CH-Gewerkschaftsbund: Ohne GAV im Baugewerbe keine Personenfreizügigkeit

Die Baumeister spielten mit dem Feuer, sagte SGB-Präsident Paul Rechsteiner am Dienstag vor den Medien in Bern. Komme es auf dem Bau nicht bald zu einem neuen Gesamtarbeitsvertrag, dann drohe jene fatale Entwicklung, die mit den flankierenden Massnahmen verhindert hätte werden sollen, nämlich eine Abwärtsentwicklung der Löhne.


Flankierende Massnahmen
Entscheidend für das künftige Engagement des SGB im Hinblick auf die dritte Runde der Bilateralen ist laut Rechsteiner auch, ob die vom SGB festgestellten Probleme bei der Umsetzung der flankierenden Massnahmen von Seiten der Behörden ernsthaft angegangen würden.


Nur dank den Gewerkschaften
Der SGB-Präsident rief in Erinnerung, dass die bisherigen Abstimmungen über die Bilateralen nur dank der Unterstützung der Gewerkschaften derart glatt über die Bühne gegangen seien. Auch Renzo Ambrosetti, Co-Präsident der Gewerkschaft Unia, sieht die Fortsetzung der Personenfreizügigkeit durch die jüngsten Vorkommnisse gefährdet. Hier spielten ein paar Zauberlehrlinge mit einem hoch explosiven Gemisch, das spätestens bei der nächsten Abstimmung über die Personenfreizügigkeit zur Katastrophe führen könnte. Ob der SGB tatsächlich gegen die Erneuerung der Bilateralen sieben Jahre nach Inkrafttreten und die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf die beiden neuen EU-Länder Rumänien und Bulgarien antritt, würden die SGB-Verantwortlichen nächsten Frühling analysieren und bewerten, sagte Rechsteiner.


Verbesserungen notwendig
Neben dem seit 1. Oktober bestehenden vertragslosen Zustand im Baugewerbe stört sich der Gewerkschaftsbund an einer ganzen Reihe von weiteren Umsetzungsproblemen. Drei Jahre nach Inkrafttreten der flankierenden Massnahmen seien starke Verbesserungen notwendig, sagte SGB-Chefökonom Daniel Lampart.


Viele Lohnverstösse
So gebe es noch zu viele Lohnverstösse. Laut Lampart bezahlt in gewissen Branchen jeder vierte Betrieb zu tiefe Löhne. Jeder dritte Temporärarbeiter auf dem Bau erhalte zu wenig Lohn. Bei Haushalthilfen und Reinigungsfirmen würden bei 12 bzw. 17% der Kontrollen Verstösse aufgedeckt.


Keine oder kaum Bussen
Lampart kritisierte zudem, dass die Kantone bei Verstössen zu wenig hart durchgreifen. Gewisse Kantone sprächen keine oder kaum Bussen aus. Temporärfirmen dürften trotz Verstössen weiter existieren. Rund 20% der Bussen würden nicht bezahlt. 10% der Personen, die sich als Selbstständige ausgäben, seien gar keine.


An den Pranger stellte Lampart vor allem die Kantone Luzern, Basel-Stadt, Freiburg, Solothurn und Thurgau. Diese führten zu wenig Kontrollen durch. Das Risiko, dort erwischt zu werden, sei für Firmen gering, die zu tiefe Löhne bezahlen. Der Kanton Zürich betreibe via tripartite Kommission sogar «amtlich bewilligtes Lohndumping». (awp/mc/gh)

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