Die Märkte reagierten am Freitag auf den historischen Schritt in der US-Bankenbranche mit Entsetzen: Die Citi-Aktie stürzte fast ins Bodenlose und riss die Märkte weltweit mit. Der Eingriff des Staates heizte die Spekulationen weiter an, welches US-Institut als nächstes womöglich sogar komplett von der Regierung übernommen werden könnte.
Krise beschleunigt sich
Die Krise der Citigroup beschleunigte sich nochmals dramatisch: Für 2008 gab sie am Freitag überraschend neue Wertberichtigungen von 9,6 Milliarden Dollar (7,5 Mrd Euro) vor Steuern bekannt. Damit liegt der Rekordverlust für das vergangene Jahr mit nun 27,7 Milliarden Dollar noch einmal um knapp die Hälfte höher als kürzlich verkündet. Schon bisher zählte die Bank zu den weltweit grössten Verlierern der Finanzkrise. Die Teilverstaatlichung der Citigroup erfolgt über eine Umwandlung von maximal 25 Milliarden Dollar an bestehenden Vorzugsaktien des Staates in Stammaktien. Bedingung der US-Regierung: Auch private Investoren müssen zuvor über diesen Weg mindestens in derselben Höhe zur Stärkung der Kapitalbasis beitragen.
Dritte Rettungsaktion
Es ist die bereits dritte Rettungsaktion für die Bank. Insgesamt stellte ihr der Staat bereits Hilfen in Höhe von knapp 350 Milliarden Dollar bereit. Über die Kapitalspritzen von 45 Milliarden Dollar spannte die Regierung einen enormen Garantieschirm von mehr als 300 Milliarden Dollar für ausfallgefährdete Wertpapiere. Angesichts der Schieflage wird nun auch der Verwaltungsrat der Citigroup auf Druck der Regierung massiv umgebaut. Sobald als möglich soll die Mehrheit der Mitglieder von aussen kommen und unabhängig sein. Spekulationen über eine mögliche Ablösung von Konzernchef Vikram Pandit bestätigten sich dagegen zunächst nicht. Pandit sagte, mit dem gestärkten Kapital sollte nun auch die Frage des fehlenden Vertrauens in die Bank vom Tisch sein.
Gerüchte über Zerschlagung
An der Börse gab es allerdings bereits Gerüchte zu einer völligen Zerschlagung der Bank. Für weitere Unruhe sorgt der schwer angeschlagene US-Versicherer AIG, dem Berichten zufolge sogar ein Jahresverlust für 2008 von rund 100 Milliarden Dollar droht. Grössere Investoren wie etwa Singapurs Staatsfonds GIC beteiligen sich laut Citigroup an dem beschlossenen Kapitalschritt. Sollten alle Parteien mitziehen, würde das Eigenkapital der Bank von bisher knapp 30 auf rund 81 Milliarden Dollar aufgestockt.
Keine Ausschüttung
Die Alt-Aktionäre müssen im Zuge der Aktienumwandlung auf ihre Ausschüttung verzichten – die Dividende wird zunächst ausgesetzt. Zudem spart Citi künftig Zinszahlungen in Milliardenhöhe, die bisher für die Vorzugsaktien fällig waren. Die Anteile bestehender Aktionäre sinken durch die grössere staatliche Beteiligung deutlich. Für die Umwandlung bestehender Anteile fliessen nach Angaben der Citi keine zusätzlichen Staatsgelder. Das Umtauschverhältnis basiert auf einem Aktienkurs von 3,25 Dollar pro Papier, weit mehr als die Aktie aktuell wert ist.
Aktie bricht ein
Die Citi-Aktie stürzte am Freitag im frühen US-Handel erneut um über 30 Prozent auf knapp 1,70 Dollar ab. Binnen eines Jahres hat sie mehr als 90 Prozent ihres Werts verloren. Der steile Kursverfall weckt Erinnerungen an den Absturz von US-Banken im Herbst, der etwa der Investmentbank Lehman Brothers das Genick gebrochen hatte. Das Aus für Lehman sorgte für einen Höhepunkt der Finanzkrise mit weltweiten Schockwellen, die wiederum zur aktuellen Wirtschaftskrise führten. (awp/mc/pg/03)