CH-Bundesrat in WTO-Verhandlungen zu Zugeständnissen bei Agrarzöllen bereit

Damals hatte der Bundesrat von «grossem Druck auf die Zölle» gesprochen. Dass er in der Doha-Runde aber zu derart weit gehenden Zugeständnissen bereit sein könnte, machte am Donnerstag die Sendung «Echo der Zeit» von Schweizer Radio DRS bekannt. Jacques Chavaz, Vizedirektor des Bundesamts für Landwirtschaft, bestätigte die Informationen gegenüber der Nachrichtenagentur SDA. Bei einem Zollabbau von bis zu 70% auf Agrarprodukten handle es sich um den von der WTO-Verhandlungsleitung angepeilten Wert. Der Bundesrat brauche ein Mandat in diesem Umfang, um überhaupt am Verhandlungstisch sitzen zu können.


Spielraum
«Falls es zu Schlussverhandlungen im Rahmen einer Ministerkonferenz kommt, braucht er diesen Spielraum. Das heisst aber nicht, dass er eine Senkung der Zölle in diesem Rahmen auch tatsächlich akzeptiert», sagte Chavaz. Für die Schweiz und die Schweizer Volkswirtschaft müsse das Gesamtresultat der WTO-Verhandlungen Sinn machen. Allerdings müsse man sich auch in die Verhandlungspartner hineinversetzen: Insbesondere für Entwicklungs- und Schwellenländer sei es nicht nachvollziehbar, dass sie ihre Märkte für Industrie- und Diensleistsungsprodukte weit öffnen sollten, während die Industrieländer die Schranken für Agrarprodukte hoch hielten.


Druck bei den Landwirtschaftsdossiers
Gerade diese Länder machten nun grossen Druck bei den Landwirtschaftsdossiers. Für die Schweiz sei das Mitmachen bei der WTO wichtig, weil dort auch die Regeln für die Sektoren Industrie und Dienstleistungen gemacht würden. Eine derart weit gehende Senkung der Importzölle auf Agrarprodukten könnte den Schweizer Bauern aber noch weit stäker zusetzen als das geplante Agrar-Freihandelsabkommen mit der EU. «Es könnte tatsächlich ein sehr grosser Druck auf die Schweizer Landwirtschaft entstehen», bestätigte Chavaz.


Diskussionen über Begleitmassnahmen zu Gunsten der Schweizer Bauern
Darum seien auch jetzt schon Diskussionen über Begleitmassnahmen zu Gunsten der Schweizer Bauern im Gang für den Fall, dass ein Abkommen tatsächlich zu Stande kommen sollte. «Es ist die Verantwortung der Politik, einen Sektor nicht im Stich zu lassen», sagte Chavaz. Er hält eine Verabschiedung des Verhandlungsmandats noch im April und eine WTO-Ministerkonferez zu den Landwirtschaftsdossiers im Mai für denkbar. Obwohl Chavaz eine neue Dynamik in den Verhandlungen sieht, ist eine Einigung noch in weiter Ferne: Die jüngsten Gespräche zur Landwirtschaft waren erst Anfang April wegen zu grosser Differenzen verschoben worden.


Die meisten EU-Länder gegen einen Abbau der Agrarzölle
Auch hatten sich die meisten EU-Länder vehement gegen einen Abbau der Agrarzölle ausgesprochen. In der Schweiz dürfte ein solcher Schritt ebenfalls auf scharfen Widerstand stossen. Gegenüber Radio DRS sprach Heidi Bravo vom Schweizerischen Bauernverband von einer «sehr grossen Katastrophe». Das Einkommen der Bauern würde um bis zu 60% sinken, sagte sie. Lorenz Koller, Präsident der kantonalen Konferenz der Lanwirtschftsdirektoren, bezeichnete eine Senkung um 70% als inakzeptabel. «Wenn es in diesem Mass kommt, dann wird ein sehr starkes Sterben der Landwirtschaftsbetriebe eingeläutet», sagte er.


«Harte Zeiten für die Bauern»
Auch Simonetta Sommaruga (SP/BE), Präsidentin der ständerätlichen Kommission für Wirtschaft und Abgaben, befürchtet harte Zeiten für die Bauern. Anders als ein Abkommen mit der EU wäre ein WTO-Abkommen für die Schweizer Landwirtschaft «praktisch ausschliesslich eine Belastung und eine Bedrohung», sagte sie.

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