Sondierungsgespräche zwischen hochrangigen Managern beider Unternehmen haben demnach bereits begonnen. Beide Unternehmen lehnten Stellungnahmen ab. Die «Süddeutsche Zeitung» berichtete, denkbar sei eine Allianz nach dem Vorbild von Renault und Nissan. Eine Komplettübernahme der US-Tochter von DaimlerChrysler durch den weltgrössten Autohersteller GM gilt hingegen unter Experten als unwahrscheinlich. Generell gebe es aber die Option für einen Verkauf von Chrysler, berichtete die «Detroit News».
Allianz zwischen Renault und Nissan als Vorbild
Die Initiative für die Gespräche mit GM sei von Chrysler ausgegangen, hiess es in dem Bericht der «SZ» weiter. Vorbild für eine künftige Zusammenarbeit könnte die Allianz zwischen dem französischen Renault-Konzern und der japanischen Nissan-Gruppe sein. Dabei würden General Motors und Chrysler im Prinzip unabhängig bleiben, eventuell aber kapitalmässig verflochten. Bei der Entwicklung, der Produktion und dem Verkauf von Autos könnten beide Konzerne wie ein einziges Unternehmen handeln. Wenn eine solche Konstellation für GM einen Vorteil bringen würde, dann wäre der weltgrösste Autokonzern zu einer Allianz bereit, hiess es in mit den Vorgängen vertrauten Kreisen.
Spekulationen einer vollständigen Übernahme
Spekulationen über eine vollständige Übernahme von Chrysler durch General Motors hatten zuvor den Kurs der DaimlerChrysler-Aktie am Freitagabend nach zwischenzeitlichen Gewinnmitnahmen wieder steigen lassen. Das Papier legte 1,31 Prozent auf 54,12 Euro zu und war damit den dritten Tag in Folge stärkster Wert im Dax. Die «Automotive News Europe» hatte zuvor berichtet, es gebe Gespräche auf hoher Ebene zwischen DaimlerChrysler und GM über eine vollständige Übernahme von Chrysler. Nach Informationen der «SZ» wird sich der ebenfalls krisengeschüttelte GM-Konzern aber nicht eine Problemfirma wie Chrysler per Kauf ins Haus holen.
Chrysler-Allianzen seien wahrscheinlicher
Viele amerikanische Analysten sind wegen der weitgehenden Überschneidung der Produktpaletten von Chrysler und GM in Nordamerika im Hinblick auf eine Übernahme sehr skeptisch. GM würde durch einen Chrysler-Kauf zudem von seinen eigenen Restrukturierungsplänen zur Sanierung des schwachen nordamerikanischen Geschäfts abgelenkt. Ausserdem habe Chrysler ebenso wie General Motors gewaltige Krankenversicherungs- und Betriebsrentenverpflichtungen. Chrysler-Allianzen mit anderen Autoherstellern halten viele Experten für wahrscheinlicher – sie würden Ersparnisse bei der Entwicklung und Fertigung von Autos bringen.
Skepsis über ein Kauf von Chrysler durch GM
GM habe einen US-Automarktanteil von 24,3 Prozent und Chrysler von 13 Prozent. Falls GM Chrysler kaufen und alle Operationen behalten sollte, würde GM wieder einen Automarktanteil von etwas mehr als einem Drittel erhalten, schrieb die «New York Times» am Samstag in ihrer Onlineausgabe. Die Zeitung strich jedoch auch die Skepsis der amerikanischen Autofachleute im Hinblick auf einen Kauf von Chrysler durch GM hervor.
Toyota baut Fabriken
Mit einem Chrysler-Kauf könne GM jedoch leicht die Herausforderung von Toyota abwehren. Toyota habe mit einem Marktanteil von 15,4 Prozent Chrysler im vergangenen Jahr als drittgrössten Mitspieler im amerikanischen Markt überholt. Toyota sei auf dem Weg Ford vom zweiten Platz zu verdrängen. Toyota baue Fabriken, während Ford sie im Rahmen seines Restrukturierungsplans schliesse.
Prospekt für potenzielle Käufer erwartet
Auch die «Detroit News» betonte, ein Verkauf von Chrysler an GM sei kein wahrscheinliches Szenario. Das heisse aber nicht, dass es keine Verkaufsbemühungen gebe. Die Investmentbank JP Morgan Chase, mit der DaimlerChrysler zusammenarbeite, habe den Londoner Fusions- und Übernahmespezialisten Lawrence Slaughter beauftragt, einen möglichen Verkauf zu betreuen. Es werde erwartet, dass es bald einen Prospekt für potenzielle Käufer geben werde. (awp/mc/ab)