Oder gelingt es der CVP, den zweiten Sitz zurückzuerobern, den sie bei der Abwahl von Ruth Metzler verloren hatte? Für die CVP steigt der Freiburger Ständerat Urs Schwaller ins Rennen. Trotz der Kritik, dass er als Deutschfreiburger kein Vertreter der Romands sei, sind Schwallers Wahlchancen gut. Er geniesst die volle Unterstützung seiner 52-köpfigen Fraktion und darf auf eine Wiederholung der Zusammenarbeit zwischen CVP, SP und Grünen hoffen, die 2007 zur Abwahl von Christoph Blocher führte.
Unterstützung Schwallers bei Linken nicht unumstritten
Bei beiden linken Parteien ist die Unterstützung für Schwaller und die CVP aber nicht unumstritten. Laut Aussagen von hohen SP-Vertretern holt Schwaller in der SP-Fraktion zurzeit mehr Stimmen als Burkhalter. Die Sozialdemokraten werden sich die Unterstützung von Schwaller dennoch gut überlegen; einerseits weil sie schon bald den Sitz von Moritz Leuenberger verteidigen müssen und sich dabei die FDP als verlässlicherer Partner erweisen könnte; andererseits weil sie zwei Jahre vor den eidgenössischen Wahlen der SVP nicht die Freude machen will, dass diese von dem nach wie vor bürgerlich dominierten Bundesrat als «Mitte-Links-Regierung» sprechen kann.
Wahlprozedere schafft Raum für Spekulationen
Die Unterstützung durch die Grünen ist derweil fraglich, weil eine Wahl Schwallers die eigenen Bundesratsambitionen auf Jahre hinaus schmälern könnte. Ein Teil der Grünen-Fraktion macht sich deshalb für Burkhalter stark. Raum für zahllose Spekulationen schafft vor allem das Wahlprozedere. In den ersten beiden Wahlgängen können alle wählbaren Kandidaten Stimmen erhalten. Nach dem zweiten Wahlgang scheiden Kandidaten mit weniger als zehn Stimmen aus.
Zahlreiche Varianten für Parteistrategen
Ab dem dritten Wahlgang scheidet aus, wer am wenigsten Stimmen erhält. Neue Namen werden dabei nicht mehr berücksichtigt. Sobald nur noch zwei Kandidaten im Rennen sind, geht die Wahl solange weiter, bis eine der beiden Personen das absolute Mehr erreicht. Diese Regeln eröffnen den Parteistrategen zahlreiche Varianten. So würde es beispielsweise reichen, einem wenig aussichtsreichen Kandidaten Stimmen zuzuschanzen, um damit eine chancenreichere Kandidatur auszubremsen.
Alibi-Kandidatur Lüschers?
Auch ist der taktische Rückzug einer Kandidatur denkbar. Genau dies befürchtet die SVP im Fall von Christian Lüscher. Er steht aus linker Sicht zu weit rechts und ist damit nicht wählbar. Da es für die Wahl des Couchepin-Nachfolgers auch Stimmen der SP und der Grünen braucht, sind Lüschers Aussichten minim. Das weiss auch Lüscher, der den Verdacht der SVP, er sei ein Alibi-Kandidat, mit einem Interview nährte. Darin hatte der Genfer Nationalrat den Rückzug seiner Kandidatur in Aussicht gestellt, sollte die FDP den zweiten Sitz besser mit Didier Burkhalter verteidigen können.
Entscheide mehrerer Parteien in letzter Minute
Die SVP forderte nun ein Bekenntnis der FDP zum Kandidaten Lüscher. Ansonsten könne sich die SVP gezwungen sehen, einen Mann aus den eigenen Reihen ins Rennen zu schicken, sagte Parteipräsident Toni Brunner. Der Freiburger Jean-François Rime stehe bereit. Obwohl FDP-Präsident Fulvio Pelli sich umgehend zu Lüscher bekannte, reichte das Brunner noch nicht. Entscheiden will die SVP – genau wie auch die SP, die Grünen und die BDP – erst nächsten Dienstag, wenn nicht gar erst am frühen Morgen des Wahltags.
Dick Marty am Ende als lachender Dritter?
Noch nicht verschmerzt hat die Tessiner FDP den Umstand, dass sie bei der Kandidaten-Nomination übergangen wurde und die italienischsprachige Schweiz in der Landesregierung weiterhin nicht vertreten sein wird. Der Tessiner FDP-Ständerat Dick Marty erklärte sich am Donnerstag einer allfälligen Kandidatur nicht abgeneigt. Er würde «nicht Nein sagen, wenn das im Interessen der italienischen Schweiz ist», sagte er gegenüber Schweizer Radio DRS. Seine Chancen werden aber als gering eingeschätzt. (awp/mc/ps/16)