Couchepins Rücktritt: Parteien würdigen Staatsmann

Ob sie den Anspruch aber bereits im Herbst einfordern werde, wolle die Partei später entscheiden, teilte sie mit. Zunächst suche sie das Gespräch mit FDP und CVP. Die CVP wollte sich noch am Freitag treffen, um einen möglichen Angriff auf Pascal Couchepins freiwerdenden Bundesratssitz zu diskutieren. Der zweite Sitz der FDP ist für CVP-Vizepräsident Dominique de Buman keineswegs garantiert.


Gerangel um Nachfolge
Für die Fraktionspartnerin EVP ist es naheliegend, dass die CVP/EVP/glp-Fraktion Vorrang hat bei der Nachfolge von Couchepin, da die Fraktion stärker sei als diejenige von FDP/Liberalen. Die SP ihrerseits will die Kandidaturen abwarten und das Vorgehen an einer der nächsten Fraktionssitzungen beraten. Der Rücktritt Couchepins öffnet Spektulationen Tor und Tür, dass auch der amtsälteste Bundesrat Moritz Leuenberger zurücktreten könnte. Auch die Grünen wollen nun diskutieren, ob sie eine Kandidatin oder einen Kandidaten stellen wollen. Hauptziel der Partei sei, die neoliberalen Kräfte im Bundesrat nicht zu stärken, sagte Präsident Ueli Leuenberger.


«Un homme d’état»
Die FDP will ihren zweiten Sitz im Bundesrat mit einer Kandidatur aus der lateinischen Schweiz verteidigen, erklärten Parteipräsident Fulvio Pelli und Fraktionschefin Gabi Huber vor den Medien. Einhellig verabschieden die Parteien einen «Staatsmann», «un homme d’état». Seine FDP dankt ihm für seinen «unermüdlichen Einsatz im Dienst unseres Landes». Bundesrat Couchepin habe sich nie gescheut, auch auf die Schwächen und die Probleme der Schweiz hinzuweisen.


Mehr als durchzogene Bilanz
Während die FDP für ihren Bundesrat nur lobende Worte findet, fällt die Bilanz der anderen Parteien mehr als durchzogen aus. Der Freiburger CVP-Nationalrat de Bumann spricht von teilweise guten Visionen, jedoch zwiespältigen Leistungen in den Dossiers Kultur oder Sozialversicherung. Aus Sicht der SVP flüchtet Bundesrat Pascal Couchepin mit seinem Rücktritt vor der Verantwortung. Bei den Krankenkassenprämien hinterlasse er «einen Schlamassel».


Grossbaustelle Krankenkassenprämien
Die grösste Baustelle sind zweifellos die Krankenkassenprämien. Die SP ist überzeugt, dass es Couchepin bis im Oktober kaum gelingen werde, den Prämienschock abzuwenden. In der Sozialpolitik habe er sich zudem als Abbauminister profiliert. Lobend äussert sich die SP über Couchepins Einsatz für Bildung und Forschung. Die Grünen verabschieden einen «staatstragenden» Bundesrat, mit dem sie vielfach nicht einverstanden gewesen seien – insbesondere in der Gesundheits- und Sozialpolitik. Auch sei es Pascal Couchepin nicht gelungen, Mehrheiten für Veränderungen in den Sozialversicherungen zu schaffen.


Ärzte begrüssen Rücktritt
FMH-Präsident Jacques de Haller wertet den Rücktritt Pascal Couchepins als wichtiges Zeichen für die Ärzte. Ein Wechsel könne den dringend benötigten frischen Wind ins Innendepartement bringen. Der Spitalverband H+ würdigt Couchepins Einsatz für die neue Spitalfinanzierung. Gleichzeitig hofft der Verband, dass sich mit dem Rücktritt in der Gesundheitspolitik die verhärteten Fronten aufweichen. Positiver würdigte der Krankenkassenverband santésuisse den abtretenden Bundesrat.


«Mut bewiesen»
«Wir verlieren einen Gesundheitsminister, der ein System verteidigt hat, das nicht zu staatslastig war, jedoch in einem gut regulierten Wettbewerb funktioniert und eine gute Sozialversicherung hat», sagte Sprecher Felix Schneuwly. Economiesuisse-Direktor Pascal Gentinetta lobte die Haltung des Politikers, der auch Vorlagen vertreten habe, die nicht populär waren. Das beweise seinen Mut zeige seine Qualitäten. Die Gewerkschaften beurteilen rückblickend seine Leistungen bei der AHV kritisch. (awp/mc/ps/25)

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