Daniel Reinhard, CEO Charles Vögele Gruppe

Von Radovan Milanovic

Moneycab: Im Geschäftsjahr 2007 konnte Charles Vögele den Bruttoumsatz um 6.7% auf 1,626 Milliarden CHF, den EBITDA um 9% auf 156 Millionen CHF, das Konzernergebnis mit 61 Millionen CHF (Vorjahr 1,7 Millionen CHF Verlust) und einen ROE von 11.7% ausweisen. Das Unternehmen lag leicht unter den Erwartungen. Hat dieses Resultat Ihren Erwartungen entsprochen?


Daniel Reinhard: Im März 2007 hatten wir für das Geschäftsjahr 2007 auf Stufe EBITDA eine Zielsetzung zwischen 11% bis 13% kommuniziert. Das ausgewiesene Ergebnis von 11.2% erfüllte diese Vorgabe. Das Unternehmen hatte per Ende Oktober 2007 eine ausgezeichnete Ausgangslage. Daher war meine zwischenzeitliche Erwartungshaltung bezüglich des Ergebnisses über 12 Monate höher. Europaweit hatte in den Monaten November und Dezember die ganze Branche gelitten, wir konnten uns damals diesem Trend nicht entziehen. Schlussendlich entsprach der Leistungsausweis für 2007 meinen Vorstellungen.


Welche Art von Prozessverbesserungen hat zur Erhöhung der stolzen Bruttogewinnmarge von 63.6% geführt?


Es sind drei Ursachen, die zu dieser weiteren Steigerung des Bruttogewinns geführt haben: Die Umsatzentwicklung der Monate März, April, September und Oktober war deutlich überdurchschnittlich. Dadurch hat der Abverkauf von voll kalkulierter Ware einen im Vergleich zu den Vorjahren höheren Anteil am Gesamtumsatz ausgemacht. Des weitern haben die über mittlerweile 6 Jahre verbesserten Ablaufprozesse (Beschaffungslogistik etc.) ihre positive Wirkung gezeigt. Der für uns günstige Dollarkurs hat die Margenverbesserung um rund 0.5% beeinflusst.


Es fällt auf, dass in 2007 in der Schweiz nur zwei neue Filialen eröffnet worden sind. Sehen Sie eine Sättigung des Marktes in der Schweiz im Vertrieb mit Ihren Produkten. Ist dies der Fall? Stehen gar unrentable Filialen zur Disposition?


In der Schweiz decken wir den Markt mit 160 Filialen umfassend ab und sind in unserem Segment Marktführer. Die Filialen sind auch alle profitabel. In Zukunft konzentrieren wir uns darauf, kleine Läden, welche eine Nahversorgungsfunktion ausüben, durch grössere Einheiten am gleichen Standort zu ersetzen.


Was ist das Rezept von Charles Vögele, trotz der wachsenden Konkurrenz so erfolgreich im Schweizer Markt zu sein und gar Marktanteile zu gewinnen?


Das Rezept sind attraktive Kollektionen, gute Qualität, tolle Preise sowie ein gut ausgebildetes und sehr motiviertes Personal, auch in unsern Filialen. Daher stimmen Marktanteil und Ergebnisausweis in diesem Markt.



«In Deutschland können Synergien in der Logistik, der Werbung und dem Personaleinsatz noch kaum realisiert werden. Es ist unsere primäre Aufgabe in diesem Markt, speziell in den wirtschaftlich starken Bundesländern zu wachsen und gleichzeitig schlecht arbeitende Filialen zu schliessen» Daniel Reinhard, CEO Charles Vögele Gruppe


Soeben hat das SECO den Index der Konsumentenstimmung in der Schweiz mit einem Rückgang von +14 im Januar auf +2 im April bekanntgegeben; den tiefsten Wert seit Oktober 2005. Als Anbieter von Konsumgütern wie Textilien dürften Sie vom Rückgang der Konsumfreudigkeit betroffen sein. Haben Sie in der Schweiz bereits eine Veränderung der Konsumgewohnheiten festgestellt? Wenn ja, in welchen Sortimenten?


Der heutige Treiber für einen Textilkauf sind selten leere Kleiderschränke zu Hause sondern ist die Freude und positive Emotion anlässlich des Einkaufsentscheides. Im Umgang mit diesem Thema haben unsere Filialen über die letzten Jahre grosse Fortschritte erzielt. Zurzeit sind Einflüsse durch den Aufbau harmonischer Kollektionen oder die in unserem Geschäftsfeld gern zitierte Wetterentwicklung deutlich markanter zu spüren, als die viel diskutierten Schreckenszenarien aus der Finanzwelt.


Was ist der Grund für das schlechte Ergebnis der Vertriebsorganisation in Deutschland? Im Vergleich: Nettoumsatz 458 Millionen CHF (Schweiz 452 Millionen CHF), EBITDA 6 Millionen CHF (68 Millionen CHF), EBIT -14 Millionen CHF (52 Millionen CHF), EBIT Marge -3% (12%).


In unserer Unternehmensgruppe gibt es eine direkte Korrelation zwischen Marktanteil und Ergebnis. In Deutschland haben wir zurzeit noch einen zu kleinen Marktanteil; dies ist nicht nur für Gesamtdeutschland der Fall sondern auch für die einzelnen Bundesländer. Daher können Synergien in der Logistik, der Werbung und dem Personaleinsatz kaum realisiert werden. Es ist unsere primäre Aufgabe in diesem Markt, speziell in den wirtschaftlich starken Bundesländern zu wachsen und gleichzeitig schlecht arbeitende Filialen zu schliessen. Damit kann das Ergebnis in Deutschland schrittweise in eine vernünftige Grössenordnung bewegt werden.


Auch die Vertriebsorganisation Belgien/Niederlande zeigt unbefriedigende Ergebnisse. Wie wollen Sie Ihre Position in dieser Region festigen und profitabler werden?


Im Geschäftsjahr 2001 haben wir in diesen zwei Märkten einen Verlust auf Stufe EBITDA von über CHF 41 Mio. ausgewiesen. In den Jahren 2002 bis 2007 haben wir kontinuierlich das Ergebnis verbessert. Leider ist uns der angestrebte Break-even auf Stufe EBITDA im Jahre 2007 nicht ganz geglückt. Dies werden wir in diesem Jahr nachholen. Ich bin überzeugt, dass bei einer Fortschreibung der bisherigen Entwicklung uns diese zwei Märkte in Zukunft noch viel Freude bereiten werden.


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Die Vertriebsorganisation Slowenien, Ungarn, Tschechien und Polen konsolidiert sich erfreulich mit stolzen Wachstumszahlen wie dem Anstieg des Nettoumsatzes um 166% auf 40 Millionen CHF, der EBITDA Marge von +100%, dem EBIT von +50% und einer nahezu Verdoppelung der Filialen auf 31 per 31.12.2007. Was ist Ihr Rezept für diesen Erfolg? Gewinnen Sie Marktanteile aufgrund Ihres Preis-/Leistungsverhältnisses oder Ihres Sortimentes wegen?


Im Gegensatz zur Expansion nach dem Börsengang im Jahre 1999 haben wir jetzt die Märkte zunächst sorgfältig analysiert und getestet. Die daraus entstandene Konklusion hat uns bis dato Recht gegeben. Ein Markteintritt bewirkt daher zu Beginn nicht die grosse Story, mittel- bis langfristig ist dies jedoch mit Sicherheit der erfolgreichste Weg bei der Beschreitung von «Neuland». Schon im ersten vollen Geschäftsjahr konnten wir den Eintritt in vier neue Märkte ergebnismässig erfolgreich gestalten.


Während sich im vergangenen Jahr die Gesamtkosten um 8% erhöht haben, gaben Sie 14% mehr für Werbung aus. Findet bei Charles Vögele eine Verlagerung der Werbung auf das Internet statt?


Wir messen die Werbekosten im Verhältnis zum Nettoumsatz und rechnen jeweils mit Ausgaben von 7.5-8% des Umsatzes. Da wir stark in Fachmärkten und auch in peripheren und ländlichen Gebieten präsent sind, erfordert unser Geschäftsmodell einen höheren Werbeeinsatz als eine Strategie, die ausschliesslich auf Filialen in Hochfrequenzlagen ausgerichtet ist. Die Hauptwerbemittel bleiben für uns deshalb unser Modeblatt und das Plakat.



«Der heutige Treiber für einen Textilkauf sind selten leere Kleiderschränke zu Hause sondern ist die Freude und positive Emotion anlässlich des Einkaufsentscheides. Im Umgang mit diesem Thema haben unsere Filialen über die letzten Jahre grosse Fortschritte erzielt.»


In den vergangenen zwei Monaten haben sich die Besitzverhältnisse von Charles Vögele erheblich verändert, indem die Investoren Laxey (ein britischer Hedgefond), Cheyne Capital und Sterling Strategic Value zusammen 23.85% am Kapital halten. Und Migros kaufte eine Beteiligung von 5.18%. Die Grossaktionäre haben sogleich zwei ihrer Vertreter in den Verwaltungsrat wählen lassen. Erwarten Sie eine neue Stossrichtung von Charles Vögele? Ist Migros tatsächlich nur an einer Finanzinvestition von Charles Vögele interessiert?


Bezüglich der Absichten von Migros muss die Frage an den MGB gestellt werden, denn mögliche und sinnvolle Kooperationen im operativen Bereich bedingen keine finanzielle Beteiligung. Eine grundsätzliche Strategieänderung von Charles Vögele ist nicht zu erwarten, denn die Hausaufgaben sind gemacht und die neue Expansionsphase ist lanciert. Man darf auch nicht vergessen, dass wir seit längerem auch andere Grossaktionäre wie den Classic Global Equity Fund, Bestinver und UBS haben, die zusammen einen noch höheren Stimmanteil repräsentieren.


Die Aktie von Charles Vögele konnte sich vom Tiefstkurs von 68.50 CHF um 28% verbessern, liegt jedoch immer noch weit unter dem 12-monats Hoch von CHF 149.85. Sehen Sie die Aktie fair bewertet oder glauben Sie, dass der Markt den Wert der Aktie verkennt?


Grundsätzlich kommentieren wir den Aktienkurs nicht, denn dieser wird oft von externen Faktoren beeinflusst, die nichts mit der Performance oder dem Wert des Unternehmens zu tun haben und damit von uns auch nicht beeinflusst werden können. Dies ist auch jetzt der Fall.


Herr Reinhard, unter Ihrer Führung ist Charles Vögele zu einem äusserst gesunden und gut verwurzelten Unternehmen herangewachsen. Sie werden Ihre Aufgabe als CEO wahrnehmen, bis ein Nachfolger bestimmt ist. Werden Sie sich ins Privatleben zurückziehen oder nehmen Sie neue Herausforderungen wahr?


Diese Überlegungen werde ich mir zu einem Zeitpunkt machen, nachdem ich die operative Führung an einen noch zu bestimmenden Nachfolger übergeben habe. Der Verwaltungsrat hat den dazu notwendigen Entscheidungsfindungsprozess eingeleitet und wird zu gegebener Zeit informieren.






Der Gesprächspartner
Daniel Reinhard ist Schweizer und ist seit dem 1. Dezember 2001 CEO der Charles Vögele Holding AG Von 1998 bis 2001 war er Sprecher des Vorstands und von 1994 bis 1998 Mitglied des Vorstands der Salamander AG. Von 1991 bis 1993 Firmenleiter und von 1986 bis 1991 CFO der Bally Deutschland, Österreich und Grüterich GmbH.


Das Unternehmen
Die Charles Vögele Gruppe ist ein eigenständiges europäisches Mode-Einzelhandelsunternehmen mit 825 Verkaufsniederlassungen in der Schweiz, Deutschland, Österreich, Belgien, den Niederlanden, Slowenien und Ungarn sowie in Tschechien und Polen. Im Geschäftsjahr 2007 wurden insgesamt 7’811 Mitarbeitende beschäftigt und ein Nettoumsatz von CHF 1,394 Mrd. erwirtschaftet. Die Aktien der Charles Vögele Holding AG sind an der SWX Swiss Exchange kotiert .

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