«Dies ist ein bedeutsamer Tag», sagte Fiat-Chef Sergio Marchionne, der künftig auch Vorstandschef des amerikanischen Herstellers ist. Das gelte nicht nur für die Chrysler-Beschäftigten, sondern auch für die weltweite Autoindustrie.
Hoffnung auch für GM
Der ungewöhnlich schnelle Abschluss des Verfahrens gibt auch dem grössten US-Autobauer General Motors (GM) Anlass zur Hoffnung. Die bisherige Opel-Mutter steckt seit Anfang Juni in der Insolvenz und will binnen 60 bis 90 einen Neuanfang über eine weitgehende Verstaatlichung schaffen. Der Fall ist aber weit komplizierter.
Oberstes Gericht machte Weg frei
«Wir beabsichtigen, auf Chryslers Innovations-Kultur und Fiats Technologie und Fachverstand aufzubauen, um Chryslers Produktpalette in Nordamerika und darüber hinaus auszubauen», sagte Marchionne. Umweltfreundliche, verbrauchsarme, hochqualitative Fahrzeuge sollen künftig zum Markenzeichen werden, kündigte er an. Die Italiener zahlen für den Einstieg kein Geld, sondern bringen dringend benötigte spritsparende Technik und Kleinwagenmodelle ein.
Erst wenige Stunden zuvor hatte das Oberste Gericht der USA den Weg für den raschen Einstieg von Fiat bei dem insolventen US- Autobauer frei gemacht. Der Supreme Court hob die am Montag verfügte Blockade des Geschäfts wieder auf, die eine kleine Gruppe von Gläubigern – darunter vor allem drei Rentenfonds aus dem US-Staat Indiana – beantragt hatte. Sie hätten nicht nachweisen können, dass eine solche Verzögerung gerechtfertigt sei, hiess es zur Begründung.
UAW hält vorerst Mehrheit an Chrysler
Vorerst hält die Autogewerkschaft UAW – im Gegenzug für Milliarden-Zugeständnisse – über ihren Betriebsrentner-Gesundheitsfonds die Mehrheit am neuen Unternehmen. Den Rest bekommen die USA und Kanada. Fiat darf erst die Mehrheit übernehmen, wenn alle Schulden gegenüber den beiden Staaten abbezahlt sind. Die bisherigen Gläubiger müssen sich im Zuge des Verkaufs mit rund zwei Milliarden Dollar (1,4 Mrd Euro) zufriedengeben. Bei ihnen stand Chrysler zuletzt mit knapp sieben Milliarden Dollar in der Kreide.
Chrysler mit 54’000 Mitarbeitern weltweit
Fiat will durch den Schritt auf dem US-Markt wachsen, um eine in der Zukunft ausreichende Grösse im Wettbewerb mit anderen Herstellern zu haben. Ursprüngliche wollte Fiat dazu auch den deutschen Autobauer Opel übernehmen. Die bisherige Tochter von General Motors (GM) soll nun aber an den österreichisch-kanadischen Zulieferer Magna und dessen russische Partner gehen. Chrysler hat 38.000 Beschäftigte in den Vereinigten Staaten und 54.000 weltweit.
Erfolg für Obama
Der überraschend schnelle Neustart von Chrysler ist ein Erfolg für US-Präsident Barack Obama, der ein Verlassen der Insolvenz nach 30 bis 60 Tagen als Ziel ausgegeben hatte. Viele Juristen hatten dies aufgrund bisheriger Erfahrungen mit solchen Verfahren nicht für möglich gehalten. Die von Chrysler abgespaltenen Altlasten werden noch längere Zeit zum Verkauf oder zur Abwicklung in der Insolvenz bleiben.
Langfristiger Erfolg von Chrylser keineswegs sicher
Ein langfristiger Erfolg des neuen Unternehmens Chrysler ist für Branchenexperten allerdings keineswegs sicher. Auch dem Doppel Fiat-Chrysler könnte für dauerhafte Gewinne die ausreichende Grösse fehlen. Gemeinsam kamen sie 2008 rechnerisch auf rund 4,2 Millionen verkaufte Autos. Marchionne bezeichnete stets knapp sechs Millionen Fahrzeuge als die kritische Marke. Bis zum erfolgreichen Start neuer Chrysler-Modelle in den USA könnte nach Ansicht der Fachleute zudem viel Zeit vergehen. (awp/mc/pg/29)