Chris J. Stern, CEO Oxygen Biotherapeutics
Von Helmuth Fuchs
Moneycab: Herr Stern, während viele Firmen sich überlegen, ob ein Listing an einer Börse zielführend ist, planen Sie nach dem Börsengang anfangs des Jahres an der NASDAQ eine sekundäre Kotierung in Zürich. Was sind die Gründe dafür, was versprechen Sie sich vom zusätzlichen Listing?
Chris J. Stern: Wir haben einen grossen Anteil an Aktionären aus der Schweiz und wollen für diese einen Marktplatz in deren Nähe schaffen. Wir versprechen uns Finanzmarktpräsenz und Investorennähe.
Mit der zusätzlichen Kotierung ist keine Erhöhung des Aktienkapitals verbunden. Wie sieht es bei der Oxygen Biotherapeutics mit den verfügbaren Mitteln aus und wie finanzieren Sie die Weiterentwicklung der diversen Produkte?
Wir haben genügend Mittel für unseren Geschäftsplan und können uns, wenn notwendig, Mittel beschaffen. Unser Geschäftsmodell ist konsequent und sieht die Entwicklung der Produkte nur bis zum Konzeptbeweis vor. Dann suchen wir Partner.
«Bis zum Ende von Phase II (Konzeptbeweis) können wir selbst entwickeln. Danach suchen wir Partner. Dies werden wir mit allen Indikationen so machen.» Chris J. Stern, CEO Oxygen Biotherapeutics
Der Vatea-Fund hat bis anhin schon 11 Millionen Franken investiert in die Entwicklung Ihrer Produkte. Wann sind die nächsten Zahlungen fällig?
Wir haben am 26.4. ein 8-K Filing darüber gemacht. Der Vatea Fund wird am 30.4. und am 30.5. jeweils USD 500,000 zahlen und die verbleibenden USD 8 Mio auf Zeit- und Meilensteinbasis bis maximal Dezember 2011.
Das von Oxygen Biotherapeutics auf Basis Perfluorcarbon (PFC) entwickelte Oxycyte ? soll den auf Hämoglobinbasis basierenden Produkten überlegen sein, da es mehr Sauerstoff bindet, kleiner ist und keine Antikörperbildung hervor ruft. Gibt es dazu schon verlässliche Studien und wie schätzen Sie den Konkurrenzvorsprung von Oxycyte ? ein?
Unsere Studienbasis umfasst über 20 Jahre und wir können praktisch alle wissenschaftlichen Fragen umfassend beantworten. Wir schätzen den Konkurrenzvorsprung im PFC Bereich als sehr gross ein. Im Moment dürften wir den Marktplatz klar dominieren.
«Wir sind in Phase II-b, das heisst, der Konzeptprüfungsphase. Wir testen Sicherheit und Effektivität bei 98 Patienten. Bei positiven Ergebnissen erfolgt darauf eine Phase III Studie. Es wird also noch etwa zwei Jahre dauern, bevor wir Aussagen zur Marktreife machen können.»
Die erste Anwendung des von Oxygen Biotherapeutics entwickelten Wirkstoffes Oxycyte ? ist überraschenderweise nicht im klinischen Bereich, sondern im Schönheits- und Hautpflegemarkt (Dermacyte ?). Was ist die Strategie dahinter?
Wir haben ein Kosmetikum entwicklet, um die tief hängenden Aepfel zuerst zu pflücken. Cash ist die Strategie. Wir sind ein Unternehmen, und kein Forschungsinstitut. Wir werden dieselbe Strategie auch bei den Veterinärprodukten verfolgen. Diese sollten ebenfalls in absehbarer Zeit bereit sein.
Die bedeutendste klinische Anwendung von Oxycyte ? könnte im Bereich der Schädel-Hirn-Traumata (SHT) sein, wo Sie ein Potenzial sehen, die Schäden durch Sauerstoffmangel bei dieser Art von Verletzungen zu halbieren. Worauf begründet sich diese Annahme und wie weit sind Sie bei der Entwicklung zu einem marktreifen Produkt?
Wir sind in Phase II-b, das heisst, der Konzeptprüfungsphase. Wir testen Sicherheit und Effektivität bei 98 Patienten. Bei positiven Ergebnissen erfolgt darauf eine Phase III Studie. Es wird also noch etwa zwei Jahre dauern, bevor wir Aussagen zur Marktreife machen können. Unser Konzept sieht aber vor, dass wir die Phase III nur mit einem Partner machen. Das heisst, wir suchen bereits nach Abschluss von Phase II nach einem Partner.
«Oxycyte nimmt Gas auf und kann dieses wieder abliefern. Dieses Prinzip machen wir uns gemeinsam mit der Navy zu Nutzen und haben eine Anwendung zur Taucherkrankheit in einem von der Navy finanzierten Versuch.»
Das erste klinische Produkt mit dem Namen OxyTBI (TBI = Traumatic Brain Injury) wird innerhalb einer klinischen Studie zurzeit auch in Schweizer Spitälern getestet. Wie kam es zur Zusammenarbeit in der Schweiz und welche Voraussetzungen finden Sie hier vor zur Durchführung Ihrer Studien?
Die Zusammenarbeit in der Schweiz kam zustande, weil die US FDA sehr zurückhaltend mit Bewilligungen im Bereich der S auerstoffträger ist. Uns wurde klar gesagt, wir sollten doch die Studien im Ausland machen und dann mit Ergebnissen zurückkommen. Dies ist eine Erfahrung welche viele medizinische Unternehmen mit der FDA gemacht haben. Wir haben uns daher entschlossen die Studie in der Schweiz und Israel durchzuführen, in der Hoffnung dabei schneller gute Ergebnisse zu erreichen, und unser Medikament einen Schritt näher zur Bewilligung zu bringen. Eine Bewilligung in der Schweiz und Israel vor einer Bewilligung in den USA ist nicht auszuschliessen.
Während kleine Firmen oft sehr schnell Innovationen initialisieren können, sind die Aufwände, ein Produkt zur Marktreife zu führen, oft nicht mehr alleine zu bewältigen. Wie gehen Sie hier vor, bis zu welchem Stadium kann Oxygen Biotherapeutics die Entwicklung alleine vornehmen und welche Modelle stehen für Sie bei der weiteren Entwicklung im Vordergrund?
Bis zum Ende von Phase II (Konzeptbeweis) können wir selbst entwickeln. Danach suchen wir Partner. Dies werden wir mit allen Indikationen so machen.
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Für den Verkauf der Anwendungen im Kosmetikbereich und der klinischen Produkte benötigen Sie völlig unterschiedliche Vertriebsorganisationen. Welche Vertriebsmodelle sind für die beiden Produktelinien primär vorgesehen und welche geografischen Regionen stehen im Vordergrund?
Für den Verkauf klinischer Produkte suchen wir Partner. Für die Kosmetika haben wir ein Hybrid-Modell. Es ist uns bewusst wie schwierig es ist selber in die Regale der Schönheitsprodukte zu kommen. Dies müssen wir mit Partnern tun mit denen wir in Verhandlungen sind. Die Kanäle der Dermatologen und Direktverkäufe bearbeiten wir mit einem Territorialmodell und lokalen Distributoren. Wir haben auch unsere Website buydermacyte.com, mit der wir ansehnliche Margen generieren.
Ein wichtiges Anwendungsgebiet im Bereich der Schädel-Hirn-Traumata sind Taucherunfälle und Gefechtsverwundungen. In den USA arbeiten Sie mit der US-Navy zusammen und scheinbar hat auch die US-Armee bereits Interesse angemeldet. Wie schätzen Sie das Risiko ein, dass ein Engagement des Militärs Ihrer Marktpositionierung schaden könnte?
Schädel-Hirn-Traumata und Taucherunfälle haben nichts miteinander zu tun. Oxycyte nimmt Gas auf und kann dieses wieder abliefern. Dieses Prinzip machen wir uns gemeinsam mit der Navy zu Nutzen und haben eine Anwendung zur Taucherkrankheit in einem von der Navy finanzierten Versuch. Dies beinhaltet auch Behandlung von damit verbundenen Rückgratverletzungen. Wundheilung ist eine völlig separate Indikation, welche wir unabhängig vom Militär entwickeln.
«Wir haben zuviel gute Produkte in der Pipeline, um über einen Exit nachzudenken. Unser Ziel ist es, weiterhin unsere Produkte zur Marktreife zu bringen und Shareholder Value zu generieren.»
Wieso sollte uns ein Engagement des Militärs schaden? Das sind willkommene Forschungsbeiträge. Traumatic Brain Injury ist in fast 90% der Kriegsverletzungen mit dabei. In vielen Fällen haben militärische Forschungen zu zivilen Innovationen geführt. Nehmen Sie Ihre Teflon-Pfanne. Ohne Forschung für Hitzeschilder in der militärischen Raumfahrt würden Sie immer noch in Gusseisen kochen.
Eine naheliegende Anwendung von Oxycyte ? ist der Spitzensport, der von einer schnelleren und höheren Sauerstoffzufuhr, die erst noch schwer nachzuweisen sein dürfte, direkt profitieren könnte. Wie realistisch ist dieses Szenario der Anwendung und welche Mittel haben Sie, um die Verwendung von Oxycyte ? nachzuweisen?
Wir arbeiten mit der Welt-Dopingagentur sehr eng zusammen. Wir haben Mittel, um Oxycyte nachzuweisen.
Mit Dermacyte ? steht das erste Produkt in den Verkaufsregalen, OxyTBI ? könnte als nächstes folgen. Welche weiteren Produkte haben Sie als nächstes in der Pipeline?
Die nächste Produktlinien in kommerziellen Bereich dürften die Wundprodukte und die Veterinär-Anwendungen sein.
Für viele Biotech-Unternehmen ist mit der Entwicklung des ersten Produktes auch gleich das Exit-Szenario durch die Übernahme eines grossen Pharmakonzerns definiert. Welche Zukunft haben Sie für Oxygen Biotherapeutics geplant, wie soll sich das Unternehmen in den nächsten drei Jahren entwickeln?
Wir haben zuviel gute Produkte in der Pipeline, um über einen Exit nachzudenken. Unser Ziel ist es, weiterhin unsere Produkte zur Marktreife zu bringen und Shareholder Value zu generieren.
Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei. Wie sehen diese aus?
Dass wir unsere Oxycyte ? als Medikament in Schädel-Hirn-Trauma in den Markt bringen können. Wir könnten damit wahrscheinlich sehr viel Leid verhindern, und dass wer immer diesen Artikel liest, nie Opfer von TBI wird.
Der Gesprächspartner:
Dr. Chris J. Stern trat im November 2007 Oxygen Biotherapeutics als Vorsitzender des Verwaltungsrats bei. Im März 2008 wurde er zum Chief Executive Officer ernannt.
In den vergangenen zwölf Jahren führte Dr. Stern das von ihm 1996 gegründete «Institute for Efficient Management», welches Unternehmen im Bereich der Strategischen Planung und Global Marketing berät. Seit Mai 2001 war Dr. Stern als Non-Executive Director im Board of Directors bei Klocke of Amerika (contract packaging) in Ft. Myers, Florida tätig. Daneben hatte er von April 2000 bis März 2007 die Position als Direktor der Boehme Filatex, Inc. in Reidsville, NC (specialty chemicals) inne. Im Januar 1996 wurde Dr. Stern Mitglied der Fakultät der St. Galler Business School und assoziierter Partner des St. Galler Management Instituts, für welche er auch heute noch selektiv Seminare für Führungskräfte leitet. Er führte gleichzeitig von 1997 bis 1999 als CEO die Restrukturierung einer deutschen Grossunternehmung durch. Dr. Stern entwickelte seine Fähigkeiten im Bereich der strategischen Leitung und Planung in seiner Beratungszeit bei Diebold von Januar 1990 bis Dezember 1995. Seine erste Verpflichtungen erfolgten in der Textilindustrie, wo er als Präsident und CEO von Textile Dynamics Corporation von 1985 bis 1990 amtierte. Ebenso sammelte er in verschiedenen Positionen in einem kleinen Konglomerat von 1977 bis 1984 wertvolle Erfahrungen.
Dr. Stern ist heute Bürger der Vereinigten Staaten, wurde aber in der Schweiz geboren und ist daher amerikanischer und schweizerischer Doppelbürger. Er verfügt über einen MBA von der Graduate School of Business Administration in Zürich, die mit der State University of New York at Albany verbunden ist. Ebenfalls weist er einen Doktortitel in Betriebswirtschaft von der Trinity University auf.
Das Unternehmen:
Oxygen Biotherapeutics, Inc. aus Durham (North Carolina, USA) ist ein Biotechnologie-Unternehmen, das sich auf therapeutischen Sauerstoff spezialisiert hat. Die 1990 unter dem Namen Synthetic Blood International, Inc. gegründete Firma benannte sich 2008 in Oxygen Biotherapeutics um. Das Management richtet das Unternehmen zielstrebig auf eine klare Marktorientierung aus. Zentrale Innovation der Firma ist der Wirkstoff Oxycyte?. Dieses hocheffiziente Perfluorcarbon eignet sich sowohl für äusserliche als auch für intravenöse Applikationen.
Meilensteine seit Oktober 2009
– Phase IIb-Studie für OxyTBI erfolgreich gestartet mit Beteiligung der Universitäts- und Kantonsspitäler Bern, Zürich, Aarau, Basel, St. Gallen, Genf und Lausanne sowie Kliniken in Israel
– Lancierung von «Dermacyte?», einer auf Oxycyte basierenden hocheffektiven Kosmetiklinie
– Börsengang an der NASDAQ
Sauerstoffträger Oxycyte?: Heilmittel in Schädel-Hirn-Traumata
Oxycyte? kann als intravenöse Emulsion viermal soviel Sauerstoff transportieren wie Hämoglobin. Zudem sind die Oxycyte? -Moleküle 50mal kleiner als rote Blutkörperchen. Dies erlaubt es Oxycyte?, bis in kleinste Kapillarverästelungen vorzudringen. Wichtigste Anwendung sind so genannte Schädel-Hirn-Traumata (SHT). Oxycyte? baut eine Mikrozirkulation zwischen durchbluteten, sauerstoffreichen Gefässen und den nicht mehr durchbluteten Bereichen auf. Das SHT-Medikament OxyTBI steht in der klinischen Phase IIb und hat das Potenzial, Schäden durch Sauerstoffmangel bei SHT weltweit zu halbieren. Die Markteinführung ist für 2013 vorgesehen.