CH-US-Freihandelsabkommen: Wirtschaftskreise vom Bundesrat enttäuscht
Er habe Verständnis für die Ängste der Landwirte, sagte Thomas Pletscher, Mitglied der Geschäftsleitung von economiesuisse, auf Anfrage. Kein Verständnis habe er aber, wenn bestimmte Themen von Anfang an ausgeklammert würden.
Uneinigkeit bezüglich Landwirtschaft
Volkswirtschaftsminister Joseph Deiss hatte am Mittwoch erklärt, dass Hauptproblem bei einem Freihandelsabkommen sei die Landwirtschaft. Die USA strebten in diesem Bereich im Gegensatz zur Schweiz einen umfassenden Freihandel an. Genau dies lehnen die Bauern aber ab, wie sie wiederholt bekräftigt haben.
Kein geltender Einwand
Diesen Einwand lässt Pletscher jedoch nicht gelten: Bei anderen Abkommen seien für derartige Probleme Lösungen gefunden worden, etwa Schutzklauseln, Übergangsfristen oder interne Massnahmen. Die Übergangsfristen in anderen US-Freihandelsabkommen betrügen 15 bis 25 Jahre.
Keine Alternative zu einem Freihandelsabkommen
Ein Landwirtschaftsabkommen mit der EU, wie es der Bundesrat prüfen will, ist für Pletscher nur eine Ergänzung, nicht aber eine Alternative zu einem Freihandelsabkommen mit den USA. Von der Dynamik des grössten Wirtschaftsmarktes der Welt wolle die Schweizer Wirtschaft profitieren.
Landwirte und Konsumentenschutz üben Druck aus
Für Irritation sorgte der Marschhalt auch aus einem anderen Grund: Über die genauen Motive für den Entscheid der Landesregierung herrscht Unklarheit. Johann Niklaus Schneider Ammann, FDP-Nationalrat (BE) und Präsident des Dachverbands der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie, vermutet, dass die Landwirte und der Konsumentenschutz Druck auf die Landesregierung ausgeübt haben, wie er am Donnerstag gegenüber Radio DRS sagte.
Eine «unheilige Allianz» von SP und SVP?
CVP-Generalsekretär Reto Nause vermutet dagegen eine «unheilige Allianz» von SP und SVP im Bundesrat. Die SVP habe eine eklatanten Kurswechsel vorgenommen: Christoph Blocher selber habe vor zehn Jahren am Albisgüetli ein Abkommen mit den USA gefordert.
Enttäuschung über das Zögern der Landesregierung
Nause zeigte sich über das Zögern der Landesregierung «enttäuscht». Auch die CVP wolle nicht um jeden Preis ein Freihandelsabkommen mit den USA. Das Problem sei aber, dass die USA schnell verhandeln und Ergebnisse erzielen wollten. Dabei spielte er darauf an, dass US-Präsident Bush noch bis Juni 2007 Freihandelsabkommen ohne Zustimmung des Kongresses abschliessen kann.
Gelästert wird auch über das Departement Deiss
Gregor Rutz, Generalsekretär der SVP, ortet das Problem dagegen bei Volkswirtschaftsminister Joseph Deiss. Es mache im Moment den Anschein, als wisse das Departement Deiss besser über die Position der USA als über die eigene Haltung Bescheid, sagte er.
Gründe des Bundesrats analysieren
Die FDP will zuerst einmal die Gründe des Bundesrats analysieren, wie deren Sprecher Christian Weber sagte. Schneider Ammann präzisierte gegenüber Radio DRS, dass die guten Wirtschaftsbeziehungen mit den USA auch ohne Abkommen weitergeführt würden.
Gentech-Food und Hormonfleisch
Die SP-Delegierten hatten bereits im November 2005 Vorbehalte geäussert. Die Sozialdemokraten befürchten beispielsweise Probleme bei der Deklaration von Gentech-Food oder Hormonfleisch. (awp/mc/ab)