Bedenken, die ohnehin schon stark eingeschränkten Fusswege rund um den Bahnhof könnten gänzlich blockiert werden, seien unbegründet, erläuterte Unia-Sprecher Nico Lutz auf Anfrage: «Ziel ist nicht, Pendler zu verärgern. Aber es wird eine wahrnehmbare Kundgebung werden.»
Eintägiger Warnstreik geplant
«Wenn an der Streikaktion in Bern 500 Bauarbeiter teilnehmen, wäre das ein Erfolg», sagte Lutz. Geplant sei ein eintägiger Warnstreik auf verschiedenen grösseren Baustellen in Bern, nicht nur auf dem Bahnhofplatz. Gleichentags sind Warnstreiks auch in Genf und Neuenburg geplant, am 1. November in Zürich. «Zudem wird es unangekündigte Aktionen geben», sagte Lutz. Der Streik richte sich gegen den Schweizerischen Baumeisterverband (SBV), der den Landesmantelvertrag – den Gesamtarbeitsvertrag des Bauhauptgewerbes – auf Ende September einseitig gekündigt hatte.
«Wir haben uns die Situation nicht ausgesucht»
Bei den bestreikten Baustellen spielt es laut Lutz keine Rolle, wer der Auftraggeber ist und ob dort Lohndumping betrieben wird. Beim Berner Bahnhofplatz ist die Stadt die Auftraggeberin. «Wir werden aufzeigen, warum solche Aktionen notwendig sind, wir haben uns die Situation nicht ausgesucht», sagte Lutz.
GAV wichtig für den sozialen Frieden auf Baustellen
Bei der Bauherrin bedauert man in erster Linie, dass es überhaupt zu einem vertragslosen Zustand im Baugewerbe gekommen ist. Was nun passiere oder passieren könne, zeige, wie wichtig der GAV für den sozialen Frieden auf Baustellen sei, sagte der Generalsekretär der Direktion für Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün (TVS), Stefan Schwarz, auf Anfrage. Der Vertrag mit dem Totalunternehmer für die Umgestaltung des Bahnhofplatzes sei wie üblich gemäss GAV abgeschlossen worden und gelte in diesem Sinn weiter. Es gebe auch die klare Auflage, dass die Arbeiten rechtzeitig vor Beginn der Euro 08 im kommenden Juni fertig sein müssten. Der Totalunternehmer müsste also Rückstände, die sich aus Streikaktionen ergeben könnte, wieder aufholen. Bisher lägen die Arbeiten im Plan. Der Totalunternehmer sei generell für die Sicherheit auf der Baustelle verantwortlich, auch während eines allfälligen Streiks.
Über die Hälfte der Unia-Mitglieder haben keinen Schweizer Pass
In Bern hat über die Hälfte der Unia-Mitglieder keinen Schweizer Pass. Die Stadtsektion der Gewerkschaft war daher auch im Komitee «Scharzes Schaf», das die Anti-SVP-Kundgebung vom vergangenen Samstag in Bern organisiert hatte. Roland Sidler, Sekretär der Sektion, kritisierte auf Anfrage die massiven Ausschreitungen. «Das Fest selber ist zwar friedlich geblieben, die Gewalt im Umfeld aber war eine Katastrophe. Das Fest wurde von Gruppen missbraucht, um kontraproduktive, massive Ausschreitungen zu begehen.»
Selbstkritik
In diesem Zusammenhang übte Sidler auch Selbstkritik. Die Gewerkschaften und die grossen linken Parteien hätten es verpasst, selber gegen den SVP-Aufmarsch zu mobilisieren. «Wir haben Erfahrung im Organisieren von friedlichen Kundgebungen, stattdessen wurde der Anti-SVP-Anlass einem kleinen Kreis überlassen.» Die Unia Sektion Bern habe dennoch ihre Unterstützung zugesagt, weil nicht absehbar gewesen sei, dass es zu Ausschreitungen kommen werde. (awp/mc/gh)