Sonst seien Abzockerlöhne weiterhin nicht zu verhindern. Ins selbe Horn stiess die Anlagestiftung Ethos: Das Vergütungssystem der CS ermögliche, dass auch bei schlechten Leistungen und Verlusten die Mitarbeiter Boni bekämen, sagte Ethos-Direktor Dominique Biedermann am Freitag im Zürcher Hallenstadion. Dies gelte insbesondere für das vergangene Jahr, als die CS einen Rekordverlust von 8,2 Mrd CHF erlitten habe. Denn die Grossbank bezahlt für 2008 mehrere Milliarden an Boni. Die genaue Zahl gibt sie nicht bekannt. Alleine für Mitarbeiteraktien verbuchte die CS im vergangenen Jahr einen Aufwand von 3,5 Mrd CHF. Darin sind aber noch gestaffelte Boni aus den Jahren davor enthalten.
Biedermann: «Falsche Anreize für Banker»
Ein Salärsystem sei nicht hinnehmbar, bei dem die variable Vergütungen grösser seien als der feste Grundlohn, sagte Biedermann: Das setze falsche Anreize für Banker. Die schärfste Kritik kam vom Vertreter der Schutzgemeinschaft der Anlageopfer der untergegangenen US-Investmentbank Lehman Brothers, René Zeyer: Die Milliardenboni angesichts des Riesenverlustes der CS seien «obszön, schamlos und ungeheuerlich».
150 Mio Dollar an 3700 Geschädigte überwiesen
Immerhin bezahle die CS mittlerweile 3700 Geschädigten, die mit Produkten der zusammengebrochenen US-Investmentbank Lehman Brothers Geld verloren hätten, 150 Mio CHF zurück. Aber nicht aus Einsicht, sondern nur wegen des öffentlichen Drucks und der Angst der Grossbank vor einer Prozesslawine. Aber mindestens noch 2000 Lehman-Opfer erhielten nichts, sagte Zeyer, der Entschädiung aller Geschädigten forderte: «Mit nur 10 Prozent der CS-Boni wäre das Problem aus der Welt geschafft.»
Kielholz und Berchtold gestehen Fehler ein
Die Grossbank verteidigte sich gegen die Vorwürfe: Bei der Beratung der Kunden sei «einiges nicht recht gelaufen», gestand Private-Banking-Chef Walter Berchtold ein. Deshalb habe die CS ihre Kulanz ausgedehnt. «Wir dürfen aber auch nicht einfach Geld auszahlen, wenn kein Verschulden der Bank vorliegt», sagte Chefjurist Urs Rohner. Der Widerstand der Kleinaktionäre hatte keine Chance: An der erstmals durchgeführten Konsultativabstimmung wurde der Vergütungsbericht mit 88,6% der Stimmen angenommen. Je 5,6% votierten mit Nein oder enthielten sich der Stimme. Verhalten fiel die Kritik der Aktionäre am Verlust der Grossbank im vergangenen Jahr aus, nachdem Walter Kielholz gleich zu Beginn seiner letzten GV als Credit-Suisse-Präsident Fehler eingestanden hatte: «Gewisse Entscheide waren aus heutiger Sicht nicht die richtigen.»
Überraschender Milliardengewin im Q1
Insgesamt habe die CS aber vieles richtig gemacht. Dies bestätigten die Zahlen für das erste Quartal 2009, sagte Kielholz. Insgesamt stehe die Bank heute besser da als vor einem Jahr. Am Vortag hatte die CS einen überraschend hohen Reingewinn von 2 Mrd. Fr. ausgewiesen nach einem Verlust von 6 Mrd. Fr. im Vorquartal. Die Wiederwahl von Kielholz, der nach sechseinhalb Jahren sein Amt abgibt, um das Verwaltungsratspräsidium des gebeutelten Rückversicherers Swiss Re zu übernehmen, stiess kaum auf Opposition: Lediglich etwas über 6 Prozent stimmten dagegen.
Doerig folgt auf Kielholz
Die Aktionäre verabschiedeten Kielholz mit verhaltenem Applaus. Die Nachfolge von Kielholz an der Spitze der Grossbank tritt Hans-Ulrich Doerig an, der mit fast 99 Prozent der Stimmen wieder in den VR gewählt wurde. Ähnliche Wahlresultate erzielten auch Richard Thornburgh, Andreas Koopmann, Urs Rohner und John Tiner. Auch die Kapitalerhöhungen wurden ebenso wie die anderen Traktanden mit Mehrheiten von weit über 90 Prozent gutgeheissen. (awp/mc/ps/30)