In New York laufen die Vorbereitungen für die Realisierung eines Projektes von Christo und Jeanne-Claude auf Hochtouren. Kurz vor diesem Grossanlass des Künstlerpaares präsentiert das CentrePasquArt in Biel eine der umfangreichsten Ausstellungen.
Die Ausstellung im CentrePasquArt in Biel führt in seinen gesamten Räumlichkeiten von 1’600m2 vor Augen: das Künstlerpaar geniesst nicht nur aufgrund der Verhüllungen weltweiten Ruhm, sondern führt seit Jahrzehnten auch sensationelle Grossprojekte in der freien Landschaft und in urbanen Gebieten durch.
Der Gang des Besuchers durch die reichhaltige Ausstellung ist ein eindrückliches Erlebnis!
DreifacherFokusDie Ausstellung von Christo und Jeanne-Claude ist inhaltlich in drei Teile gegliedert: 1. Erstmals werden die mit der Schweiz in Zusammenhang stehenden Projekte vereint und der Öffentlichkeit in einer Ausstellung zugänglich gemacht. 2. Die Ausstellung des Schirmprojektes «The Umbrellas, Japan-USA“ zeigt mit einer
umfassenden Werks- und Dokumentationszusammenstellung erstmals in einem Museum weltweit das wohl grösste realisierte Projekt der Künstler auf zwei Kontinenten. 3. Die Räume mit einer Werkauswahl von «The Gates“ erlauben in Europa die einmalige Gelegenheit, Einblick in das kommende Projekt für den Central Park, New York City, das in ein paar Monaten realisiert wird, zu nehmen.
Unter dem Titel «Swiss Projects 1968-1998» ist in der Ausstellung eine Auswahl von Zeichnungen, Modellen,
Collagen und Fotografien der Schweizer Projekte des Künstlerpaares zusammengestellt. Nachdem Jeanne-
Claude ein Teil ihrer Kindheit in der Schweiz verbrachte und Christo für kurze Zeit in Genf lebte, entstanden in
der Folge in jedem Jahrzehnt neue Projekte für verschiedene Schweizer Städte. Nebst der bekannten
Verhüllung der Kunsthalle Bern 1968 und den verhüllten Bäumen in Riehen 1998, sind hier – u.a. mit dem
dreiteiligen Genferprojekt der 70er Jahre – selbst für Christokenner Überraschungen und ‚vergessene’
Projekte (neu) zu entdecken. Im Gegensatz zur Präsentation von „The Umbrellas“ wird dieser Teil in einer
eher klassisch lockeren Hängung präsentiert.
Räumlich nimmt die grosse Werkzusammenstellung im Neubau des CentrePasquArt «The Umbrellas, Japan-USA, 1984-1991, a Documentation Exhibition» den grössten Teil ein. Die weltweit erstmals in einem Museum gezeigte Ausstellung zeigt die vollständige Geschichte und Verwirklichung des spektakulären Schirm-Projektes in Japan und den USA. Die grosse Anzahl Exponate (zahlreiche Originalwerke und Dokumentarisches) und ihre beeindruckende Disposition – die von Christo so für die aktuelle Ausstellung konzipiert wurde – lässt die Monumentalität des Projektes erahnen und das Erlebnis, sich darin zu bewegen,
nachfühlen. Zwei unvorstellbar riesige Landschaftsflächen in den USA und in Japan wurden gleichzeitig mit Tausenden von Schirmen übersäht. Auch die technische Komplexität und die aufwändige jahrelange Abklärungs- und Vorbereitungszeit kommen zum Ausdruck. Es ist eindrücklich, was es alles zu verhandeln, mit Verträgen zu regeln und technisch vorzubereiten galt. Der Gang des Besuchers durch das Kunsthaus wird zu einem wahren Erlebnis.
Nebst diesem realisierten Grossprojekt präsentiert die Ausstellung in einem dritten Teil in drei Räumen nur wenige Monate vor der Realisierung (im Februar 2005) das nächste imposante Projekt mit 7’500 Toren: «The Gates, Project for Central Park, New York City». Die Gegenüberstellung dieser Arbeiten mit denjenigen der Umbreallas lässt auch die Monumentalität und Komplexität dieser kommenden temporären Installation erahnen. Die Werkauswahl gibt bereits einen Vorgeschmack auf den kommenden Grossevent.
(Text: Dolores Denaro, Direktorin CentrePasquArt)
Swiss Projects, 1968-1998Fondation Beyeler und Berower Park, Riehen, Schweiz, 1997-98, Christo und Jeanne-Claude, Foto: Wolfgang Volz
© 1998 Christo
Basel
Für Basel entstanden über mehrere Jahrzehnte hinweg verschiedene Projekte. 1984 erfolgte anlässlich der Eröffnung des Architekturmuseums im Pfluggässlein die Verhüllung der neuen Ausstellungsräumlichkeiten und des Treppenhauses. 1998 ermöglichte der Freund und Sammler Ernst Beyeler die faszinierende, poetisch anmutende Verhüllung von 175 Bäumen im Berower Park und in der Fondation Beyeler in Riehen. Damit wurde abermals ein seit 1966 geplantes Projekt, das Verhüllen von Bäumen, zum ersten Mal in der Schweiz ermöglicht.
Genf
1975 erarbeiteten Christo und Jeanne-Claude anlässlich einer Ausstellung im Musée Rath ein dreiteiliges Projekt für Genf. Sie planten, gleichzeitig drei der wichtigsten Wahrzeichen der Stadt zu verhüllen: Die Mauer der Reformatoren, die Reiterstatue des General Dufours und den Jet d’eau.
Das Vorhaben wäre für Genf eine Sensation gewesen. Doch die Stadt war nicht bereit dafür und an eine Bewilligung für Christos Genfer Projekte war nicht zu denken. Wie aus den zahlreichen Zeitungsberichten und der Korrespondenz aus der Zeit hervorgeht, waren die Kritiken unterschiedlichster Art. Zwar freute sich die ‘Tribune de Genève’: «Un américain veut empaqueter le jet d’eau et la statue du Général Dufour!“ Ansonsten waren in der Lokalpresse ganz andere Kritiken zu lesen. Die Verhüllung des Jet d’eau wurde schlicht als technisch nicht realisierbar beurteilt. Die geplante Verhüllung der Statue des Generals und v.a. der Reformatoren löste heftige Reaktionen aus.
Biel
Zwanzig Jahre nach der Ausstellung in dem von den Architekten Diener & Diener umgebauten Architekturmuseum Basel zeigt das CentrePasquArt in Biel in seinen – vom gleichen Architekturbüro um- und angebauten – Räumlichkeiten nun nach langem eine umfangreiche, dreiteilige Ausstellung von Christo und Jeanne-Claude in der Schweiz.
16 Februar 2005 in NY
Gates
Die Tore, Projekt für den Central Park, New York City, USA
Collage 2002, 55,9 x 43,2 cm, Foto: Wolfgang Volz
© 2002 Christo
Die 7.500 Tore werden 4,87 m hoch sein und in ihrer Breite entsprechend den Massen der Parkwege im Central Park zwischen 1,82 m und 5,48 m variieren und sie werden im rechten Winkel zu den 37 km ausgewählten Fusswegen im Central Park stehen. Freihängende Gewebebahnen schweben vom oberen horizontalen Rohr des Tores herab bis auf eine ungefähre Höhe von 2,13 Metern über dem Boden. Die Tore stehen in Abständen von 3 bis 4,5 Metern zueinander. Die synthetischen, gewebten Paneele können so horizontal bis an das nächstliegende Tor wehen und können auch von weit weg durch die blätterlosen Zweige der Bäume gesehen werden. Das temporäre Kunstwerk ist für Februar 2005 für eine Dauer von 16 Tagen vorgesehen. Danach werden die 7.500 Tore wieder entfernt und die Materialien wiederverwertet.
So wie Christo und Jeanne-Claude es bei den vorherigen Projekten immer getan haben, wird auch The Gates vollständig durch den Erlös vom Verkauf von Studien, vorbereitenden Zeichnungen und Collagen sowie Modellen, früheren Werken aus den Fünfziger- und Sechzigerjahren und Originallithographien über andere Werke bezahlt. Die Künstler akzeptieren keinerlei Sponsorengelder. Weder die Stadt New York noch die Parkverwaltung müssen irgendwelche Kosten für The Gates tragen.
Swiss Projects
Im Verlaufe ihrer künstlerischen Tätigkeit gab es immer wieder Berührungspunkte zwischen Christo und Jeanne-Claude und der Schweiz. Seit Jeanne-Claude von 1948 bis 1951 vier Jahren die Schule in Fribourg besuchte und Christo 1957/58 für kurze Zeit in Genf lebte, blieb der Kontakt zur Schweiz bis heute bestehen. Quasi in jedem Jahrzehnt erfolgte ein neues Schweizer Projekt.
Bern
«Bereits 1964 war uns klar, dass die Verhüllung eines Gebäudes nur innerhalb der Museumswelt möglich sein würde.“ Christo und Jeanne-Claude entwarfen insgesamt Verhüllungsprojekte für fünf Museen: für die Nationalgalerie in Rom, die Kunsthalle Bern, das Whitney Museum of American Art, das Museum of Modern Art in New York und für das Museum of Contemporary Art in Chicago. Von der Idee begeistert, lud Harald Szeemann Christo und Jeanne-Claude zur Teilnahme an der internationalen Gruppenausstellung «50 Jahre Kunsthalle Bern – 12 Environments“ ein. So waren die Kunsthalle Bern und insbesondere ihr Leiter die ersten, die an die Künstler glaubten und 1968 den Mut dazu aufbrachten, ein solches Projekt in die Tat umzusetzen.
Die Verhüllung der Kunsthalle Bern war sowohl für den Leiter als auch für die Künstler ein wichtiger Meilenstein. Szeemann verhalf sie dazu, die Grenzen der Ausstellungsmöglichkeiten zu sprengen.
Der Weg war frei für Ungewohntes und Neues. Für Christo und Jeanne-Claude war es der Startschuss zu ihren Verhüllungen öffentlicher Gebäude, die schliesslich 1995 mit der Realisierung von «Verhüllter Reichstag, 1971-1995“ in Berlin den Höhepunkt erreichen. Unmittelbar nach Bern folgte 1969 die zweite und gleichzeitig letzte Verhüllung eines Museumsgebäudes; das Museum of Contemporary Art in Chicago.