Diese sei nun so verlaufen, dass er gehen könne. Das Parlament habe die ersten zehn Doppelbesteuerungsabkommen ratifiziert und den UBS-Staatsvertrag abgesegnet. Ausserdem habe das Parlament die Staatsrechnung 2009 mit einem Überschuss von 2,5 Mrd CHF gutgeheissen sowie den Schuldenabbau von 11 Mrd CHF. Als viertes Element, das für einen Rücktritt diesen Herbst sprach, nannte Merz die Rückkehr der beiden in Libyen festgehaltenen Schweizer.
Sommerpause zur Entscheidungsfindung genutzt
Gesundheitliche und parteipolitische Beweggründe für seinen Rücktritt zu diesem Zeitpunkt stellte Merz in Abrede. Ein Herz-Check Anfang Jahr sei hervorragend ausgefallen. Er sei zu 100% fit, sagte er. Merz hatte im Herbst 2008 einen schweren Herzinfarkt erlitten und lag vorübergehend im Koma. Die Abmachung mit seiner Partei sei gewesen, dass er die Sommerferien nutze, um in Ruhe Bilanz zu ziehen. «Das ist in aller Freiheit geschehen», erklärte er weiter. Er habe die Parteileitung über seinen Entscheid informiert. Nun sei es an der FDP zu sagen, ob der Zeitpunkt aus Sicht der Partei der richtige sei. Er habe die Frage im Juni auch mit Bundesrat Moritz Leuenberger besprochen. Sie hätten aber festgestellt, dass die Ausgangslage für beide eine andere sei und sie von einander unabhängig entscheiden müssten. Er habe Leuenberger über seinen vorbehaltenen Entscheid informiert. Leuenberger habe aber nicht wissen können, ob er dann auch wirklich zurücktrete.
«Bereit zu leiden»
Die mediale Kritik an seiner Amtsführung und der damit verbundene Druck hätten beim Entscheid schon eine Rolle gespielt. Grosse Vorwürfe an die Adresse der Medien wollte er aber nicht äussern. Für ihn gehöre Kritik der Medien zum demokratischen Prozess. «In einem Volk von 7,5 Millionen Einwohner muss es sieben Persönlichkeiten geben, die einstecken können, die auch bereit sind zu leiden», sagte er dazu. Er habe sein Amt gerne ausgeführt und dem Land «wirklich gerne» gedient. Keine Rolle für seinen Rücktritt soll auch das Klima im Bundesrat gespielt haben. Es gebe keinen Krieg. Bezogen auf einige Dossiers gebe es natürlich Spannungen. «Auf menschlicher Ebene ist das Klima aber ganz angenehm», sagte er und stellte in Abrede, dass es zwischen ihm und Aussenministerin Micheline Calmy-Rey einen offenen Konflikt über den Umgang mit der Libyen-Krise gibt.
Diskussion um Nachfolge
Wegen seiner Rolle in der Libyen-Affäre, den Rettungsmassnahmen für die UBS und der Aufweichung des Bankgeheimnisses stand Finanzminister Merz in den letzten Monaten unter Dauerkritik. Sein Rücktritt kommt für viele deshalb nicht unerwartet. Der Nachfolger oder die Nachfolgerin dürfte in der Herbstsession gewählt werden. Die Nachfolge von Bundesrat Moritz Leuenberger, der im Juli seinen Rücktritt auf Ende Jahr angekündigt hat, wird in der Dezembersession geregelt. (awp/ps/mc/ss/17)