Business-Knigge Mittelost (10): Was will der Private Banking-Kunde?

von Gérard Al-Fil


Banken aus der Schweiz, die in den Mittleren Osten expandieren oder dort ihre Präsenz ausbauen, zielen in erster Linie auf den vermögenden arabischen Privatkunden ab. Allein in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) mit ihren 4.4 Mio Einwohnern stieg 2006 nach Angaben von Merrill Lync/Cap Gemini die Zahl der Menschen mit umgerechnet einer Million Dollar Privatvermögen um 11% auf 68’000. Die rekordhohen Ölpreise und die boomende, weil zunehmend diversifizierte Wirtschaft unterstützen diesen Trend.


Risikofreudig und gut informiert
«Araber sind nicht schüchtern bei ihren Investments», weiss Gabor Sitanyie, der sich als Fondsmanager bei Charlemagne Capital auf die Region EMEA (Europe, Middle East and Africa) spezialisiert hat. Zudem verblüffen die Golfaraber oft mit ihren fundierten Kenntnissen der westlichen Aktien- und Immobilienmärkte. High Net Worth Individuals (HNWI) aus dem Orient sind v. a. an einer konstant guten Performance ihrer Anlagen interessiert. Da kann auch ruhig mal ein Hedge Fonds Teil des Portfolios sein.. «Unsere Kunden legen einen Teil ihres Vermögens in der Heimatregion an, halten aber auch Cash für Investments in Übersee parat», sagt Peter Baltussen, CEO der Commercial Bank of Dubai. Weil die Inflation in den Golfstaaten mittlerweile auf ein Zwanzigjahreshoch geklettert ist, stehen der Werterhalt der Kapitalanlage und ein aktives Währungsmanagement hoch im Kurs. Als die aggressivsten Investoren am Golf gelten die Kuwaiter. Bei der Firmengründung sind Araber besonders affin für Trust-Lösungen. «85% aller Firmen  in den Ölstaaten am Golf sind Familienunternehmen», weiss Dr. Nasser Saidi, Chefökonom der DIFC Authority in Dubai. Weil eine Frau in den VAE im Schnitt mehr als vier Kinder zur Welt bringt, sind Ausbildungsfonds für die Sprössllinge und die Nachfolgeregelung im familieneigenen Unternehmen wichtig. Längst ist auch die Islamic Finance aus dem Private Banking nicht mehr wegzudenken: Islamic Bonds (Sukuk), Scharia-konforme Aktienfonds und die zinslose Eigenheimfinanzierung (Murabaha) und Immobilienanlage sollte jede Bank im Mittleren Osten anbieten können. Nach herrschender Meinung beträgt der Islamic Finance-Anteil in einem typischen HNWI- Mandat mittlerweile ein Viertel. Die Konkurrenz wächst stetig: weltweit buhlen 470 Banken in Ost und West um das Geschäft mit Koran und Kapital. In den VAE traten seit Anfang 2008 drei neue islamische Banken in den Markt ein. Damit sind acht der 52 Finanzinstitute in dem Golfstaat islamisch.


Faktor Mensch beachten
Die Sitten und Gebräuche zu respektieren kann das «make or break» in einer HNWI-Beziehung bedeuten. Dazu gehört u. a., beim gemeinsamen Lunch keinen Alkohol zu trinken, den arabischen Kunden nie nach dessen Ehefrau zu fragen und höflich zu nicken, falls dieser sich mitten im Meeting zum obligatorischen Gebet entschuldigt. Nur westliche Private Banker, die sich mit diesen Regeln vertraut machen, können die Herzen ihrer Kunden aus Dubai, Doha, Kuwait City oder Riad langfristig gewinnen.

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