Chaos um Conti – Einigung gefordert
Koerfer werde der katastrophale Verlauf der Sitzung am vergangenen Donnerstag zur Last gelegt. Die Situation sei völlig festgefahren, deshalb sei ein Neuanfang auch im Aufsichtsrat nötig. Allerdings halte Grossaktionär Schaeffler uneingeschränkt an Koerfer fest. «Eine Ablösung ist daher kein Thema», zitiert die Zeitung einen Sprecher.
Abberufung Neumanns verhindert
Eine Abberufung Neumanns war in einer dramatischen Aufsichtsratssitzung vorigen Donnerstag nur durch den Widerstand der Arbeitnehmerseite verhindert worden – die notwendige Zwei-Drittel- Mehrheit deshalb nicht zustande gekommen. Eine erneute Aufsichtsratssitzung am 12. August soll nun die Entscheidung bringen. Dann reicht die einfache Mehrheit. Schaeffler will einen eigenen Manager auf dem Chefposten bei Conti. Der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende, Werner Bischoff, sagte der dpa am Montag in Hannover: «Wir versuchen, diese Woche bis zur nächsten Sitzung zu nutzen, um eine Lösung zu finden.» Wie sie aussehen könnte, dazu äusserte er sich nicht. Die Gewerkschaftsvertreter hatten eine mögliche Ablösung Neumanns bedauert.
Erbitterter Machtkampf
In dem erbitterten Machtkampf zwischen den beiden hochverschuldeten Autozulieferern dringen Arbeitnehmervertreter auf eine baldige Einigung. «Die Querelen und der Machtkampf müssen ein Ende haben», sagte der Schaeffler-Betriebsbetreuer Wolfgang Müller von der IG Metall am Montag in München. Es müsse für alle Beschäftigten klar sein, wie die künftige Struktur der Unternehmen aussehe. Bei dem Gerangel sei viel Geld verbrannt worden und es bestehe die Gefahr, dass qualifizierte Mitarbeiter zunehmend zur Konkurrenz abwanderten.
Schaeffler-Gruppe in finanzieller Schieflage
Um die Zukunft der beiden Unternehmen herrscht seit Wochen heftiger Streit. Schaeffler hält knapp die Hälfte der Conti-Aktien, weitere 40 Prozent sind bei Banken geparkt. Das Familienunternehmen aus Herzogenaurach war wegen des Einstiegs bei Conti in eine finanzielle Schieflage geraten und hat etwa elf Milliarden Euro Schulden. Beide Unternehmen sind zudem durch die Autokrise schwer gebeutelt. Conti hat sich auch wegen der Übernahme der früheren Siemenstochter VDO hoch verschuldet. Zuletzt waren es noch knapp zehn Milliarden.
Grünes Licht für Conti-Kapitalerhöhung
Eine mögliche Ablösung von Neumann stösst nach Informationen vom «Handelsblatt» auch bei den Conti-Gläubigerbanken auf Kritik. Die Institute fürchteten, dass durch das Führungschaos bei Conti dringende Finanzierungslösungen verzögert werden, schrieb das Blatt unter Berufung auf Finanzkreise. Wenn sich ein neuer Vorstandsvorsitzender erst einarbeite, könne sich die dringend benötigte Kapitalerhöhung bis zum Jahresende hinziehen. Dies müsse verhindert werden. Der Aufsichtsrat hatte am Donnerstag grünes Licht für eine von Neumann vorgeschlagene Kapitalerhöhung gegeben.
Unterschiedliche Interessen unter Schaeffler-Gläubigerbanken
Auch die Schaeffler-Gläubigerbanken äusserten Kritik. Schaeffler habe die Vorstösse gegen Neumann nicht mit den Kreditinstituten abgesprochen. Laut «Handelsblatt» sei man dort völlig überrascht worden. Man hätte sonst im Vorfeld eher darauf gedrängt, eine Eskalation zu vermeiden. Die Institute seien extrem verärgert. Das Vorgehen der Schaefflers bei der turbulenten Aufsichtsratssitzung sei hochproblematisch gewesen. Allerdings seien auch unter den Gläubigerbanken die Interessen höchst unterschiedlich.
Rufe nach Bundes- und Landesregierung
Ein Eingreifen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und des niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff (beide CDU) forderte Hannovers Oberbürgermeister Stephan Weil (SPD). Die Commerzbank, die Staatshilfe erhalten habe, sei einer der wichtigsten Finanziers. Der Bank müsse klargemacht werden, dass sich nicht nur für die eigene Rendite sondern auch fürs Allgemeinwohl zuständig sei, forderte Weil in der «Neuen Presse» Hannover. (awp/mc/ps/24)