Corporate Governance: Schweiz erobert Rang 2 in Europa
Dies ergibt die Studie «Corporate Governance in Europa», durchgeführt vom weltweit tätigen Executive-Search-Unternehmen Heidrick & Struggles.
England an der Spitze
2003 lag die Schweiz mit Rang 6 noch im Mittelfeld. Wesentliche Faktoren für die rasche Verbesserung sind der 2002 von der Schweizer Börse eingeführte Corporate Governance Code sowie die Debatte rund um die Verfehlungen bei grosse Schweizer Blue Chips im Winter 2001/2002. Im europäischen Vergleich weiterhin deutlich an der Spitze liegt England mit 14,61 von maximal 16 Punkte.
Starke internationale Verflechtung der Schweiz
Der höchste gemessene Anteil von ausländischen VR-Mitgliedern (42Prozent gegenüber durchschnittlich 16 Prozent in Europa) spiegelt die starke internationale Verflechtung der Schweiz. Die Studie geht davon aus, dass der Ausländeranteil in Zukunft weiter steigen wird, da unabhängige und international erfahrene Verwaltungsräte immer stärker gefragt sind. Mit sechs Prozent ist der durchschnittliche Frauenanteil im Vergleich zu 2003 gleich geblieben und liegt einen Prozentpunkt unter dem Durchschnitt. Erfreulich sei die Tatsache, dass das Thema «Diversity» bei allen Unternehmen auf der Tagesordnung steht. Neu sitzt auch nur noch bei der Hälfte der Unternehmen überhaupt keine Frau im Verwaltungsrat.
«Audit» und «Compensation»-Komitee
Die Schweizer Verwaltungsräte zählen eher wenig Mitglieder und treffen sich weniger oft als ihre europäischen Pendants (6,6 gegenüber 8,7). Die Komitees hingegen treffen sich mit 13,8 Sitzungen pro Jahr mehr als doppelt so häufig wie 2003. Alle untersuchten Schweizer Unternehmen hatten mindestens zwei Komitees. Restlos alle verfügten über ein «Audit» und «Compensation»-Komitee, 85% hatten auch ein «Nominierungs»-Komitee. Strategische oder ethische Ausschüsse blieben selten.
CH-Verwaltungsräte verdienen überdurchschnittlich viel
Schweizer Verwaltungsräte verdienen mit ? 150.000 überdurchschnittlich viel: das europäische Mittel liegt bei ? 63.500 (2003: ? 55.000). Interessant auch die Korrelation mit der Anzahl Sitzungen: so verdient ein Schweizer Verwaltungsrat pro Sitzung ? 22.800, während ein Schwede mit ? 3.800 gerade mal ein Sechstel erhält. (Durchschnitt pro Sitzung: ? 7.300). Erklärt werden die hohen Verdienste der Schweizer VR mit der direkten Verantwortung und strengen Haftpflicht. Die Mandate in den Komitees sind aufgrund der häufigen Sitzungen für internationale VR-Mitglieder zeitlich sehr anspruchsvoll. Hinzu kommt, dass in der Schweiz ansässige multinationale Unternehmen mit einer hohen Vergütung hochkarätige Kandidaten anzuziehen suchen.
Weiterhin mehr Transparenz erwünscht
Mit der Transparenz hapert es in Europa nach wie vor bei einem Drittel der
Unternehmen (Bezüge offengelegt bei nur 68 Prozent der Unternehmen). Die Schweizer Unternehmen legen nun die berufliche Hauptbeschäftigung ihrer Aufsichtsratsmitglieder («non-executive directors») mehrheitlich offen. Trotzdem seien weitere Verbesserungen in der Zusammensetzung wünschenswert.
294 Unternehmen untersucht
Die zum vierten Mal durchgeführte Studie erfasst 294 Unternehmen in zehn europäischen Ländern. Die Auswahl der Unternehmen erfolgte aufgrund der Marktkapitalisierung gemäss nationalen Indices wie zum Beispiel FTSE 100 oder DAX 30. Die Studie untersuchte die drei Hauptmerkmale struktureller Corporate Governance: Arbeitsweise des Verwaltungsrats, Zusammensetzung des Verwaltungsrats sowie Offenheit und Präzision der Angaben über Bezüge und Positionen der einzelnen VR-Mitglieder. (awp/mc/gh)