«Wir werden im Interesse der Konsumenten versuchen, die Verfahren so schnell wie möglich durchzuziehen», sagte ComCom-Präsident Marc Furrer am Donnerstag vor den Medien. Die Auseinandersetzungen um die Bedingungen der Entbündelung zwischen Swisscom und einer Mitbewerberin wie Sunrise könnten sich aber dennoch über ein bis zwei Jahre hinziehen.
Rechtsweg scheint unausweichlich
Für investitionswillige Mitbewerber wird durch eine lange Verfahrensdauer die ohnehin schon problematische Unsicherheit über die Kosten weiter erhöht. Dass der Rechtsweg beschritten wird, scheint jedoch unausweichlich: Die Konkurrenten der Ex-Monopolistin haben den auf monatlich 31 CHF festgelegten Preis für die letzte Meile bereits als unrealistisch kritisiert und eine Einigung auf dem Verhandlungsweg in Frage gestellt.
Lange Verfahrensdauer absehbar
Zunächst setzen sich die Kontrahenten gemäss Fernmeldegesetz für maximal drei Monate an den Verhandlungstisch. Wird keine Einigung erzielt, bestimmt die ComCom in einem bis zu sieben Monate dauernden Verfahren Preise und Bedingungen, anschliessend steht der Weg ans Bundesgericht offen. Damit sei eine Verdoppelung der Verfahrensdauer «locker möglich», sagte Furrer.
Verfahren sollen nicht verzögert werden
Die ComCom appelliere deshalb an Swisscom, nicht zu «filibustern», die Verfahren nicht taktisch zu verzögern. CEO Carsten Schloter habe ihm bereits zugesichert, sich kooperativ zu verhalten. Juristenfutter bietet die Entbündelung aber auf jeden Fall: Auch der ComCom-Präsident liess durchblicken, dass er den von der Marktführerin festgesetzten Preis von 31 CHF für nicht ganz billig hält.
ComCom hält Entbündelungspreis für zu hoch
Im europäischen Vergleich schwinge der von Swisscom festgelegte Entbündelungspreis schon etwas obenaus, sagte er. «In der Schweiz sind die Baukosten sicher höher, ich weiss aber nicht, ob das tatsächlich soviel ausmacht, wenn ich beispielsweise mit Österreich vergleiche». Swisscom hatte hauptsächlich Baukosten als Grund für den vergleichsweise hohen Preis angeführt.
Angepeilte Preishöhe relativiert
Furrer relativierte die von der Marktführerin angepeilte Preishöhe auch mit einem Verweis auf frühere Verfahren. In den Interkonnektionsverfahren zwischen Swisscom und ihren Konkurrenten habe praktisch die gleiche Ausgangssituation geherrscht, und dort seien die Preise während den Verfahren jeweils gesunken. Er erklärte zudem, für die Dauer der Verfahren müsse wohl ein Übergangspreis festgelegt werden.
Kritik an Regelung des Fernmeldegesetzes
Grundsätzliche Kritik übte Furrer an Regelung des Fernmeldegesetzes, wonach die Preise auf dem Verfahrensweg festgelegt werden, nachdem die Verhandlungen bereits geplatzt sind. Dies sei «volkswirtschaftlich unsinnig». Sinnvoller wäre – wie in der EU – eine vorgängige Preisbestimmung durch den Regulator gewesen.
Streitpunkt Breitbandzugang
Ein weiterer Streitpunkt ist die Weigerung der Swisscom, mangels marktbeherrschender Stellung ihren Konkurrenten auch die Anlagen fürs Breitband-Internet zu öffnen. «Ich war etwas überrascht von der Swisscom-Position, nicht marktbeherrschend zu sein», sagte Furrer.
Frage der Marktbeherrschung offen
Zudem habe die Rekurskommission in einem früheren Interkonnektionsverfahren die Frage der Marktbeherrschung offen gelassen. Der Fall sei deshalb anders als von Swisscom behauptet nicht auf die heutige Situation anwendbar.
ComCom zieht Schraube gegen aggressive Telekomverkäufer an
Nach einer Flut von Missbräuchen zieht die Eidg. Kommunikationskommission (ComCom) die Schraube gegen aggressive Telekomverkäufer an. Sie verstärkt den Konsumentenschutz beim telefonischen Wechsel des Festnetzanbieters. «Es gibt das Beispiel einer Frau, die von einem Verkäufer überschwatzt wurde, zu Sunrise zu wechseln. Und als sie das am Abend ihrem Mann erzählt hat, hat der gesagt: Schatz, wir sind ja schon bei Sunrise», umriss ComCom-Präsident Marc Furrer am Donnerstag vor den Medien in Zürich die Auswüchse der Branche.
Ganzes Verkaufsgespräch wird aufgenommen
Neu müsse das ganze telefonische Verkaufsgespräch aufgenommen werden, damit man belegen könne, dass der Kunde nicht in die Irre geführt worden sei. Bei dieser Aufzeichnung dürfe der Kunde auf keinen Fall beeinflusst werden und müsse dem mündlichen Vertragsabschluss ausdrücklich zustimmen.
Streitfall: Anbieter muss Beweise vorlegen
Im Streitfall müsse der Anbieter die Beweise für den Vertragsabschluss innerhalb von 10 Tagen vorlegen, sagte Furrer. Andernfalls müsse der Telekomanbieter alle Massnahmen ergreifen, um den ursprünglichen Anbieter wieder aufzuschalten. Damit werde es einfacher eine fälschliche Änderung des Anschlusses rückgängig zu machen. Bisher musste der Kunde selber diese Schritte unternehmen.
Testnummer künftig kostenlos
Schliesslich möchte die ComCom, dass die Kunden einfacher erfahren, bei welchem Anbieter sie überhaupt sind. Deshalb ist die Testnummer 0868 868 868 künftig kostenlos, die den Namen des aktuellen Festnetzanbieters bekannt gibt. (awp/mc/ar)