Bundesrat senkt Sparziel und gibt dem Sozialbereich mehr Zeit
Mit der Aufgabenüberprüfung hatte sich der Bundesrat vorgenommen, die Gesamtausgaben 2008 bis 2015 im Durchschnitt nur noch um 3% wachsen zu lassen und so die Staatsquote zu stabilisieren. Ursprünglich ging er davon aus, dass dazu gegenüber dem «Trendszenario» rund 8 Mrd CHF weggespart werden müssten.
Wichtige IV-Reformen eingeleitet
Wegen der Sozialen Wohlfahrt konnte der Bundesrat dieses Ziel nun auf 5,3 Mrd CHF nach unten korrigieren. Zum einen sind in der Invalidenversicherung (IV) wichtige Reformen wie die Zusatzfinanzierung bereits im Gang, zum andern zeigen neue Prognosen, dass die demografisch bedingten Defizite der AHV erst später einsetzen.
Aufgabenüberprüfung neu mit zwei Geschwindigkeiten
Aus diesem Grunde beschloss die Landesregierung auch, die Aufgabenüberprüfung neu mit zwei Geschwindigkeiten weiterzuführen. Für die Soziale Wohlfahrt wurde der Zeithorizont auf das Jahr 2020 hinausgeschoben, in dem das Defizit des Sozialwerks rund 3 Mrd CHF erreichen dürfte. Dies wird es insbesondere ermöglichen, eine 12. AHV-Revision in den Dienst der Aufgabenüberprüfung zu stellen. Die Eckwerte dieser zeitaufwendigen Reform müssten möglichst bald festgelegt werden, sagte Finanzminister Hans-Rudolf Merz vor den Medien. Im Zentrum stehe «eine Flexiblisierung im Sinne finanzierter Bandbreiten».
Für die übrigen Aufgabenbereiche hielt der Bundesrat am Zieljahr 2015 mit einer Abbauvorgabe von 2,3 Mrd CHF fest. Die zulässigen Wachstumsraten liegen zwischen minus -0,8% (Migration) und +4,5% (Bildung und Forschung). Der Sozialen Wohlfahrt wird bis 2015 noch ein Aufgabenanstieg um 4,4% zugestanden.
Knapp 50 Reformstossrichtungen
In einem Ergänzungsbericht zum Legislaturfinanzplan 2009-2011 legt der Bundesrat den Räten knapp 50 «Reformstossrichtungen» vor. Dabei geht es teils um strukturelle Reformen, Verzichtsmassnahmen und Reduktionen, teils aber auch nur um kleinere Effizienz- und Effektivitätssteigerungen. Die Auswirkungen können noch nicht näher quantifiziert werden.
Detaillierter Aktionsplan bis im Herbst
Vorgesehen ist beispielsweise, den Autobahnausbau zu verlangsamen und vermehrt unrentable Bahnlinien auf Busbetrieb umzustellen. Dazu kommen unterschiedlichste Massnahmen wie die «Justierung» der Direktzahlungen an die Bauern, die Überprüfung der Filmförderung sowie das Ende der Krippensubventionen, der indirekten Presseförderung und der Beiträge an Museen Dritter. Dieses Paket will der Bundesrat bis zum Herbst in einen detaillierten Aktionsplan umarbeiten, über den Kantone, Parteien und interessierte Organisationen einen «politischen Dialog» führen können. Anfang 2009 wird er über die Anträge an das Parlament und die Umsetzung der einzelnen Vorhaben entscheiden.
Handlungsspielraum für neue Herausforderungen
«Wir sind einen grossen Schritt weitergekommen», sagte Merz. Mit der Begrenzung des Ausgabenwachstums könne Handlungsspielraum für neue Herausforderungen geschaffen werden. Gleichzeitig werde die schleichende Verdrängung gesetzlich schwächer abgestützter Aufgaben durch den Anstieg kurzfristig kaum steuerbarer Ausgaben gebremst. Laut Merz ist die Aufgabenüberprüfung besonders dringend, «weil die Entwicklungen etwas unsicherer geworden sind». So sei noch nicht absehbar, wie sich die Finanzmarktkrise auf den Gang der Wirtschaft und die Einnahmen auswirke. Schon 2010 könnte ein neues Entlastungsprogramm drohen. «Und das will niemand.» (awp/mc/pg)