CH-Aktienrechtsrevision: Bundesrat mit Gegenvorschlag zur Abzocker-Initiative
Auch der Bundesrat will Abzockern auf Chefetagen das Handwerk legen. Darum stellt er der Abzocker-Initiative einen indirekten Gegenvorschlag gegenüber. Insbesondere stärkt dieser die Aktionärsmitsprache und die Rückforderung von Bezügen.
Aktienrechts bedürfe angesichts der Finanzkrise einer Ergänzung
Die laufende Revision des Aktienrechts bedürfe angesichts der Finanzkrise einer Ergänzung, erklärte Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf am Freitag vor den Bundeshausmedien. Die der Aktienrechtsrevision beigegebene Zusatzbotschaft sei massvoller und weitgreifender als die Initiative «gegen die Abzockerei». So wolle der Bundesrat dieselben Regeln für alle rund 180’000 Aktiengesellschaften der Schweiz. Die Vergütungspolitik dürfe nicht der Selbstregulierung überlassen sein. Die Vorlage des Bundesrates sieht insbesondere vor, dass die Vergütungen für den Verwaltungsrat börsenkotierter Unternehmen als Gesamtbetrag jährlich von der Generalversammlung zu genehmigen sind. Die Genehmigung muss sowohl für die Boni des abgelaufenen als auch für die Bezüge des neuen Geschäftsjahrs erfolgen. Bisher entscheiden Verwaltungsräte über ihre Bezüge selbst.
Offen Managergehälter oder Beirats-Bezüge der GV vorzulegen
Zu den Bezügen der Geschäftsleitung muss die Generalversammlung zumindest konsultativ befragt werden. Der Bundesrat lässt den Firmen aber offen, auch Managergehälter oder Beirats-Bezüge der GV vorzulegen. Allen Löhnen, Boni und Beteiligungsprogramme börsenkotierter Firmen muss gemäss Bundesrat ein Vergütungsreglement zugrunde liegen. Der Verwaltungsrat erlässt dieses und legt darauf fussend einen schriftlichen Vergütungsbericht vor.
Rückerstattung ungerechtfertigter Bezüge erleichtern
Weiter will der Bundesrat Klagen auf Rückerstattung ungerechtfertigter Bezüge erleichtern. Bedingung für eine Klage soll nur noch das Missverhältnis zwischen Leistung und erbrachter Gegenleistung sein. Die «Bösgläubigkeit» wird nicht mehr vorausgesetzt. Auch Gläubiger können klagen. Zudem reduziert die Vorlage das Prozesskostenrisiko der klagenden Partei. Ausdrücklich präzisiert der Bundesrat weiter die Sorgfaltspflicht von Management und Verwaltungsrat. Vergütungen haben sich demnach an der wirtschaftlichen Lage und am weiteren Gedeihen eines Unternehmens zu orientieren. Diese konkretisierten Sorgfaltspflichten erleichtern Verantwortlichkeitsklagen.
Abzocker-Initiative selbst lehnt der Bundesrat ab
Dass die Managerlöhne nicht von der Generalversammlung zu genehmigen sind, erklärt sich aus dieser Sorgfaltspflicht. Wie Widmer-Schlumpf sagte, kann ein Verwaltungsrat, der Gehälter aufgrund von Arbeitsverträgen billigt, damit besser in die Verantwortung gefasst werden. Die Abzocker-Initiative selbst lehnt der Bundesrat ab. Mit dem Gesetzesentwurf will er eine Antwort auf überrissene Bezüge geben, gleichzeitig aber auf einschränkende Statutenvorschriften für die Unternehmen verzichten. Würde die Schweiz allzu restriktive Regeln einführen, verlöre sie an Konkurrenzfähigkeit, sagte Widmer-Schlumpf. Die Bundesrätin erklärte weiter, eine gleichzeitige Behandlung des neuen Aktienrechts, der Zusatzbotschaft und der Initiative im Parlament wäre wünschbar. Auch die Rechtskommission des Ständerates, welche die (awp/mc/gh/22)