«Gerade in unsicheren Zeiten wie heute bietet sich Business Wargaming als wirkungsvolles Führungswerkzeug an», sagte SGO-Präsident Markus Sulzberger in seiner Begrüssung. Mit Stephan Rietiker kündigte er einen ersten Referenten an, der Mitte 2001 als Präsident und CEO von Sulzer Medica (später Centerpulse) zum Amtsantritt eine existenzielle Krise zu bewältigen hatte: Wegen verunreinigter Hüft- und Kniegelenke sah sich die Firma mit Sammelklagen in Milliardenhöhe konfrontiert. Rietikers Team musste die verworrene Situation zuerst unter hohem Druck analysieren. «Wir setzten auf Wargaming-Methoden, die im Rückblick vielleicht rudimentär erscheinen mögen. Das Prüfen von Szenarien half uns jedoch, die Lage innert nur sechs Wochen überschaubar zu machen», erzählte Rietiker.
Hohe Kunst der Simulation
Im zweiten Referat präsentierte Daniel F. Oriesek, Principal und Office Head A.T. Kearney (International) AG, die hohe Kunst der Simulation. Der Autor des seit vorgestern auch in deutscher Sprache vorliegenden Buches «Business Wargaming ? Unternehmenswert schaffen und schützen» zitierte eine Umfrage seines Arbeitgebers A.T. Kearney, gemäss der nur 40 Prozent der Schweizer Unternehmen zukunftsgerichtete Ansätze fest in ihre Planung integrieren. «Herkömmliche Strategieprozesse enden nach Analyse, Entwicklung und Wahl einer Strategie. Wargames gehen einen Schritt weiter und testen die Strategie.» Mit Blick auf die politische Aktualität bedauerte Oriesek, dass die Methode offenbar nicht in die Strategieprozesse im Konflikt zwischen Libyen und der Schweiz eingeflossen sei.
Das Undenkbare denken
Bei der anschliessenden Podiumsdiskussion erklärte Ulrich Zwygart, Managing Director und Global Head Learning & Development der Deutschen Bank, dass bei der Deutschen Bank das Wargaming mit den Begriffen «Integrated Scenario Planning» oder «Integrated Risk Management» eingesetzt wird. Für Zwygart liegt eine wesentliche Stärke des Planungswerkzeugs darin, das Undenkbare in Betracht zu ziehen. «Denken Sie das Schlimmstmögliche durch, um nie in diese Situation zu geraten», sagte er.
«Wir wussten, was zu tun war»
Luigi Pedrocchi nannte als eine Gefahr des Wargaming, dass Erkenntnisse selektiv aufgenommen werden könnten. «Man übernimmt, was einem ins Konzept passt und tut den Rest als Spiel ab.» Besonders positiv erlebte der Unternehmensleiter der Migros-Töchter Mifa und Mibelle, der zudem für das Marketing und Innovationsmanagement der gesamten Migros-Industrie verantwortlich ist, die Methode anlässlich einer Attacke durch einen Mitbewerber: «Das Szenario hatten wir gerade zwei Wochen zuvor durchgespielt. Alle blieben ruhig. Wir wussten, was zu tun war.»
Komplexitätsreduktion birgt Gefahren
Moderator Hans Knöpfel fragte den Referenten, ob es für Wargaming ihn, Oriesek, als Berater denn überhaupt brauche. «Die Methodik können Sie natürlich selbst nachlesen. Der Erfolg von Wargames beruht aber auch auf jener Erfahrung, die wir einbringen können», antwortete Oriesek. Sein Co-Autor Jan Oliver Schwarz, Doktorand und ebenfalls für A.T. Kearney tätig, strich die Praxisorientierung heraus: «In Bezug auf Entscheidungsfindung wird gerne zur Komplexitätsreduktion geraten. Das birgt jedoch Gefahren. Wargaming ist hilfreich, weil es ein dynamisches, komplexes Umfeld mit vielen Unbekannten simuliert.»
Über SGO
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