pensionskassenverband ASIP will die Diskussion um die Probleme in der beruflichen Vorsorge nach dem «emotionalen Abstimmungskampf» versachlichen. Die «unfaire Umverteilung von Erträgen der arbeitenden Bevölkerung zu den Rentenbezügern dauert an. Nun geht es umso mehr darum, gemeinsam konstruktive Lösungen für die Zukunft der beruflichen Vorsorge zu finden», schreibt der Verband in einer Mitteilung. Er will nun die Gewerkschaften in die Pflicht nehmen, damit diese an anderen möglichen Lösungen mitarbeiten. «Der ASIP ergreift deshalb jetzt die Initiative und wird alle Exponenten einladen, um gemeinsam konstruktive Lösungen auszuarbeiten.»
«Fundamentalangriff auf die Zweite Säule»
Direktor Hanspeter Konrad interpretiert das wuchtige Nein nicht als «Fundamentalangriff auf die Zweite Säule», sagte er auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA. Im Zentrum des Abstimmungskampfes hätten die Lebensversicherer gestanden. Deshalb sei das Nein als Protest zu werten. Ausserdem habe das wirtschaftliche Umfeld und die Diskussionen um Saläre und Boni hätten das Misstrauen geschürt. Der Verband will nun die Exponenten der beruflichen Vorsorge zusammenbringen und konstruktive Vorschläge ausarbeiten, die allen dienten. Die Strukturreform in der beruflichen Vorsorge, die im Parlament beraten wird, müsse dabei einfliessen.
ASIP fordert Abschaffung der Stempelsteuer
Ausserdem will der Pensionskassenverband die Bevölkerung über die Zweite Säule aufklären. Zudem setze er sich weiterhin für die Transparenz aller Kosten ein. Zusätzlich will er auch die Vermittlungsprovisionen von Maklern transparenter machen. Und um die im Abstimmungskampf kritisierten Kosten bei der Vermögensverwaltung effektiv senken zu können, fordert der ASIP die Abschaffung der Stempelsteuer für Vorsorgeeinrichtungen.
«K-Tipp» hat nun Mindestverzinsung im Visier…
Die Konsumentenzeitschrift «K-Tipp» will ihren Kampf fortsetzen. Nach dem erfolgreichen Referendum gegen die Senkung des Umwandlungssatzes will sie nun dem Bundesrat bei der Festlegung des Mindestzinssatzes auf die Finger schauen. Der Mindestzinssatz, also der Satz zu welchem das Altersguthaben verzinst wird, sinke jeweils schneller, als er erhöht werde, sagte Peter Salvisberg vom «K-Tipp» auf Anfrage. Der Mindestzinssatz liege derzeit bei «mickrigen zwei Prozent», schreibt der «K-Tipp» in seiner kommenden Ausgabe, welche der SDA vorliegt.
…sowie Medikamente und deren Parallelimporte
«Hört der Bundesrat bei der Festsetzung des Zinses weiterhin nur auf Finanzlobby, werden sich die Versicherten überlegen müssen, auch diesen Punkt noch selber in die Hand zu nehmen», warnt der «K-Tipp». Salvisberg ist denn auch überzeugt, dass Bundesbern künftig Konsumentenanliegen «nicht mehr einfach vom Tisch wischen kann». Zwar sei die Kernaufgabe der Konsumentenzeitung nicht, Politik zu machen. Dennoch schliesst er künftiges Engagement in diese Richtung nicht aus. Im Visier hat der «K-Tipp» denn auch die Medikamente und deren Parallelimporte. (awp/mc/ps/01)