Von Helmuth Fuchs
Herr Füglister, sind Sie mit Kopf und Herz schon vollständig angekommen vom Bodensee, wo Sie das See & Park Hotel Feldbach in Steckborn sehr erfolgreich führten?
Ja, ich bin hier oben gut angekommen und ich dabei habe ich eine den Engadiner längst bekannte Binsenwahrheit selbst festgestellt: Hier fällt einem das Ankommen leichter als der Abschied – und so wie ich das beobachten konnte, trifft dies auf jeden zu, der einmal seinen Fuss in diese faszinierende Gegend der Gegensätze, der Andersartigkeit gesetzt hat.
Was machen Sie anders als Ihr Vorgänger Adrian Stalder, der das Saratz in den letzten Jahren vor allem auch durch den Umbau geleitet und geprägt hat?
Die Versuchung liegt nahe, Veränderungen allzu rasch in die Wege leiten zu wollen, um einem Hotel damit seine eigene Prägung zu geben. Ich bin jedoch der Meinung, dass der Fokus auf dem kontinuierlichen Auf- und Weiterausbau des Erreichten und in der individuellen Betreuung unserer Gäste liegen muss – lassen wir doch einfach unseren Gast wieder König sein! Sehr viele positive Anregungen und längst gehegte Wünsche erfahre ich in persönlichen Gesprächen mit unseren Gästen, die ich in unser künftiges Konzept einfliessen lasse – es wird auf jeden Fall spannend.
Wo positionieren Sie das Saratz im Spannungsfeld zwischen Familienhotel, Wellness-Oase, Geschäfts- und Seminarort und Gourmet Treffpunkt. Was unterscheidet das Saratz von den anderen Hotels im Engadin?
Nach wie vor sieht unsere Geschäftsphilosophie vor, Generationen unter einem Dach zu beherbergen. Dabei betrachten wir Familien nicht nur als «genetisch» verbundene Einheiten, sondern fassen alle «Gleichgesinnten» in bezug auf Sport, Wissen, Kultur, Unterhaltung und Wohlbefinden zusammen. Sie fühlen sich durch gemeinsame Interessen und Werte verbunden. Tradition mischt sich mit Moderne, laisser faire mit Aktivität, Genuss in Reinkultur mit Business.
Obwohl wir künftig das gesamte Wellbeing- und Fitnessangebot den Bedürfnissen unserer Gäste anpassen, betrachten wir uns nicht als ein weiteres Wellnesshotel – für uns gehören diese Investitionen zur Abrundung der Dienstleistungspalette und sind entsprechend auf unseren Gästemix abgestimmt. Auch wird das Saratz niemals ein reines Seminarhotel – bei uns ist der Gast grundsätzlich in den Ferien und besucht «nebenbei» eine Tagung oder einen Kongress.
Generell leidet die Schweizer Hotellerie an Überkapazitäten und zu wenigen Gästen. Wie sieht das im Saratz aus?
Damit haben Sie den Nagel auf den Kopf getroffen – auch das Saratz ist von den exogenen Faktoren nicht verschont geblieben.
Doch bin ich mir sicher, dass eine erfolgsversprechende Zukunft nicht allein über einen notwendigen Abbau von nicht kompetitiven Hotels erfolgen kann – das wäre ein zu passives Verhalten. Vielmehr bin ich der Überzeugung, dass unser Erfolg in der konsequenten Umsetzung der Qualitätssteigerung unseres Kerngeschäfts und in der gelebten Gastfreundschaft liegt. So gesehen setzen wir alles daran, Stammgäste von unserem Produkt und unseren Dienstleistungen zu überzeugen und neue Erlebnis- und Genusssuchende aus dem In- und Ausland zu Wiederkehrer werden lassen.
Wie sieht der typische Saratz-Gast aus. Woher kommt er, was sucht er im Saratz?
Er ist jung und junggeblieben, neugierig, kommunikativ, qualitätsbewusst, hedonistisch veranlagt, liebt Natur und Sport und schätzt somit das Engadin als eines der schönsten Hochtäler Europas. Er gibt die erfahrenen Werte seiner eigenen Kindheit an seine Kinder weiter, lässt sie teilhaben an den Schönheiten und Geschichten, die uns das Engadin schenkt und geniesst kulinarisch, kulturell und in sportlicher Hinsicht das Wesentliche im Überfluss. Im Saratz findet er seine ganz eigene Rückzugsoase für seine individuellen Bedürfnisse.
Er kommt vor allen Dingen aus dem Grossraum Zürich/St.Gallen/Bern und dem benachbarten nördlichen Kanton, Deutschland.
Ihre Mitarbeiter machen einen hochmotivierten Eindruck, in der Küche, dem einstigen Sorgenkind, macht die Mannschaft unter Valère Braun grosse Fortschritte. Wo sehen Sie Verbesserungspotential im Saratz und wie gedenken Sie das auch umzusetzen?
Es macht Spass mit Profis in der Küche und Service Höchstleistungen zu erzielen. Mit unserem Küchenchef, Herrn Valère Braun, haben wir nicht nur einen bestausgewiesenen Könner mit enormem Know-how, sondern auch einen Mann mit hoher Sozialkompetenz. Zusammen mit seiner engsten Kollegin, Frau Raphaela Ulbrich, die als Chef de Service mit viel Charme und Professionalität das Restaurant führt, vermag er selbst kritischste Gourmets zu begeistern. Grundvoraussetzungen, die unseren beschrittenen Weg hin zum Celebration-Hotel ermöglichen.
Dieser Weg wird durch die Verschönerungskur unserer öffentlichen Räume weiter geebnet. Ich kann mit Bestimmtheit sagen, dass wir bereits ab kommenden Sommer DER Ansprechpartner für Feiern jeder Art (Hochzeiten, Incentives, aussergewöhnliche Parties und rauschende Bälle) sein werden.
Ihr Hotelpark (35’000 m2) ist ein Traum für die Gäste, ein Alptraum für den Anlagestrategen. Wann wird die Fläche überbaut?
Ich denke, dass solange es die Familie Saratz gibt, dieser Park, der ein absolutes Unikat in der Engadiner Hotellerie darstellt, nicht angetastet wird. Sie schneiden sich doch nicht den Ast ab, auf welchem sie sitzen! Diese Oase soll und muss ein Teil unseres Hauses bleiben und die blühende Sommerpracht im Park darf meiner Meinung nach durchaus auch für weitere 130 Jahre Gäste begeistern.
Werden Sie für kommende Um- und Ausbauten wieder mit Hans-Jörg Ruch und Pia Schmid zusammenarbeiten, die den Umbau 1996 prägten, oder suchen Sie eine neue Handschrift in Architektur und Design?
Wir sind im permanenten Kontakt mit den architektonischen Schöpfer unseres aussergewöhnlichen Hauses. Essentiell erscheint mir, dass der Stil, die dem Saratz eigene Linie, weitergezogen wird und keine Verwässerung des baulichen Konzeptes und damit des Ambientes präjudiziert wird. Wie bereits eingehend erwähnt, geschehen ja schon diesen Frühling einige baulichen Anpassungen, die der Feder von Frau Schmid und Herrn Ruch entstammen – ich freue mich schon auf deren Realisierung im April 04.
Wie stark ist das Erbe der Familie Saratz noch spürbar und wie sind Sie diesem Erbe verpflichtet?
Auf dem Dach unseres Hauses prangt der Familienname Saratz. Seit vielen Generationen wurde dieses Haus mit visionärem Geist, unternehmerischem Mut, etlichen Entbehrungen und vor allen Dingen mit viel Stolz von eben dieser Familie geführt. Somit versteht es sich von selbst, dass diese Tradition von der Familie hochgehalten wird. Auch wenn sich heute das Aktionariat durch Gäste, die unser Haus liebgewonnen haben, vergrössert hat, so bleibt doch das Unternehmen unter dem Einflussbereich der involvierten Familien. Tradition verpflichtet. Und genau das ist es, was unser Hotel so einzigartig macht: Wir stehen zu dem was früher einmal wegweisend war, ohne die veränderten Ansprüche und Bedürfnisse des heutigen Gastes zu vernachlässigen. Diese Kombination von Gegensätzen ist es, die Reiz und Charme des Hotels prägt, das Haus unverwechselbar macht und es auch in unserer schnelllebigen Zeit zu einem Hort der Gastlichkeit, gepaart mit Lebenslust macht. Wir alle im Hotel Saratz fühlen uns dieser Tradition verpflichtet und schöpfen daraus Energie für die Zukunft.
Was sind Ihre nächsten Ziele mit dem Saratz und wohin soll die Reise mittelfristig gehen?
Auf die baulichen Vorhaben bin ich ja schon vage eingegangen – ein Muss, das dem Zeitgeist und den Bedürfnissen unserer Gäste entspricht. Ganz speziell soll das Saratz – wie dies in den vergangenen 130 Jahren auf für viele der Fall war – wieder ein «home away from home» werden. Ein Ort wo gefeiert, gedacht und genussvoll gelebt wird. Es soll seinem Namen als eines der besten Familien- und Ferienhotels, in welchem sich der Single genau so wohl fühlt wie die «best agers», gerecht werden. Und es soll sich zu einem der ersten Hotels mausern, welches das «Matchmaking» auf sympathische, subtile Art und Weise zelebriert und zu einem eindrücklichen, nachhaltigen Erlebnis werden lässt. Was das bedeutet und was dabei geschieht? Nun, genau dieses Geheimnis werde ich jedem lebensfrohen Gast im Detail erläutern, der mich hier in Pontresina besuchen kommt.