Einmal mehr erteilt der Bundesrat damit europäischen Bestrebungen eine Absage, ihre Bürger dank eines automatischen Informationsaustausches zwischen Steuerbehörden auch dann besteuern zu können, wenn sie ihr Geld in der Schweiz anlegen. Gemäss ersten Überlegungen des Bundes würden diese Ausländer mit der Abgeltungssteuer ihre Steuerpflicht erfüllen. Damit bliebe die Privatsphäre der ausländischen Bankkunden gegenüber den Steuerbehörden ihres Heimatstaates geschützt – so wie bislang mit dem Bankgeheimnis.
Gegenleistung erwartet
Wie der Bundesrat in einem am Mittwoch verabschiedeten Bericht zur künftigen Finanzmarktpolitik schreibt, will er die Abgeltungssteuer nur für ausgewählte Staaten erheben. Im Vordergrund für ein Abkommen stehen Nachbarstaaten, die mit der Schweiz die Steuersätze und den Geltungsbereich aushandeln müssten. Gratis will die Schweiz die Steuern nicht eintreiben. Um mit der Schweiz ins Gespräch zu kommen, müssen die Partnerstaaten ihren Markt für die Schweizer Finanzindustrie öffnen. Zudem müssen sie einwilligen, dass die Schwarzgelder legalisiert werden können.
Integrität des Finanzplatzes sichern
Prüfen will der Bundesrat auch Massnahmen, mit denen die Steuerehrlichkeit von Bankkunden gefördert und die damit verbundenen Rechtsrisiken verringert werden können. Dabei denkt der Bund etwa an die Einführung einer Selbstdeklaration der Kunden. Abgeltungssteuer und Selbstdeklaration sollen dazu beitragen, die Integrität des Finanzplatzes sicherzustellen. Dabei handelt es sich um eine von vier Stossrichtungen, mit denen der Bundesrat den Finanzplatz Schweiz in die Zukunft führen will.
Der Bundesrat unterstreicht in dem Bericht die grosse Bedeutung des Finanzplatzes für die gesamte Wirtschaft. Im 2008 trug die Finanzindustrie rund zehn Prozent zur Wertschöpfung in der Schweiz bei. 6% aller Schweizer Beschäftigten sind in dem stark globalisierten Sektor tätig.
Wettbewerbsfähigkeit im Fokus
Als primäre strategische Stossrichtung soll die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Finanzindustrie gestärkt werden. Weiter will die Regierung für die Schweizer Finanzindustrie den Zutritt zu anderen Märkten sichern und verbessern. Ausländische Staaten gewähren nämlich der Schweiz schon heute nicht immer einen diskriminierungsfreien Zugang zu ihren Finanzmärkten. Dieser Wettbewerbsnachteil droht sich wegen protektionistischer Tendenzen als Folge der Krise noch zu verschärfen.
Den Marktzugang könnte sich die Schweiz unter anderem mit einem Dienstleistungsabkommen mit der EU sichern. Verhandlungen zu einem solchen Abkommen mit der EU waren 2003 im gegenseitigen Einvernehmen suspendiert worden. Da der Finanzsektor ein grosses Interesse hat, wir nun geprüft, ob ein solches Abkommen auf Finanzdienstleistungen beschränkt werden könnte.
Abschaffung der Stempelabgabe wird geprüft
Für bessere Rahmenbedingungen sorgen will der Bundesrat auch in Steuerfragen. So lässt er die Abschaffung der Stempelabgabe prüfen. Im Gegensatz zur Branche, die den Stempel ersatzlos streichen will, fordert der Bundesrat aber eine Kompensation der damit verbundenen Steuerausfälle von jährlich 2,5 bis 3 Mrd CHF. Attraktiver machen will der Bund den Finanzplatz auch mit der Unternehmenssteuerreform III.
Massnahmen treffen will die Regierung auch, um die Krisenresistenz der Branche zu stärken und Regeln für den Umgang mit systemrelevanten Instituten zu finden. Zur «Too-Big-To-Fail»-Problematik ist eine Arbeitsgruppe daran, Lösungsansätze auszuarbeiten.
Arbeitsgruppe eingesetzt
Mit der Strategieumsetzung ist eine interdepartementale Arbeitsgruppe betraut. Sie soll im Dialog mit der Finanzindustrie erfolgen. Da viele bilaterale und multilaterale Fragen zu klären sind, schafft der Bund im Finanzdepartement zudem ein Staatssekretariat für internationale Finanzfragen. (awp/mc/pg/19)