Die US-Börsen begannen klar im Minus, so dass der Schweizer Markt am Nachmittag noch etwas mehr an Terrain einbüsste.
Für die anhaltend schlechte Stimmung wurden in Marktkreisen neben der Bankenkrise vor allem der erneute Höhenflug des Euro sowie die Rekordstände bei Öl und Gold verantwortlich gemacht. Laut Marktteilnehmern gibt es derzeit kaum Faktoren, welche die Anleger zu Käufen im grösseren Stil zu überzeugen vermögen. Zwar seien die Resultate der meisten Firmen nicht allzu schlecht, doch die meisten Käufer nähmen sofort allfällige Kursgewinne wieder mit. Einzig für die defensiven Nestlé seien die Käufer derzeit klar im Überhang.
Der Bluechips-Index (SMI) verlor bis zum Schluss 67,12 Zähler oder 0,77% auf 8’703,17 (Tagestief 8’685,19). Der Swiss Leader Index (SLI) ging um 1,13% auf 1’336,14 Punkte zurück, der Swiss Performance Index um 0,77% auf 7’126,42 Punkte.
Mit Abstand schwächster SMI-Wert war Clariant mit einem Minus zum Schluss von 12,9% auf noch 12,48 CHF, im Tagestief verlor der Titel gar rund 17%. Der Chemiehersteller hat am Morgen mit seinen Drittquartalszahlen einmal mehr auf der ganzen Linie enttäuscht und musste seine Prognose für das Gesamtjahr senken. Bei den Analysten wird nun die Forderung nach tieferen Einschnitten laut: Statt nur das bestehende Geschäft zu restrukturieren, sollte sich Clariant von unrentablen Bereichen trennen. In Sippenhaft wurde auch Ciba (-5,6% auf 52,70 CHF) genommen. Der andere Basler Chemiekonzern hat gestern Zahlen vorgelegt, worauf die Aktie allerdings mit leichten Kursgewinnen reagiert hatte.
Erneut zu den schwächsten Werten gehörten auch die Luxusgütertitel, die bei einer deutlichen Konjunkturabschwächung oder gar bei einer möglichen Rezession leiden würden: Richemont verloren 3,1% auf 75,80 CHF, Swatch I gar 4,3% auf 332 CHF (bereits gestern -3,2%).
Zu Gewinnmitnahmen kam es bei Swiss Life (-4,1% auf 312,50 CHF). Der Versicherer hat heute den Verkauf der Banca del Gottardo für 1,9 Mrd CHF bekannt gegeben. Spekuliert darüber war bereits gestern geworden (Aktie +5,3%). Der Versicherer könnte jetzt selbst ein interessantes Übernahmeziel werden, meinten Marktbeobachter.
Wenig spektakuläre Zahlen haben heute zudem Holcim (-1,0% auf 128,30 CHF) sowie Swisscom (-1,2% auf 417,00 CHF) präsentiert. Der Zementproduzent hat den Konzerngewinn nahezu verdoppelt und die Erwartungen des Marktes auf allen Ebenen übertroffen; nach anfänglichen Kursgewinnen kam es allerdings zu Gewinnmitnahmen. Bei Swisscom sprachen Analysten von Zahlen im Rahmen der Markterwartungen.
Dem allgemeinen Abwärtstrend trotzen konnten vor allem defensive Titel wie etwa Nestlé (+0,8% auf 542,50 CHF). Noch fester unter den wichtigsten Aktien notierten lediglich Geberit (mit +3,6% auf 167,10 CHF), obwohl die Titel des Sanitärtechnikkonzerns bereits gestern nach Vorlage der 9-Mte-Zahlen 8,6% zugelegt hatten. Relativ gut hielten sich zudem noch OC Oerlikon (+0,6%), Nobel Biocare (+0,5%), Syngenta (+0,2%) oder die Pharmawerte Roche (-0,2%) und Novartis (-0,5%).
Die gestrige technische Gegenbewegung bei den Finanzwerten war dagegen von kurzer Natur. CS verbilligen sich um 1,1% auf 70,20 CHF und UBS um 1,8% auf 54,10 CHF. Beide Banken bzw. Mitarbeiter der Institute sind Teil einer Untersuchung gegen Geldwäscherei in Brasilien. Die UBS hat zudem vorbörslich eine Umstrukturierung ihres Vermögensverwaltungsgeschäftes bekannt gegeben.
Im breiten Markt gehörten u.a. Esmertec (+3,8%), u-blox (+3,7%) oder Temenos (+3,5%) zu den grössten Gewinnern, deutlich unter Druck waren dagegen etwa Edipresse (-7,1%), ADB (-6,2%), AFG (-5,9%) oder Also (-5,2%). (awp/mc/pg)