Crossair-Generalversammlung: Das Finale im grossen Spiel um die Macht
Das Machtspiel um die neue Crossair geht am Donnerstag in die entscheidende Runde. Moneycab zeigt die Spielmacher vor und während der Crossair-Generalversammlung und mögliche Szenarien.
Von Christof Moser und Franziska Hügli
Er dauert seit Wochen an, der Kampf um die Macht in der neuen Schweizer Airline. Und am Donnerstag findet in der St. Jakobs-Halle in Basel das grosse Finale statt. An der Crossair-Generalversammlung entscheidet sich massgeblich, ob die neue Schweizer Airline abheben kann – oder ob sie schon vor dem Take-off an Machtspielen scheitert. Um 14 Uhr geht der Showdown los. 4500 Aktionäre haben sich angemeldet, über 200 Journalisten werden erwartet. Das Interesse gilt dem grossen Knatsch-Thema: Soll der umstrittene Crossair-Gründer Moritz Suter im neuen Verwaltungsrat Einsitz nehmen?
Die Akteure im Vorfeld der entscheidenden Generalversammlung:
Rainer E. Gut – der Strippenzieher:
Als die Beteiligung der Wirtschaft für die neue nationale Airline einen Koordinator brauchte, war die Wahl schnell klar: Bund, Banken und Wirtschaft hievten Rainer E. Gut ins Cockpit. Er wurde Präsident des Steuerungsausschusses und sollte mit seinem enormen Beziehungs- und Machtnetz die neue Airline ins Rollen bringen. Rainer E. Gut fackelte nicht lange und teilte Moritz Suter mit, er sei für den neuen Verwaltungsrat nicht gesetzt. Gut gab Gas und stellte in kürzester Zeit einen neuen Verwaltungsrat unter der Führung von Ex-KLM-Chef Pieter Bouw zusammen.
UBS – die Doppelspielerin:
Als das Projekt Phoenix ins Rollen kam, hat sich die Grossbank hinter vorgehaltener Hand gegen Moritz Suter im neuen Verwaltungsrat ausgesprochen. Den Bankern war klar, dass Suter eine Reizfigur ist und die Zusammenführung der beiden Airline-Kulturen von Swissair und Crossair gefährdet. In den letzten Wochen geriet die UBS aber in der Nordwestschweiz unter Druck – auch an der Kundenfront. Die klare Forderung: Die Bank, die in Basel verankert ist, soll sich für den Basler Moritz Suter stark machen. Das tut die UBS seither gegen aussen auch – die Bank lässt sich aber trotzdem an der Generalversammlung von Peter Forstmoser vertreten. Er wird gegen Suter stimmen.
Ringier – die Stimmungsmacher:
Seit Wochen fahren die Ringier-Blätter, allen voran der «Blick», eine klare Pro-Suter-Kampagne. Kein Wunder: Die PR-Agentur von Moritz Suter heisst Contract Media. Deren Chef ist Sacha Wigdorovits – ein ex-Ringier-Mann, der es bis zum «Blick»-Chefredaktor geschafft hat. Auch Frank A. Meyer pflegt beste Kontakte zu Moritz Suter. Die beiden haben 1993 mitgeholfen, das Projekt Alcazar zu Fall zu bringen. Die Swissair hätte damals mit KLM, AUA und SAS fusionieren sollen.
(Foto: Monika Reize)
Bund – der Vermittler:
Als das Projekt Phoenix im Chaos zu versinken drohte, nahm Peter Siegenthaler die Zügel in die Hand. Dem Chef der Eidgenössischen Finanzverwaltung gelang es, zwischen dem Swissair- und dem Crossair-Lager zu vermitteln. Siegenthaler verhalf Rainer E. Gut in die Rolle des Königsmachers und stellt sich für den neuen Verwaltungsrat zur Wahl. Er hat sich im Kampf um die Macht im neuen Verwaltungsrat vornehm zurückgehalten. Siegenthalers Chef, Bundesrat Kaspar Villiger, hat sich aber klar gegen Moritz Suter im Verwaltungsrat ausgesprochen.
André Dosé – der Spielball:
Der Crossair-CEO ist ein fähiger Manager. Er hält eisern zu seinem Ziehvater Moritz Suter und hat mehrmals klar gemacht, dass er sich Suter auch im neuen Verwaltungsrat wünscht. Zu sagen hat er aber wenig, er ist mehr oder weniger zum Spielball im Machtkampf um die Crossair geworden. Er muss sich darauf einstellen, dass Pieter Bouw sein neuer Chef wird – und ist in letzter Zeit merklich ruhiger geworden.
Jene, die im Vorfeld mitgemischt haben, werden an der Generalversammlung nichts mehr zu sagen haben. Das Schicksal der Schweizer Zivilluftfahrt liegt am Tag der Entscheidung in anderen Händen.
Das sind sie, die wichtigsten Akteure an der Generalversammlung:
(Foto: Keystone)
Moritz Suter – der mögliche Spielverderber:
Was der umtriebige Crossair-Gründer an der Generalversammlung tut, entscheidet letztlich alles. Suter ist gekränkt, weil er im neuen Verwaltungsrat nichts mehr zu sagen haben soll – dies, obwohl er an der Crossair-Pressekonferenz am 22. Oktober sein Amt zur Verfügung gestellt hat. Gegen die Übermacht der neuen Investoren hat er als Kleinaktionär keine Chance. Doch für Überraschungen ist Suter allemal gut: Weil die Abwahl des bisherigen Crossair-Verwaltungsrates nicht traktandiert ist, müssten Suter und Co. freiwillig zurück treten, um den neuen Verwaltungsräten Platz zu machen. Geschieht dies nicht, könnte die Wahl im Chaos enden.
Drei Szenarien sind möglich:
Szenario 1 – der faule Kompromiss: Der bisherige, siebenköpfige Verwaltungsrat wird mit vier neuen Verwaltungsräten ergänzt. Suter bleibt. Erst im Laufe des nächsten Jahres werden die bisherigen Mitglieder an einer weiteren Generalversammlung abgewählt. Die Verwirrung und das Machtspiel würde andauern und könnte Investoren zum Absprung bewegen. Szenario 2 – das Debakel: Der bisherige Verwaltungrat bockt und tritt nicht ab. Der neue Verwaltungsrat wird von der Generalversammlung gewählt. Der Eklat ist perfekt. Die Folge wäre, dass die geplante Kapitalerhöhung scheitert oder verschoben wird. Investoren würden abspringen, das Projekt Phoenix läge in Scherben.Szenario 3 – der Idealfall: Der bisherige Verwaltungsrat, allen voran Moritz Suter, lässt sich nach einer feurigen Rede an der Generalversammlung feiern – und tritt dann im Interesse der Schweizer Zivilluftfahrt zusammen mit den weiteren Mitgliedern des bisherigen Verwaltungsrats zurück. Der Weg für die Wahl der neuen Verwaltungsräte wäre damit frei.
Peter Forstmoser – der mächtige Strohmann:
Der renommierte Aktienrechtler vertritt an der Crossair-Generalversammlung die Grossbanken, die vor der Kapitalerhöhung 70 Prozent der Crossair-Aktien halten. Er wird im Sinne des Steuerungsausschusses unter Rainer E. Gut stimmen. Wenn Pokerface Moritz Suter nicht wäre, stünde schon heute fest, wer im neuen Crossair-Verwaltungsrat sitzen würde.
Kleinaktionäre – die chancenlosen Vielredner:
Zu Tausenden werden morgen Crossair-Kleinaktionäre anrücken und sich für Moritz Suter stark machen. Sie werden lange reden, für «ihren» Moritz Suter kämpfen – und trotzdem chancenlos sein. Ihre Stimmen haben eigentlich überhaupt keinen Einfluss auf den Ausgang der Wahl. Und trotzdem könnten ihre engagierten Voten Moritz Suter dazu bringen, sich quer zu stellen. Es wird spannend in Basel.