Kunz verweist dabei auf die Historie des SMI. Dabei zeigt sich, dass das Schweizer Aktienbarometer 1932, respektive 1975 und 1988, also jeweils ein Jahr nach einem Börsencrash, sich wieder deutlich erholen konnte. Am stärksten fiel die Erholung 1975 mit einem Plus von fast 50% aus, nachdem im Jahr davor der SMI 34% eingebüsst hatten. Im vergangenen Jahr betrug der Rückschlag 35%. Rein historisch betrachtet schlummert damit gemäss Kunz im Schweizer Aktienmarkt ein erhebliches Erholungspotenzial.
Aktien momentan tief bewertet
Nach fundamentalen Kriterien betrachtet seien Aktien derzeit tief bewertet. Dies habe allerdings auch einen Grund, so Kunz weiter. Denn noch gibt es erhebliche Risiken, die einer Erholung im Wege stehen könnten. So ist eine weitere Eskalation der Finanzkrise möglich und noch ist nicht absehbar, wie stark sich die globale Wirtschaft abschwächen wird. Zudem wurde in den Kursen die Deflation als neues Risiko eingepreist.
Sechs Voraussetzungen für wirtschaftliche Erholung
Damit sich die Wirtschaft wieder nachhaltig erholen kann, müssen gemäss Kunz sechs Voraussetzungen erfüllt sein: Die Kapitalzufuhr für die wichtigsten Banken muss sichergestellt sein, der Interbankenmark muss wieder belebt werden, der Zugang der Unternehmen und Konsumenten zu Finanzierungsquellen muss sich verbessern, der amerikanische Immobilienmarkt muss sich erholen, die expansive Geldpolitik der wichtigsten Zentralbanken muss anhalten und schliesslich muss die Wirtschaft durch eine expansive Fiskalpolitik zusätzliche Unterstützung erhalten.
Themen Kapitalzufuhr und expansive Geldpolitik abgehakt
Erst zwei dieser Voraussetzungen sieht Kunz als bereits erfüllt an. Dank dem Eingreifen der Regierungen und der Notenbanken sind die Themen Kapitalzufuhr für die Banken sowie expansive Geldpolitik abgehakt. Noch gar keine Wende zum Besseren sieht er hingegen im US-Immobilienmarkt.
Wiederholung einer Grossen Depression unwahrscheinlich
Deshalb gehen die Strategen von Clariden Leu nicht von einer raschen wirtschaftlichen Erholung aus. Eine Wiederholung der Grossen Depression von 1929 bis 1933 erachten sie indes als unwahrscheinlich, da die Lehren aus den damaligen Fehlern gezogen worden seien. So habe beispielsweise die Geldpolitik heute einen grösseren Handlungsspielraum verglichen mit dem damals angewandten unflexiblen Goldstandard.
Hindernder Protektionismus (noch) nicht im Spiel
Ausserdem würden die Staaten derzeit die Banken unterstützen, während sie damals fallengelassen wurden. Die Regierungen würden Fiskalpakte zur Konjunkturunterstützung einsetzen während sie in der Zeit der grossen Depression die Staatsausgaben senkten. Auch fungiere ein ausgebauter Sozialstaat als Stabilisator für die Wirtschaft und ein Wachstum hindernder Protektionismus sei im Gegensatz zu damals noch nicht ins Spiel gebracht worden, so Kunz weiter.
Aus früheren Erfahrungen lernen
Aufgrund der damals gezogenen Lehren erwarten die Experten ausserdem, dass die Notenbank rechtzeitig den Zeitpunkt erkennen werden, wann sie wieder von der expansiven Geldpolitik abrücken müssen, um einem sich aufbauenden Inflationsrisiko vorzubeugen.
Diversifikation als zentrale anlagepolitische Schlussfolgerung
In diesem von Unsicherheiten geprägten Umfeld sehen die Experten in der Diversifikation die zentrale anlagepolitische Schlussfolgerung für 2009. Clariden Leu sei grundsätzlich «konstruktiv» aber vorsichtig, sagte Kunz. In Aktien seien sie neutral (42% des Portefeuilles) gewichtet. Schwergewichtig seien sie in defensiven Branchen wie Nahrung und Pharma sowie im Bereich Infrastruktur positioniert, ergänzte der Stratege. Favorisiert würden indes Anleihen von qualitativ guten Unternehmen mit stabilem Kerngeschäft und gesicherten Finanzierungsquellen. (awp/mc/ps/24)