Continental-Spitze uneins über Schaeffler-Übernahmeangriff

Der Conti-Aufsichtsrat werde sich erst äussern, wenn genauere Angaben vorliegen, teilte der Chef des Gremiums, Hubertus von Grünberg, mit. Medien hatten zuvor geschrieben, die beiden Chefs in Vorstand und Aufsichtsrat hätten sich im Kampf um die Macht bei Conti entzweit.


Meinungsbildungsprozess läuft
Der Aufsichtsrat habe die Entscheidung der Schaeffler-Gruppe zur Abgabe eines Übernahmeangebotes zur Kenntnis genommen. Sobald die Offerte «ausreichend konkretisiert» sei, werde es im Aufsichtsrat dazu einen Meinungsbildungsprozess und eine Stellungnahme geben, teilte von Grünberg am Donnerstagabend in Hannover mit. Dabei würden die Interessen der Aktionäre im Vordergrund stehen. Weiter erklärte Grünberg: «Als Vorsitzender des Aufsichtsratsgremiums, das in der Regel zu einem gemeinsamen Votum gelangt, ist es mir deshalb heute – vor Abschluss dieses Meinungsbildungsprozesses – noch nicht möglich, eine derartige Stellungnahme abzugeben.»


Conti-Titel unter Druck
Die Aktie, die seit der Übernahme-Offerte von Schaeffler kräftig gestiegen war, zeigte sich am frühen Freitagnachmittag mit minus -0,14 Prozent auf 72,00 Euro im festen Marktumfeld nahezu unverändert. Vor der öffentlichen Stellungnahme Wennemers am vergangenen Mittwoch hatte der Aufsichtsrat über die Lage beraten. Dabei soll von Grünberg für Verhandlungen mit Schaeffler plädiert haben. Man müsse im Gespräch bleiben. Von Grünberg werde mit den Worten zitiert, eine Übernahme sei nicht mehr zu verhindern und man dürfe jetzt kein Feindbild aufbauen, schrieben Medien. Der Aufsichtsratschef soll dem «Handelsblatt» zufolge auch eingeräumt haben, schon vor dem ersten Gespräch zwischen Wennemer und dem Chef der Schaeffler-Gruppe, Jürgen Geissinger, am Freitag voriger Woche vom Interesse des fränkischen Familienkonzerns erfahren zu haben.


«Brandrede»
Wennemer hatte am Tag nach den Beratungen der Kontrolleure in einer «Brandrede» die Übernahmeofferte der Franken mit scharfen Worten abgelehnt. «Wir werden die Unabhängigkeit verteidigen und dafür kämpfen», hatte der Vorstandsvorsitzende erklärt. Schaeffler strebt eine mehr als 30-prozentige Beteiligung bei Conti an und hatte den Aktionären in einer Übernahmeofferte 69,37 Euro pro Aktie geboten. Das Unternehmen wolle eine strategische Beteiligung, aber nicht notwendigerweise die Mehrheit. Conti solle nicht zerschlagen werden, die Jobs erhalten bleiben, erklärten die Franken.


Ausserordentliche VR-Sitzung
In der kommenden Woche will sich der Conti-Aufsichtsrat noch einmal zu einer ausserordentlichen Sitzung treffen. Dabei werden nach Erwartungen von Branchenbeobachtern auch Interna wie die Rolle von Grünbergs auf die Tagesordnung kommen, der bei der Schaeffler-Gruppe bis vor wenigen Jahren zum Beirat gehörte. Für ein Zusammengehen von Conti und Schaeffler hat sich VW-Chef Martin Winterkorn ausgesprochen. Er sehe die Entwicklung «insgesamt positiv», sagte er vor Journalisten in Wolfsburg. Conti sei in der Elektronik stark, die Schaeffler-Gruppe in der Mechanik. Winterkorn warnte aber vor einem langen Kampf um die Macht bei Conti. Dies könnte die Autozulieferer von ihrem eigentlichen Geschäft ablenken. 


Winterkorn für freundliche Übernahme
Winterkorn sagte, Volkswagen sei sowohl der grösste Kunde von Conti als auch der Schaeffler-Gruppe. Mit beiden Zulieferern sei VW «hochzufrieden». Conti habe sich vom klassischen Reifenhersteller zu einem Technologiekonzern entwickelt. Durch den Kauf der Siemens- Sparte VDO habe Conti einen weiteren «Technologiesprung» gemacht. Conti liefere für VW etwa Einspritzanlagen oder ABS-Systeme, die Schaeffler-Gruppe etwa Teile für Doppelkupplungssysteme. Wenn diese beiden Unternehmen zusammengingen, klinge das «zunächst mal sehr positiv», sagte Winterkorn. «Was ich nicht positiv finde, ist, wenn hier ein Machtkampf stattfinden würde wie etwa eine feindliche Übernahme, das könnte unser Geschäft stören.» Der VW-Chef fügte hinzu: «Wenn sich da zwei Grosskonzerne im Zuliefererbereich ein halbes Jahr lang bekriegen, wer das Sagen hat, da hätte ich schon Probleme mit.» Daher sei er sehr für eine freundliche Übernahme. (awp/mc/ps/26)

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