CH-Wirtschaft: IWF rechnet mit «verstärktem» Abschwung

Vom 25. Februar bis 9. März dieses Jahres hat eine Delegation des IWF das jährliche Länderexamen mit der Schweiz durchgeführt. Die Weltkonjunktur schlägt auch auf die Schweizer Wirtschaft durch. Für das Jahr 2009 rechne der IWF mit einem «verstärkten» Abschwung der Wirtschaft. Negativ würden sich vor allem der Einbruch der Exporte und die Reduktion der Investitionsausgaben auswirken. Falls sich die Arbeitslosigkeit weiter erhöhen sollte, werde auch der Inlandkonsum, der bisher robust gewesen ist, zurückgehen. Vor diesem Hintergrund sollten weitere Massnahmen zur Stützung der Inlandnachfrage im Jahr 2010 erwogen werden. Das Wachstum sollte sich 2010 im Gleichschritt mit dem Gang der Weltwirtschaft allmählich erholen, heisst es weiter.


SNB-Massnahmen begrüsst
Mit Blick auf die jüngere Vergangenheit begrüsst der IWF die Massnahmen der Schweizerischen Nationalbank wie die international koordinierte, aggressive Senkung der Leitzinsen und die hohe Liquiditätszufuhr. In der Schweiz seien denn auch keine Anzeichen einer Kreditklemme feststellbar; der Hypothekarmarkt profitiere von tiefen Leitzinsen und stabilen Immobilienpreisen. Trotz der tiefen Zinsen sei der Handlungsspielraum der Nationalbank noch nicht völlig erschöpft.


Stabiler Finanzmarkt «besonders wichtig»
Aufgrund der grossen volkswirtschaftlichen Bedeutung des Finanzplatzes sei ein stabiler Finanzmarkt für die Schweiz besonders wichtig. Der IWF anerkenne in diesem Zusammenhang die Wirksamkeit des Massnahmenpakets zur Stärkung des Finanzsystems, schliesst allerdings eine weitere Welle von Unsicherheiten im Finanzsystem nicht aus. Als Risiken werden insbesondere ein möglicher weiterer Zerfall von Vermögenswerten der Grossinstitute sowie mit Engpässen in der Finanzierung auf dem internationalen Kapitalmarkt genannt.


FINMA soll Gas geben
Nach Ansicht des IWF sei eine wirksame Regulierung und Aufsicht des Finanzsektors zentral. Die FINMA müsse daher den Aufbau der notwendigen Kapazitäten vorantreiben sowie die Integration der je nach Sektoren unterschiedlichen Regulierungsansätze und die Verstärkung der systemischen Aufsicht sicherstellen. Da die Instabilität weitere Teile des Finanzsektors erfasst habe, sei neben den Grossbanken auch der Überwachung der grossen Versicherungen sowie der mittleren und kleinen Banken besonderes Augenmerk zu schenken, fordert der IWF. Auch sollte die kantonal geregelte Aufsicht über die Pensionskassen verstärkt werden.


Schweiz anfällig für globale Verwerfungen
Der IWF betont weiter, dass sich die Schweizer Wirtschaft zu Beginn der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise in einer sehr robusten Verfassung befunden habe. Das Wachstum war hoch, die Arbeitslosen- und Inflationsraten tief, und der öffentliche Haushalt und die Ertragsbilanz waren solide. Aufgrund der internationalen Ausrichtung, v.a. des Finanzsektors und des Warenhandels, ist die Schweiz nach Ansicht des IWF jedoch anfällig auf Verwerfungen auf den globalen Märkten. Sie sei deshalb nicht verschont von den starken internationalen Finanzmarkturbulenzen und dem weltweiten wirtschaftlichen Abschwung geblieben.


SNB hat noch mehr Politik-Optionen
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat nach Aussage ihres Chefvolkswirts Ulrich Kohli trotz des bereits sehr niedrigen Leitzinsniveaus noch mehr Politik-Optionen. Zudem gebe es bisher keine Anzeichen für eine Kreditverknappung, sagte Kohli am Montag anlässlich von Gesprächen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF), der gegenwärtig seinen Länderbericht für die Schweiz überarbeitet. Kohli zufolge stimmen IWF und SNB in ihrer Einschätzung der schweizerischen Wirtschaft weitgehend überein. Nach Aussage des SNB-Chefvolkswirts ist die schweizerische Exportwirtschaft stark vom Einbruch des Welthandels in Folge einer «Deglobalisierung» betroffen. Auch die Ausrüstungsinvestitionen seien rückläufig.


Staat leistet antizyklischen Stabilisierungsbeitrag
Dagegen könnte sich die Bauwirtschaft vor dem Hintergrund der sehr niedrigen Zinsen im Jahresverlauf stabilisieren und der private Konsum sei bisher recht stabil. Zudem werde der Staatskonsum einen antizyklischen Stabilisierungsbeitrag leisten, sagte Kohli. Die SNB wird am Donnerstag zusammen mit dem Zinsentscheid ihre aktuellen vierteljährlichen Projektionen vorstellen. Beobachter halten eine weitere geldpolitische Lockerung für wahrscheinlich. Der Leitzins, die Mitte des Dreimonatslibor-Zielbandes, beträgt gegenwärtig 0,50%. (awp/mc/ps/21)

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