Christian Schmidt, VR-Präsident Von Roll Inova: «Wir streben eine EBIT-Marge von 7 Prozent an»
Von André Schäppi
Moneycab: Die Von Roll Inova hat vor kurzem ein erfreuliches Jahresresultat präsentiert. Bemerkenswert dabei, die Zunahme auf Stufe betrug satte 60% (von 9.5 Mio. CHF auf 15.5 Mio.). Ist die Umwelttechnik nach wie vor ein Business, mit dem gutes Geld verdienen kann?
Christian Schmidt: Absolut. Dazu muss man übrigens Folgendes beachten: Der Umsatz hat sich lediglich moderat von 411 auf 437 Mio. CHF erhöht. Das heisst, wir haben im Bereich der Kosten, Auftragsabwicklung und Risikominimierung sehr Vieles angepackt und verbessert. Alle diese Massnahmen haben zum erfreulichen Resultat geführt. Und jetzt sind wir zuversichtlich, dass wir beim Ebit noch wesentlich zulegen können.
«Wir sind noch nicht am Ende der Optimierungen angelangt» Klaus Zink, CEO der Von Roll Inova Holding AG
Zurückgeführt wurde dieses Ergebnis auf erhebliche Verbesserungen in der Auftragsabwicklung und im Projektmanagement. Das lässt aufhorchen. Haben Sie ein internes Problem?
Christian Schmidt: Ja, Von Roll Inova hatte in der Vergangenheit interne Probleme. Die Probleme von 2003, der Beinahe-Konkurs, waren sicher Resultate davon. Von Roll war damals ein technikgetriebenes Unternehmen, das Aufträge reinnahm, die weder kostendeckend noch gewinnbringend waren. Seit der Übernahme durch Austrian Energy & Environment im Oktober 2003 haben wir allerdings an vielen Schrauben gedreht, unter anderem eben an der Auftragsabwicklung und dem Projektmanagement und stehen nun mit einem erfreulichen Resultat da.
Lässt sich da noch mehr rausholen oder hat man das Potenzial ausgeschöpft?
Klaus Zink
: Ja, wir sind noch nicht am Ende der Optimierungen angelangt. Da wir einen grossen Teil unserer Leistungen einkaufen, können wir im Procurement mit vergleichsweise geringen Verbesserungen grosse Hebelwirkungen für das Ganze erzeugen. Daran arbeiten wir bereits.Christian Schmidt: Und je besser wir in der Projektabwicklung sind, die Projekte kalkulieren, desto weniger müssen wir Rückstellungen machen, was ebenfalls wieder eine positiven Effekt hat.
Kürzlich meldete Von Roll Inova einen 220-Mio-Auftrag: Im belgischen Liège wird man eine thermische Abfallverbrennungsanlage bauen. Die Projektabwicklung von der Unterschrift bis zur Übergabe wird zwei Jahre dauern. Nochmals 24 Monate dauert die Gewährleistungszeit. Erst dann bekommen die Banken ihre vorab geleisteten Garantien zurück. Da kann viel passieren, und von Roll Inova trägt als Generalunternehmer die volle Verantwortung. Die Abhängigkeit von Lieferanten und Leistungserbringern, die ebenfalls unter grossem Wettbewerbs- und Kostendruck stehen, ist gross. Was unternimmt man, um derartige Projekte zum Erfolg zu bringen?
Klaus Zink: Als erstes haben wir uns unsere Partner ganz genau angeschaut. Das ist ein wichtiger Teil. Im Weiteren operieren wir aus Frankreich heraus, weil die dortigen Leute diesen Markt kennen und die gleiche Sprache sprechen wie unser Kunde. Dann ist die Technologie erprobt und insofern erwarten wir von dieser Seite keine nennenswerten Überraschungen.
«Wenn sich weitere Möglichkeiten ergeben, sind wir offen. So würden wir uns für eine Erweiterung im Bereich der Produktion interessieren.» Christian Schmidt, VR-Präsident der Von Roll Inova Holding AG
Christian Schmidt: Die Projektabwicklung und Risikoabschätzung stellt an die Mannschaft schon besondere Anforderungen. Aber wie vorher ausgeführt, haben wir hier optimiert. Auf der anderen Seite muss man auch sehen, dass der Anlagenbau ein risikoreiches Geschäft ist. Und deshalb ist es von grosser Bedeutung, eine ausgezeichnete Mannschaft zu haben, mit zurückhaltendem Wachstum den Überblick zu behalten und das Risiko gerade in derartigen Projekten zu minimieren. Gerade mit moderatem Wachstum gewinnen wir gegenüber Kunden und Partnern an Glaubwürdigkeit und bekommen bei Banken billigere Finanzierungen.
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Das heisst, Sie schlafen heute ruhiger als vor drei Jahren?
Christian Schmidt: (Lacht) Ich habe schon früher gut geschlafen. Und daran hat sich mit dem Einstieg bei Von Roll Inova nichts geändert.
Im Gegensatz zum Neubau ist der Service und Unterhalt mit höheren Margen sicher interessant. Welchen Stellenwert nehmen diese Bereiche für Von Roll Inova ein?
Klaus Zink: Diese Stossrichtung verfolgen wir verstärkt. Der Anteil an unserem Umsatz beträgt unter zehn Prozent und da besteht natürlich ein Potenzial, das wir noch ausschöpfen wollen. Wir können uns durchwegs vorstellen, diesen Bereich auf zwanzig Prozent auszudehnen. In Frankreich besteht etwa eine grosse Nachfrage an Leistungen zur Betriebsführung von Anlagen und wir erzielen daraus etwa einen Umsatz von rund 20 Mio. Euro.
«In Grossbritannien besteht noch ein grosser Nachholbedarf im Bereich thermischer Müllverwertung.» Klaus Zink
Christian Schmidt: Wir haben beispielsweise für Austrian Energy einen Auftrag zur Betriebsführung in Holland erhalten. Der Hintergrund dazu ist, dass wir als Anlagenbauer natürlich wissen, wie man die Anlage betreibt.
Organisches Wachstum steht im Vordergrund. Heisst das, dass keine Akquisitionen geplant sind?
Klaus Zink: Ich möchte hier einmal mit einem Missverständnis aufräumen: Aus meiner Sicht kann man eine Akquisition durchwegs als organisches Wachstum betrachten. Wenn man einen Mitbewerber mit der gesamten Mannschaft übernehmen kann, ist das wohl organischer als wenn man die gleiche Anzahl Ingenieure neu einstellt und hofft, dass man in zwei Jahren erfolgreich ist.
Christian Schmidt: Ganz aktuell haben wir eine Akquisition am abgeschlossen, bei der wir die Zustimmung des Kartellamts erhalten haben. Es handelt sich um wesentliche Teile des Bereiches Industrial Boilers and Plants von ALSTOM. Damit werden wir zur Nummer 3 in Europa unter den Anlagenbauern im Bereich Energie und Umwelt aufsteigen und ergänzen unser Portfolio sinnvoll. Wenn sich weitere Möglichkeiten ergeben, sind wir offen. So würden wir uns für eine Erweiterung im Bereich der Produktion interessieren, damit wir dieses Know-how in verstärktem Masse inhouse haben.
Welches sind die Wachstumsmärkte der Von Roll Inova?
Klaus Zink: Darunter fällt Grossbritannien, das wir vor zwei Jahren als strategisches Ziel identifiziert haben. Hier besteht noch ein grosser Nachholbedarf im Bereich thermischer Müllverwertung. Im letzten Geschäftsjahr konnten wir bereits mit strategisch bedeutsamen Vertragsunterzeichnungen erste Erfolge unserer Marktbearbeitung verzeichnen. Ein weiterer interessanter Markt ist in Südosteuropa, wenngleich dieser nicht so schnell wächst. Weitere Chancen sehen wir nach wie vor in Frankreich, des Weiteren in Italien und Spanien.
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China und Russland?
Klaus Zink: China ist ein Wachstumsmarkt, aber da operieren wir über unseren Lizenzpartner in Japan. Russland hätte einen grossen Bedarf. Aber es besteht eine grosse Diskrepanz zwischen den Kosten für die Entsorgung und den Mitteln, die dafür zur Verfügung stehen. Hier in Europa kostet die Entsorgung einer Tonne Hausmüll rund 100 Euro. Dieser Preis ist in Russland volkswirtschaftlich nicht vertretbar. Wir rechnen aber schon damit, dass der Markt längerfristig kommen wird.
«Der Börsengang ist eine Option, wenn die Rahmenbedingungen stimmen…Das hängt natürlich auch vom Börsenklima ab. Möglich wäre dies nächstes Jahr.» Christian Schmidt
Welche Erträge streben Sie eigentlich mittelfristig an?
Christian Schmidt: Wir streben eine EBIT-Marge von 7% an. Für den Anlagenbau ist das eine absolut gute Basis.
Als Bereich der Austrian Energy & Environment gehört Von Roll Inova zu A-Tec Industries von Mirko Kovats und Christian Schmidt. Die österreichischen Unternehmer setzen auf Old Economy: Die Holding vereint die Bereiche Antriebstechnik, Anlagenbau und Maschinenbau sowie Metall. Wie sieht es mit einem Börsengang aus und welche Auswirkungen hätte dies auf Ihr Geschäft?
Christian Schmidt: Der Börsengang ist eine Option, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Dadurch würden zusätzliche Mittel zur Verfügung stehen, die wir für den Ausbau der A-Tec Industries und somit auch zum Wachstum der Von Roll Inova verwenden könnten.
Und der Zeithorizont?
Christian Schmidt: Das hängt natürlich auch vom Börsenklima ab. Möglich wäre dies nächstes Jahr.
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