Daniel Lavanchy, CEO IB Grombach & Co. AG: «In den nächsten 25 Jahren sehe ich in der Entsalzungs-Technologie noch grosses Potenzial»

von Patrick Gunti


Herr Lavanchy, IB Grombach & Co. AG ist seit über 60 Jahren ein international anerkanntes Beratungs- und Planungsunternehmen für Wassermanagement. Was ist unter Wassermanagement genau zu verstehen?


Wassermanagement ist ein sehr breites Gebiet. Es geht von der Wahl der richtigen Ressourcen für die richtige Nutzung bis zu den Gesetzen, welche verlangen, dass jeder Badezimmer-Wasserhahn mit einem Belüftungsgitter ausgerüstet ist, um Wasser zu sparen. Der Wert des Wassers muss allen Akteuren bekannt sein. Auch in einer vom Staat subventionierten Wirtschaft müssen die Konsumenten einen Beitrag zahlen. Das ist die einzige Möglichkeit, den Wert des Wassers anerkannt zu machen.


Sie erbringen Ihre Dienstleistungen weltweit – welches sind die hauptsächlichen Tätigkeitsgebiete?


Wir erbringen Beratungsleistungen für Reorganisationen von Wasserversorgungs-Unternehmungen in Kosovo, sind technische Berater des Ministeriums in Riyadh Saudi Arabien zur Vorbereitung der Privatisierung des örtlichen Verteilnetzes, erbringen Ingenieurleistungen zur Planung von Trinkwasseraufbereitungsanlagen in der Schweiz wie auch im Ausland und führen Wasserverlust-Untersuchungen für das Verteilnetz in Nigeria und Madinah Saudi Arabien durch. Um diese Dienstleistungen erbringen zu könne, braucht es ein breites Wissen, welches IBG auch hat, in den wirtschaftlichen, sozialen, juristischen und Ingenieur-Aspekten.


Dabei sind Sie auf ein multidisziplinäres Team angewiesen, das heute über 110 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umfasst. Wie setzt es sich zusammen?


In der heutigen Zeit mit einem sehr hohen Druck über die Höhe der Honorare und grossem Mangel an Ingenieuren sind wir immer noch der Meinung, dass die Qualität unserer Dienstleistungen für unsere Kunden eine zentrale Rolle spielt. Entgegen der Meinung von vielen unserer Konkurrenten denken wir, dass unsere Kerndienstleistungen nur von eigenen Mitarbeitern erbracht werden können. Freischaffende Ingenieure sind bei IBG nicht die Regel. Um unsere hoch technologischen Projekte durchführen zu können, haben wir eigene Ingenieure mit Ausbildungen in Elektro-, Mechanik-, Bau- und Hydraulik-Gebieten. Um gute Anlagen bauen zu können, greifen wir auf langjährig erfahrene, eigene Konstrukteure zurück, welche uns tatkräftig unterstützen. 


Das Motto der Unternehmung lautet: «Jeder Tropfen zählt». Ihr Unternehmen gewährleistet ganzheitliche, nachhaltige Problemlösungen. Worin manifestiert sich diese Nachhaltigkeit?


Im Jahr 2007 ist unser grösstes Projekt die Ausführungsplanung (detail-engineering) für 4 Wassertransportsysteme in Saudi Arabien. Der technologische «challenge» ist hoch, wenn man 2.2 Tonnen Wasser/Sekunde auf 150 Kilometer mit 1700 Meter Höhendifferenz transportieren will. Ein solches Projekt verlangt eine genaue Arbeit von unseren Hydrauliker, Elektroingenieuren, Mechanik-Ingenieuren, Bauingenieuren und Konstrukteuren. Ein solches Projekt ist für die Stadt Taif lebenswichtig. Dieses neue Projekt wird parallel zu einem System erschlossen, welches wir vor 25 Jahren gebaut haben und das bis jetzt einwandfrei in Betrieb ist. Dies zeigt die Qualität und Nachhaltigkeit unserer Arbeit.


Hunderte Millionen Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Es gibt jedoch genügend Wasser und auch günstige Technologien, um sauberes Trinkwasser erstellen zu können. Wo liegt also das Problem?


Das Problem liegt im Betrieb und Unterhalt von den Wasserversorgungssystemen. Angepasste Infrastrukturen für ein Wasserversorgungssystem können in 1 bis 2 Jahren gebaut sein. Aber die Ausbildung von Betrieb- und Verwaltungspersonal braucht 10 bis 20 Jahre. Welche internationale Finanzinstitution möchte da so ein Projekt noch unterstützen?


Kann die Süsswassergewinnung aus Meerwasser zur Lösung der Wasserknappheit in den jeweiligen Ländern beitragen und wie verhält es sich dabei mit der Energie- und Umweltbilanz?


Für die 160 bis 260 Liter/Tag, welche jeder Mensch zum Leben braucht, ist die Entsalzung des Wassers eine gute Lösung wenn kein Süsswasser zur Verfügung steht. Dies ist jedoch keine Lösung für die Landwirtschaft. Für die Umwelt sowie für die Wirtschaft ist dies ein Unsinn, Meerwasseraufbereitung um 1 Kilo Fleisch in der Wüste produzieren zu können. Warum haben wir so grosse Schwierigkeiten mit unserer Landwirtschaft in der Schweiz, wo wir 1800mm Niederschläge pro Jahr haben?


Die Aufmerksamkeit der Wissenschafter richtet sich seit einigen Jahren vermehrt auf Grundwasserspeicher unter dem Meeresboden. Wie schätzen Sie dieses Potenzial ein?


Wir haben ein Projekt in Syrien, wo wir süsses Grundwasser unter dem Seeniveau fassen. Dies sind jedoch spezielle lokale Konditionen. Wir suchen immer die günstigste Lösung, wirtschaftlich wie umweltmässig. Heute kann man für weniger als 1 $ 1000 Liter Süsswasser aus Meerwasser produzieren. In den nächsten 25 Jahren sehe ich in der Entsalzungs-Technologie noch grosses Potenzial.


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Am meisten Wasser wird weltweit für die Landwirtschaft verwendet. Können Sie uns Beispiele nennen für optimierte Nutzungen im In- und Ausland?


Für die Produktion von einem Kilo Brot braucht die amerikanische Landwirtschaft 4 m3 Wasser. Für die Produktion von einem Kilo Rindfleisch braucht man ungefähr 5.7 m3 Wasser. Es ist klar, dass nicht jedes Land wirtschaftlich und umweltmässig alle Nahrungsmittel für seine eigene Bevölkerung produzieren kann. Doch könnte die Machtglobalisierung eine positive Rolle spielen, um das richtige Nahrungsmittel am richtigen Ort zu produzieren. Nun muss noch die wirtschaftliche Regel spielen, sodass der richtige Preis gezahlt wird. Ich hoffe, dass endlich die WTO – Diskussion für ein gutes Resultat geführt wird.


Ob traditionelle Einrichtungen wie Brunnen oder kostspielige Wasserversorgungssysteme – sie wollen finanziert sein. Wie sieht es mit der Finanzierung der verschiedenen Projekte aus?


Es gibt keine Regel, die weltweit angewendet werden kann. Jedes Projekt hat andere Voraussetzungen. Wird der Preis des Wassers nur die Betriebskosten abdecken? Werden die Investitionen durch die Gemeinde oder den Staat abgedeckt? Braucht der Staat einen internationalen Kredit? Welche Garantien hat die Wasserversorgung oder der Staat für einen Kredit? Es gibt tausende Lösungen. Um falsche Investitionen wie in den 80er Jahren zu vermeiden, verlangen heute die internationalen Finanzierungs-Institutionen weit mehr Garantien für die Organisation und den Unterhalt des Betriebes. Das heisst, dass man nicht nur Investitionen planen kann, sondern dass auch die Nachhaltigkeit bewiesen werden muss. Schlussendlich kommt man immer noch zu den gleichen Fragen: ist der Preis für den Konsumenten erträglich und was sind die angepassten Technologien?


«Der Norden kann unmöglich alle nötigen Infrastrukturen im Süden finanzieren. Wir sind daher gefragt, Modelle mit angepassten Technologien zu entwickeln, um die Verschmutzung unserer Umwelt zu vermeiden.» (Daniel Lavanchy, CEO IB Grombach)


Der Klimawandel wird grosse Auswirkungen auf die Wasserverfügbarkeit in vielen Regionen der Welt haben. Experten rechnen mit einer weiteren Verknappung der Verfügbarkeit, wo das Wasser jetzt schon knapp ist, an anderen Orten mit der Verschmutzung des Grundwassers durch Überschwemmungen. Teilen Sie diese Einschätzung?


Der Klimawandel ist nicht an allem schuld. Wenn ein Problem genügend früh erkannt wird, kann man mit günstigen Massnahmen schon früh grosse Wirkungen erzielen. Die Verschmutzung des Grundwassers ist ein Problem, das man seit mehr als 20 Jahren kennt. Nach Studien sind Richtlinien und Gesetze entstanden, die auf einer Seite die Landwirtschaft regulieren und auf der anderen Seite für die Revitalisierung der Flüsse und Bäche sehr viel gebracht haben. In Überschwemmungsgebieten kann man mit einer richtigen Planung beim Bau der Wasserfassung schon viele Risiken vermeiden. Unser Metier ist nicht nur «etwas schnell bauen», sondern verlangt eine globale Schätzung aller Faktoren und der richtigen Vorschläge an die Bauherren.&


Ihre Dienstleistungen umfassen auch die weltweite Beurteilung der öffentlichen Abwasserentsorgung. Lassen sich die die markantesten Unterschiede nach Regionen oder auch im Nord-Süd-Gefälle auf einen Nenner bringen?


Sehr viel ist mit Geld verbunden. Wie kann ein ganzes Abwassernetz mit Abwasseranlagen in Kosovo gebaut werden, wenn es 60-70% Arbeitslosigkeit gibt, die Menschen kaum das Trinkwasser bezahlen können und die ganze Wirtschaft internationale Unterstützung für den Strassenbau und um Strom zu produzieren braucht? Wer ist schon bereit, unter solchen Bedingungen fürs Abwasser über 10 Millionen in eine 20’000-Einwohnerstadt zu investieren? Wir sind in Europa, alle Bäche sind verschmutzt und die Bevölkerung könnte nicht einmal mehr die Betriebskosten abdecken. Der Norden kann unmöglich alle nötigen Infrastrukturen im Süden finanzieren. Wir sind daher gefragt, Modelle mit angepassten Technologien zu entwickeln, um die Verschmutzung unserer Umwelt zu vermeiden. Es braucht Zeit und Ideen.nbsp;


Gilt die Schweiz in Sachen Abwasserentsorgung somit zu Recht als Musterknabe?


Leider sind die Schweizer Lösungen nicht immer die besten Lösungen für die ganze Welt. Vergessen wir nicht, dass wenn wir 1 CHF für das Trinkwasser in der Schweiz zahlen, zahlen wir 2 CHF für die Abwasserkosten. Für weniger reiche Länder sind die Politiker, wie auch die Ingenieure für angepasste Lösungen gefordert. Es ist besser, eine nachhaltige Lösung zu finden, die vielleicht nicht die Schweizer Qualität hat, jedoch mit Sicherheit 20 Jahre richtig läuft. Und das kann nur in Zusammenarbeit von Politiker, Juristen und Ingenieuren gelingen.





Zur Person:
Daniel Lavanchy als heimatberechtigter Waadtländer (Lutry-Forel) wurde 1953 in Genf geboren, wo er am Calvin-Gymnasium die Realmatura ablegte. Danach studierte er an der ETH Lausanne Bauingenieur. Anschliessend setzte er seine Studien an der Universität Lehigh im US-Bundesstaat Pennsylvania fort, wo er 1981 den Master of Science in Civil Engineering erwarb. Im selben Jahr trat er in das Ingenieurunternehmen IB Grombach & Co. AG in Zürich ein – zunächst war er als Projektleiter tätig, 1985 wurde er zum Partner und Mitinhaber des Unternehmens.


Das Ingenieurbüro Grombach ist weltweit tätig und hat sich in den Bereichen Trinkwasserversorgung, Abwasser sowie ferngesteuerte Systeme für Gas und Wasser international einen Namen gemacht. In den letzten 20 Jahren realisierte Daniel Lavanchy grosse Wasser- und Abwasserprojekte, in der Schweiz, in Deutschland, in verschiedenen afrikanischen Ländern und in Osteuropa.


In den Jahre 1996 und 1997 war er in Brüssel Vorstandsmitglied der EFCA (European Federation of Engineering Consultancy Associations). Von 1998 bis 2002 war er Mitglied des Vorstandes des Planerverbandes USIC (Schweizerische Vereinigung Beratender Ingenieure) und präsidierte denselben von April 2000 bis April 2002. Seit Januar 2003 ist Lavanchy Mitglied des Vorstands des SVGW sowie innerhalb des Verbandes Präsident der Industrie und Ingenieurgruppe (I + IG). Seit 2005 ist er Inhaber der Ingenieur Beratungsfirma IB Grombach & Co. AG und allen Filialen. Lavanchy ist verheiratet und Vater von drei Kindern.

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