Ein Anfang November zusätzlich zu laufenden Restrukturierungen angekündigtes Kostensenkungsprogramm sei inzwischen das grösste in der Firmengeschichte, teilte Continental nach einer Sitzung des Aufsichtsrats in Hannover mit. Conti steht kurz vor der Übernahme durch das Familienunternehmen Schaeffler. Die Conti-Aktie reagierte auf die Nachrichten zunächst mit einem deutlichen Kursrückgang, schoss Minuten später jedoch nach oben. Zuletzt wurde das Papier 3,1 Prozent fester bei 38,35 Euro gehandelt, während der DAX lediglich 0,5 Prozent höher notierte.
EBIT-Marge weiter runter
Mit Blick auf die drastische Verschärfung der Auto-Absatzkrise in Westeuropa und Nordamerika schraubte Continental seine Gewinnziele erneut nach unten. Beim Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) erwartet der Konzern für 2008 nun eine Marge von 7,5 bis 8,0 Prozent, bereinigt um Abschreibungen aus der Kaufpreisallokation sowie um Restrukturierungs- und Integrationsaufwendungen. Erst Mitte September hatte Conti die Prognose gesenkt. Statt einer EBIT-Marge von ursprünglich 9,3 Prozent hatte der Konzern damals für das Gesamtjahr 2008 eine Marge von rund 8,5 Prozent angestrebt.
Umfrangreiches Kostensenkungsprogramm
Ein Kostensenkungsprogramm im «hohen dreistelligen Millionenbereich» sei in Kraft, hiess es. Ende Oktober hatte Conti mitgeteilt, die Zahl der Leiharbeiter drastisch zu reduzieren, die Werksferien zum Jahreswechsel stark auszuweiten und je nach Standort und Auftragslage die Arbeitszeiten zu verringern. Nicht dringend erforderliche Investitionen würden auf Eis gelegt. Ziel sei es, bei einer Erholung der Märkte zu den Gewinnern zu gehören, sagte Vorstandschef Karl-Thomas Neumann am Mittwoch.
Schuldenabbau weiter im Blick
Die Produktionskürzungen der Kunden im vierten Quartal seien stärker als erwartet gewesen. «In Summe werden im laufenden Quartal alleine in Europa und den USA 1,5 Millionen weniger Fahrzeuge gebaut als geplant. Das entspricht in etwa dem gesamten Produktionsrückgang der ersten drei Quartale in diesen Regionen und betrifft nahezu alle Fahrzeughersteller», sagte Neumann. Conti habe aber den Schuldenabbau weiter «fest im Blick», sagte Finanzvorstand Alan Hippe. «Der Verzicht auf Dividendenzahlungen würde für die Geschäftsjahre 2008 und 2009 einen starken Beitrag zum Schuldenabbau und damit eng verbunden zur Absicherung unserer finanziellen Stabilität leisten.» Basierend auf der für das Geschäftsjahr 2007 gezahlten Dividende von zwei Euro pro Aktie ergäbe sich eine Entlastung von rund 338 Millionen Euro pro Jahr. Conti hatte sich für den milliardenschweren Kauf der früheren Siemens- Tochter VDO hoch verschuldet.
Abschreibungsrisiko
Neumann sagte, angesichts des für 2009 vorhergesagten Absatzeinbruchs insbesondere in den Automärkten Westeuropas und Nordamerikas bestehe das Risiko, in der Jahresbilanz 2008 Goodwill- Abschreibungen von bis zu rund einer Milliarde Euro in der Automotive Group vornehmen zu müssen. Wichtiges Ziel bleibe es, die Eigenkapitalquote «nach Kräften» wieder zu stärken. In diesem Zusammenhang würden weiterhin alle denkbaren Optionen geprüft. Conti hatte auch den Verkauf seiner Reifensparte nicht ausgeschlossen.
Der Aufsichtsrat verlängerte den Vertrag von Neumann um fünf Jahre. Neumann ist seit Oktober 2004 im Conti-Vorstand und rückte Anfang September 2008 zum Vorstandschef auf. Sein Vorgänger Manfred Wennemer war im Zuge von Querelen im Zusammenhang mit der Übernahme durch Schaeffler zurückgetreten.
Aufsichtsrat blockiert zügigen Verkauf der Gummisparte
Der Continental-Aufsichtsrat hat einem Pressebericht zufolge den Wunsch des Hauptaktionärs Schaeffler eines zügigen Verkaufs der Gummisparte abgelehnt. Zudem solle jedwede industrielle Zusammenarbeit mit Schaeffler von Conti-Managern geführt werden, berichtet die «Financial Times» am Donnerstag unter Berufung auf eingeweihte Kreise. Conti wolle im Zusammengang mit dem wesentlich kleineren Konkurrenten die Oberhand haben. Wenn David und Goliath zusammen gingen, müsse Goliath die Führung haben, zitiert die Zeitung ihre Kreise. (awp/mc/pg/33)