Der Bundesrat hat zur Kenntnis genommen, wie Gesundheitsminister Pascal Couchepin den drohenden Prämienanstieg von rund 10 Prozent dämpfen will. Am Montag findet eine konferenzielle Vernehmlassung statt. Die Vorlage soll am 29. Mai verabschiedet und im Herbst vom Parlament behandelt werden, damit sie Anfang 2010 in Kraft treten kann.
30 Franken bei den ersten sechs Arztkonsultationen
Als umstrittenste Massnahme schlägt Couchepin einen Behandlungsbeitrag von 30 CHF vor, der bei den ersten sechs Konsultationen in einer Arztpraxis oder in einem Spitalambulatorium bar zu entrichten ist. Damit sollen die Versicherten von unnötigen Arztbesuchen abgehalten werden.
Betrag wird später wieder von der Rechnung abgezogen
Vor den Medien wies Peter Indra vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) darauf hin, dass die Behandlung durch die Praxisgebühr nicht teurer wird. Der Arzt müsse die 30 CHF später von der Rechnung wieder abziehen. «Der Patient wird nicht bestraft, sondern zur Eigenverantwortung angehalten.»
Kein Beitrag für Kinder, Jugendliche und Schwangere
Kinder und Jugendliche unter 19 Jahren müssen keinen Behandlungsbeitrag entrichten. Auch bei Schwangerschaft wird die Taxe nicht erhoben. «Der Beitrag ist gerecht und sozial tragbar», sagte Couchepin. Auch andere Länder – beispielsweise Schweden und Deutschland – kennten dieses System.
Versicherer sollen unentgeltlichen Telefon-Beratungsdienst einrichten
Damit die Leute weniger zum Arzt gehen müssen, sollen alle Versicherer einen unentgeltlichen telefonischen Beratungsdienst einrichten müssen, der den Patienten als erste Anlaufstelle dient. Solche Telefondienste hätten sich bewährt und böten eine hohe Sicherheit, sagte BAG-Direktor Thomas Zeltner.
Franchise soll für zwei Jahre gelten
Als zweite Massnahme schlägt Couchepin vor, dass eine einmal gewählte höhere Franchise für zwei Jahre gelten soll. Es soll nicht länger möglich sein, vor einer teuren Behandlung für ein Jahr zur Grundfranchise zu wechseln und dann als Gesunder im nächsten Jahr dank der Wahlfranchise wieder von der Prämienreduktion zu profitieren.
Bundesrat soll ambulante Tarife senken können
Sodann soll der Bundesrat die Kompetenz erhalten, die ambulanten Tarife bei überdurchschnittlicher Kostensteigerung zu senken, wenn die Verhandlungen der Tarifpartner nicht zu einem befriedigenden Ergebnis führen. Von den Kantonen wird verlangt, in ihrer Planung auch das Problem der besonders kostentreibenden Spitalambulatorien zu regeln.
Bundesbeitrag an Prämienverbilligung soll erhöht werden
Positiv steht der Bundesrat schliesslich der Idee gegenüber, den Bundesbeitrag von rund zwei Milliarden CHF an die Prämienverbilligung 2010 und 2011 um zusätzliche 200 Mio zu erhöhen. Dieser Sonderbeitrag käme zu den 200 Mio hinzu, die wegen der Koppelung an die Kostenentwicklung automatisch fällig sind. Laut Couchepin entscheidet der Bundesrat im Juni, ob die Beitragserhöhung im Rahmen eines dritten Konjunkturpakets oder «normal» beschlossen werden soll. Dies müssten die Departemente noch absprechen. Ein Problem sieht Couchepin im Übrigen darin, dass die Kantone bei der Prämienverbilligung sehr unterschiedlich mitziehen.
Nicht Gegenstand des Vernehmlassungspakets sind Massnahmen, die das Departement des Innern (EDI) in eigener Kompetenz beschliessen kann. Darüber werde bei der Verabschiedung der Gesetzesvorschläge am 29. Mai informiert, sagte Couchepin. Im Vordergrund stehe eine weitere Senkung der Medikamentenpreise. (awp/mc/pg/31)