Cassis-de-Dijon-Prinzip: Keine Diskriminierung der Schweizer Produzenten

Gefordert wird aber, dass das Prinzip nicht nur einseitig eingeführt wird. Dass eine Revision des Bundesgesetzes über die technischen Handelshemmnisse (THG) nötig ist, darüber sind sich die Parteien, Wirtschaftsverbände, Händler und Konsumentenorganisationen weitgehend einig. Das geht aus den Vernehmlassungsantworten hervor, deren Frist am Freitag ablief.


Scheidende Geister
Die Geister scheiden sich jedoch an der einseitigen Einführung des Prinzips, wie es der Bundesrat vorsieht. Es gehe nicht an, EU- Produkte ohne entsprechendes Gegenrecht in der Schweiz automatisch zuzulassen. Auch die Schweizer Exporteure müssten davon profitieren können.


Begründung der einseitigen Einführung
Die einseitige Einführung sei schneller und biete eine gewisse Autonomie in Bezug auf die Ausnahmen, begründet der Bundesrat seinen Standpunkt. Die Revision des THG solle zudem verhindern, dass die Schweizer Produzenten gegenüber ihrer europäischen Konkurrenten diskriminiert werden. So sollen sie mit der Revision das Recht erhalten, ihre Produkte nach geltendem EU-Recht in der Schweiz herzustellen und zu verkaufen. Dies würde jedoch nur für jene Produzenten gelten, die nach Europa exportieren, und nicht für jene, die für den inländischen Markt produzieren. Diese wären weiterhin einzig dem Schweizer Recht unterstellt.


CVP und FDP: Befürworten den Handelshemmnissabbau
Die CVP und die FDP befürworten den Abbau der technischen Handelshemmnisse und sehen darin eine Chance für die Stärkung der Volkswirtschaft. Die inländischen Produzenten dürften aber nicht diskriminiert werden, fordern beide Parteien.


FDP: Ausnahmen auf ein Mininum beschränken
Die FDP ist der Ansicht, dass die Öffnung für ausländische Produkte möglichst breit sein müsse. Ausnahmen seien auf ein Mininum zu beschränken. Erforderlich sei eine weitergehende Harmonisierung der Schweizer Vorschriften, meint die CVP.


SP: Ausnahmen mindern preissenkende Wirkung
Demgegenüber plädiert die SP dafür, dass die Ausnahmen auf ein absolutes Minimum beschränkt und wenn möglich auf bestimmte Sektoren oder Produktegruppen beschränkt werden sollten. Jede Ausnahme mindere die preissenkende Wirkung des Cassis-de-Dijon-Prinzips.


Grüne: Schweizer Recht beibehalten
Die Grünen stimmten der Einführung zu. Sie empfehlen aber das Schweizer Recht beizubehalten, wo dieses restriktiver ist.


Benachteiligung von nicht exportierenden Unternehmen
Auch die Neue Europäische Bewegung Schweiz (Nebs), der Westschweizer Arbeitgeberverband (FER) und die Vereinigung des Schweizer Import- und Grosshandels wollen nichts von einer einseitigen Einführung des Prinzip wissen. Die Schweizer Unternehmen, die nicht exportierten, würden benachteiligt und stünden Konkurrenten gegenüber, die weniger strengen Gesetzen unterlägen.


Auch ein politischer Fehler
Es sei auch ein politischer Fehler, schreibt der FER. Die Schweiz bringe sich um eine wichtige Karte im Bezug auf neue bilaterale Verhandlungen. Die Nebs erinnert zudem daran, dass die Schweiz einzig als EU-Miglied vollumfänglich von allen Vorteilen des Cassis- de-Dijon-Prinzips profitieren könne.


Bauernverband fordert gegenseitige Einführung
GastroSuisse, hotelleriesuisse und der Kaufmännische Verband Schweiz (KV Schweiz) sehen in der einseitigen Einführung des Prinzips zwar eine Möglichkeit, die Dinge in Bewegung zu bringen. Langfristig müsse jedoch die Gegenseitigkeit eingeführt werden, sind sie sich einig. Der Schweizerische Bauernverband hingegen fordert von Anfang an eine gegenseitige Einführung.


Gegenseitigkeit muss Hauptziel bleiben
«Wenn auch mit wenig Begeisterung» stimmt travail.suisse der einseitigen Einführung des Cassis-de-Dijon-Prinzips zu. Der Vorteil der Einseitigkeit sei die Autonomie der Schweiz bei der Bestimmung der Ausnahmen. Hauptziel müsse jedoch die Gegenseitigkeit bleiben.


Sondervorschriften abschaffen
Die Gewerkschaft führt ausserdem an, dass Cassis-de-Dijon nur eines von verschiedenen Instrumenten sei, um die Hochpreisinsel Schweiz zu bekämpfen. Insbesondere müssten die Schweizer Vorschriften weitergehend mit dem EG-Recht harmonisiert und die Sondervorschriften abgeschafft werden.


Nur Einzelmassnahme gegen hohe Preise
Auch die Stiftung für Konsumentenschutz und die Westschweizer Konsumentenvereinigung FRS sehen die Einführung – vorzugsweise gegenseitig – des Cassis-de-Dijon-Prinzips nur als Einzelmassnahme gegen die hohen Preise. Sie fordern vom Bundesrat ebenso die Zulassung von Parallelimporten patentierter Produkte.


Keine Stellungnahme vom Preisüberwacher
Keine offizielle Stellungnahme gab Preisüberwacher Rudolf Strahm ab. Bei der Lancierung der Vernehmlassung Ende November hatte er den bundesrätlichen Vorschlag als «mutig und gut» eingeschätzt. (awp/mc/ab)

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