Christian Müller, Managing Director MPM Sponsoring Consulting Schweiz
von Patrick Gunti
Herr Müller, als Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise häufen sich die schlechten Nachrichten, die Prognosen für 2009 sind schlecht, allerorten werden Produktionskürzungen vorgenommen. Welchen Einfluss wird die Finanz- und Wirtschaftskrise auf das Sponsoring haben?
Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat sich bereits auf diverse Sponsorships ausgewirkt – zum einen direkt, zum andern derart, dass Engagements genau überprüft werden. Viele Entscheide im Bereich der verschiedenen Sponsoring-Aktivitäten sind noch nicht gefällt, es wird die weitere Marktentwicklung abgewartet. Es ist aber nicht nur von reinen Kürzungen von Sponsoringbudgets auszugehen, sondern es wird vielmehr eine Marktbereinigung stattfinden. Sponsoring-Engagements werden überdacht – sowohl hinsichtlich der Strategie als auch des Budgets. Wichtige Fragen sind hierbei: Passt das Sponsoring-Engagement überhaupt zum Unternehmen? Ist es den finanziellen Aufwand Wert? Inwiefern profitiert das Unternehmen davon? Sponsoring-Engagements, die in die Marketing- und Kommunikationsstrategien eingebettet sind, werden mit grösserer Sicherheit weitergeführt werden. Andere, eher durch Zufall oder Vorlieben des CEO entstandene Engagements, werden aber die Krise sehr wohl zu spüren bekommen.
Von welchem Rückgang der Sponsoringbudgets gehen Sie für das laufende Jahr aus?
Das Gesamtvolumen des Schweizer Sponsoring-Marktes, das auf rund 350 bis 400 Millionen Franken geschätzt wird, wird um 10 bis 15 Prozent zurückgehen. Dies, auch aufgrund bestehender Vertragssituationen, mit Auswirkungen mindestens bis ins Jahr 2010.
Welche Bereiche des Sponsorings werden besonders betroffen sein?
Aufgrund der Strategieüberprüfung werden vermutlich weniger, dafür die grösseren Engagements fortgeführt. Kleinere Veranstaltungen, die nebenher unterstützt wurden, werden es hingegen schwerer haben. Besonders treffen wird die Krise vermutlich das soziale Sponsoring, denn diese Engagements fallen jeweils als erste weg. Auch Sportarten wie Tennis oder Golf und das Kultursponsoring, die traditionellerweise stark von der Finanzbranche abhängig sind, werden die Krise spüren.
«Aufgrund der Strategieüberprüfung werden vermutlich weniger, dafür die grösseren Engagements fortgeführt.»
Gerade die Finanzbranche ist im Sponsoring sehr aktiv. Wie sehen Sie die Entwicklung der Sponsoring-Aktivitäten von Unternehmen aus dem Finanzbereich?
Die Banken werden sich, sofern keine bindenden langjährigen Verträge abgeschlossen wurden, Zeit lassen und ihre bisherigen Engagements überdenken. In der aktuellen Situation wird genau geprüft, welches Engagement und welcher Budgeteinsatz gerade auch gegenüber Stake- und Shareholder opportun erscheinen und verantwortet werden können. Gut möglich, dass die UBS zum Beispiel das Sponsoring von Alinghi streichen wird, da es im internationalen Markt nicht besonders erfolgreich war. Ob die Credit Suisse das Sponsoring der Formel 1 in gleichem Masse weiterführt, wage ich ebenfalls zu bezweifeln. Der Entscheid ist noch immer hängig. Generell lässt sich sagen, dass die Sponsorships noch stärker evaluiert und nur die erfolgreichen beibehalten werden.
Lohnen sich Multi-Millionenengagements wie dasjenige der UBS bei Alinghi oder dasjenige der CS bei der Fussball-Nationalmannschaft in Zeiten von Milliarden-Abschreibern und Verlusten noch oder sind sie im Sinne einer möglichen «für das haben sie dann wieder Geld»-Wahrnehmung der Öffentlichkeit eher kontraproduktiv?
Diese Frage ist nicht nur vor dem Hintergrund der Sponsoringengagements zu beantworten, sondern im Rahmen des gesamten Reputationsmanagements und sämtlicher Kommunikationsaktivitäten. So werden die Zieldefinitionen für das Sponsoring und die Leistungskontrolle noch wichtiger. Verhilft ein Sponsoring und seine Ausgestaltung einem Unternehmen zu einem Vertrauens- und Glaubwürdigkeitsgewinn, wird es als positiv wahrgenommen.
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Welche Veränderung der Sponsoringaktivitäten empfehlen Sie Unternehmen aus dem Finanzbereich, um das angeschlagene Image zu korrigieren und vor allem das Vertrauen in die Institution zurückzugewinnen? Wäre beispielsweise ein verstärktes Engagement im Sozialsponsoring ein Mittel?
Die Ausgestaltung des Sponsorings ist eine Frage der Gesamtstrategie. Sponsoringengagements alleine helfen nicht, sie müssen gut und intensiv von weiteren Kommunikationsmassnahmen begleitet werden. Und vor allem: Sie müssen durch unternehmerische Leistungen unterlegt werden. Andernfalls droht eine zunehmende Glaubwürdigkeitskluft. Das bedeutet zum Beispiel für Sozialsponsoring, dass es nur für jene Unternehmen sinnvoll ist, die im Bereich Corporate Social Responsibility eine führende Rolle innehaben.
Nochmals zurück zum Sport auf internationaler Basis: Das IOC beispielsweise hat in den letzten Monaten aus verschiedensten Gründen gleich vier seiner Hauptsponsoren verloren. Wie schwer wird es sein, die entsprechenden Sponsoring-Millionen andernorts zu generieren?
Die Verhandlungspositionen der Sponsoring-willigen Unternehmen sind sicherlich besser als auch schon. Das hat zur Folge, dass Sponsoring-Plattformen zurzeit günstiger zu kaufen sind als noch vor kurzer Zeit. Das bedeutet, dass man zwar Interessenten für die Sponsorings findet, der Preis aber stark gefallen ist.
Wie sehen Sie die Entwicklung im Kultur-Sponsoring?
Das Kultursponsoring dürfte es wegen dem starken Engagement der Finanzbranche relativ schwer haben. In diesem Bereich gibt es auch zahlreiche kleinere Festivals, die jetzt schon um ihr Überleben kämpfen. Hier wird sicher eine Marktbereinigung stattfinden. Diese wäre aber – vor dem Hintergrund, dass gerade im Sommer kein Land eine ähnliche Festival-Dichte kennt wie die Schweiz – so oder so früher oder später fällig gewesen und wird sich insofern «nur» etwas beschleunigen.
«Das Kultursponsoring dürfte es wegen dem starken Engagement der Finanzbranche relativ schwer haben.»
Sehr stark ist das Sponsoring in den letzten Jahren im Bereich der Wissenschaft gewachsen. So hat sich der Anteil privatwirtschaftlicher Gelder an der Finanzierung von Universitäten seit 1995 mehr als verdreifacht. Ist hier einfach mit einer Verlangsamung des Trends zu rechnen, oder werden die Sponsoring-Aktivitäten in diesem Bereich doch auch stark zurückgehen?
Diese Art des Sponsorings wird von vielen Unternehmen meist nicht als reines Sponsoring angesehen, läuft oft auch über andere Budgets. Die Annäherung von Wirtschaft und Wissenschaft wird weitergehen, daher kann sich der Trend aufgrund der Krise höchstens etwas verlangsamen, er wird nicht gestoppt.
Wir haben nun vorwiegend grosse Unternehmen thematisiert. Wie sieht die Situation bei kleineren Unternehmen aus? Könnten diese möglicherweise sogar von der momentanen Situation profitieren?
Sie können von einbrechenden Preisen für Sponsoringplattformen profitieren – wenn sie über «Deep Pockets» verfügen, also trotz aktueller Krise ihr Sponsoringbudget weiterhin aufrecht erhalten.
Welche Entwicklung erwarten Sie über das laufende Jahr hinaus?
Sowohl die Sponsorings als auch die Anlässe werden immer professioneller. So ist zum Beispiel ein Trend dahingehend sichtbar, dass der Sponsor zugleich auch Veranstalter ist. Parallel dazu verlaufen die immer strikteren Reglementierungen, die Exklusivrechte möglich machen. Exklusivrechte müssen – und das zeigt das Beispiel EURO 08 – aber gesetzlich konform sein. Daher werden auch die Gesetzgeber in ihren Entscheidungen immer schneller. Was ebenfalls abzusehen ist: Der Sport wird immer «gesellschaftsfähiger». Daher werden weitere Sponsoring-Gelder in den Sport fliessen – vor allem in einzelne hochklassige Events. Im Kulturbereich wird es einige wenige grosse Sommerfestivals geben, und daneben ausgesuchte Nischen-Angebote.
Herr Müller, besten Dank für das Interview.
Zur Person:
Christian Müller ist Geschäftsleiter von MPM Sponsoring Consulting in Zürich. Nach einer Sportkarriere als Snowboarder und Windsurfer studierte er an der ETH Zürich und in Magglingen Sportwissenschaften. Anschliessend war Christian Müller für das internationale Marketing- und Produktmanagement bei Booards and More in der Schweiz und in Österreich tätig. Als Managing Director von Positive Lines GmbH in Zug organisierte er die IFCA Weltmeisterschaften und FIS World Cups im Sportsegment und arbeitete als Projektleiter der Sportsdays bei der Messe Schweiz, Basel. Im Jahr 2006 stiess er zu MPM Sponsoring Consulting.
Zur Unternehmung:
MPM Sponsoring Consulting berät Unternehmen und Verbände und entwickelt ganzheitliche, zielgruppenspezifische Sponsoringkonzepte. Die Agentur übernimmt die strategische Planung, Entwicklung und Durchführung von Sponsorships in ganz Europa in den Bereichen Sport, Soziales, Kultur und Wissenschaft. In den letzten Jahren hat MPM das Portfolio systematisch ausgeweitet auf Corporate Events, TV-Produktionen in Zusammenhang mit Sponsoring sowie TV-Spots. MPM mit Hauptsitz in Wien ist seit Januar 2005 auch in Zürich präsent. MPM führt regelmässig vielbeachtete marktspezifische empirische Studien im Bereich Sponsoring durch.