Dies sagte Couchepin in einem Interview mit der Zeitung «Sonntag». Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sei zudem zu einer Rating-Agentur degradiert worden. Was die industrialisierten Länder in dieser Krise benötigten, sei ein Think-Tank, der Ursachen und Folgen der Krise studiert. Diese Aufgabe könne die OECD als Forschungszentrum wahrnehmen. Stattdessen spielt sie laut Couchepin «Gault Millau» für gute und böse Staaten.
«Diese Krise lässt sich nicht mit Geld überwinden»
Die G20 hätten an ihrem Gipfel die Krise überhaupt nicht analysiert. «Diese Krise lässt sich nicht mit Geld überwinden», sagte der FDP-Bundesrat. Mit den 1’000 Mrd USD, welche die G20 gesprochen hat, sei es wie mit der G20 selbst: «Alles ist nach drei Tagen schon wieder vergessen». Die USA und Europa sieht Couchepin in einem Machtkampf: In der Schweiz und in Europa gebe es im Gegensatz zu den USA gute Sozialwerte. «Das heisst, wir investieren, um die Konsumfreudigkeit der Leute zu erhalten.»
«Die Amerikaner gegen den Rest der Welt»
Die US-Regierung hingegen müsse den Leuten sofort wieder Arbeit beschaffen. Und nun verlangten die USA, dass die ganze Welt finanziell mithelfe, den amerikanischen Arbeitsmarkt wieder in Gang zu bringen. «Es geht um eine Konfrontation verschiedener Politiken. Die Amerikaner gegen den Rest der Welt.» In diesem grossen Spiel sei die Schweiz nur ein kleiner Akteur, sagte Couchepin. Daher handle es sich nicht um einen Kampf der mächtigen europäischen Staaten gegen die Schweiz. «Zwar müssen wir auch an die anderen denken, aber zuerst an uns selbst.»
Steinbrück holt erneut aus
Der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück will, dass die Schweiz im Rahmen der EU-Zinsbesteuerung mehr Geld nach Deutschland überweist: Seinem Land stünden 2 Mrd EUR für das Jahr 2008 zu, sagte Steinbrück in einem Interview mit der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung». Überwiesen hat die Schweiz rund 80 Mio EUR. «Da haben wir ein Problem. Und das soll ich höflich und diplomatisch weglächeln?», fragte Steinbrück. Der SPD-Politiker war wiederholt wegen seiner Wortwahl und seinen verbalen Attacken gegen die Schweiz in die Kritik geraten.
200 Mrd Euro von Deutschen auf Schweizer Konti?
Den Betrag von 2 Mrd. Euro würde Deutschland nach Steinbrück erhalten, «wenn die EU-Zinsrichtlinie endlich auf Kapitaleinkünfte jedweder Art erweitert würde». Heute betrifft die Quellenbesteuerung lediglich Zinseinkünfte. Basierend auf «teilweise anonymen» Berichten aus der Schweiz geht Steinbrück davon aus, dass «etwa 200 Mrd EUR deutscher Bürger auf Schweizer Konten angelegt» sein dürften. Bei vier Prozent Verzinsung «wären das acht Mrd EUR Kapitaleinkünfte». Die Quellensteuer würde demnach zwei Mrd EUR betragen. (awp/mc/ps/02)