Daniel Reinhard, CEO Vögele: «Wir können noch expandieren ohne Kostensprünge»


Daniel Reinhard hat 2001 als Sanierer die Führung des Modehauses Vögele angetreten. Im Moneycab-Interview verrät er, wie in seinem Haus mit der aktuellen Konsumabstinenz umgegangen wird und wie er sich die Zukunft von Vögele vorstellt.

Von Helmuth Fuchs

Herr Reinhard, in der vergangenen Woche hat Vögele eine Gewinn- und Umsatzwarnung ausgesprochen. Die Prognose eines zum Jahresvergleich gehaltenen Betriebsergebnisses war also zu optimistisch. Was sind die Gründe für das tiefere Ergebnis?

Daniel Reinhard: Wir hatten bereits anlässlich der Bilanzmedienkonferenz im März mitgeteilt, dass wir im besten Fall von einer gehaltenen, beziehungsweise leicht rückläufigen Umsatzentwicklung für das Jahr 2004 ausgehen würden. Bis Ende April befanden wir uns in diesem Zielkorridor. Die Monate Mai und Juni entwickelten sich für die Branche und auch für uns unter den Erwartungen.


«Unternehmensführung kann nicht auf einer Zeitachse von zwei Jahren gemessen werden.» Daniel Reinhard, CEO Vögele


Sie beklagen in Ihrer Medienmitteilung eine „ausgeprägte Konsumabstinenz“. Darunter hat ja nicht nur Vögele zu leiden, sondern auch andere Modehäuser in der Schweiz. Wie erklären Sie sich diese Abstinenz?
Die ungeklärten Fragen der Rentenvorsorge, die anhaltend hohe Arbeitslosenquote und die Unsicherheit der wirtschaftlichen Entwicklung haben zu einer Erhöhung der Sparquote geführt. Parallel dazu haben sich die Konsumentenmärkte unterschiedlich entwickelt, wobei der Textilbereich nicht zu den Favoriten gezählt hat.

Ist es nicht auch so, dass gar nicht viel weniger Kleider verkauft werden, aber zu viel günstigeren Preisen? Der Schlussverkauf beginnt ja immer früher und der Konsument kriegt nicht nur 20 % Rabatt, sondern ganz schnell 50 % oder noch mehr.
Ein Verdrängungswettbewerb führt immer zum Preiskampf. Im Gegensatz zu vielen Mitbewerbern haben bei uns die erlittenen Umsatzverluste aber nicht zur Erhöhung der Warenlager geführt. Aufgrund des attraktiven Preis-Leistungs-Verhältnisses unserer Kollektionen waren wir nicht gezwungen, extensive Preisschlachten zu führen.

Nach den neuen Prognosen gehen Sie nun davon aus, dass sich das EBITDA im laufenden Jahr in einem Zielkorridor von 100 bis 130 Millionen Franken bewegen wird, also mindestens 30 % weniger als 2003. Wieso diese grosse Bandbreite von 30 Millionen Franken?
Die Bandbreite drückt die aktuelle Volatilität des Marktes aus. Deshalb können wir zur Zeit keinen engeren Zielkorridor kommunizieren.

Sie haben bekannt gegeben, dass der Gewinn- und Umsatzwarnung zum Trotz mit eingeleiteten Massnahmen weitere Fortschritte bei der Ertragskraft erzielt werden sollen? Wie sehen diese Massnahmen aus?
Wir halten grundsätzlich an der eingeschlagenen Richtung fest und setzen die Strategie und die begonnen Projekte um, weil wir der Überzeugung sind, auf dem richtigen Weg zu sein. Zum einen ist es das Supply Chain Projekt, mit welchem wir alle Prozesse von der Kollektionsgestaltung bis hin zum Verkaufspunkt analysieren und punktuell verbessern. Dies wird uns ab 2005 Einsparungen in der Höhe von CHF 10 Mio. jährlich bringen. Zum anderen arbeiten wir aber auch gezielt an der Optimierung der Kollektionen und an der Verbesserung der Warenpräsentation in unseren Filialen, um in Zukunft auch die Umsätze wieder in die positive Richtung zu bewegen.

Die Analysten sind da skeptisch. Es gebe zwar noch geringe Einsparungspotentiale, die Kostenstruktur sei jedoch relativ fix. Was meinen Sie dazu?
Vögele ist seit jeher ein kostenbewusstes Unternehmen. In den vergangenen beiden Jahren haben wir durch den massiven Lagerabbau und organisatorische Verbesserungen weitere Einsparungen erzielt. Das Potential ist weitgehend ausgeschöpft; je nach Markt bestehen aber noch einige Möglichkeiten zur weiteren Effizienzsteigerung. Die bestehende Organisation ermöglicht es uns aber auch, ein gewisses Expansionsvolumen ohne markante Kostensprünge neu zu erschliessen.

Wie sieht es mit dem Face-Lifting für die mittlerweile 779 Vögele-Filialen aus. Wie weit ist Vögele da, wann wird dieses abgeschlossen sein und wie viel investiert der Konzern in diese Erneuerung der Geschäfte?
Das Pilotprojekt befindet sich noch bis Ende September 2004 in einer Testphase und wird anschliessend realisiert. Dabei geht es nicht darum, die Filialen vollständig umzubauen. Wir wollen unseren Kunden mehr Kombinationsmöglichkeiten mit Farben und Modethemen aufzeigen und eine einheitliche Warenpräsentation zur Vereinfachung der Prozesse erreichen. Die Investitionen belaufen sich auf ca. CHF 20 Mio. über die Umsetzungsdauer von etwaeineinhalb Jahren.

Sie sind 2001 als Sanierer bei Vögele angetreten und Ihre Restrukturierungsmassnahmen haben auch finanzielle Resultate erbracht und den Aktienkurs wieder in die Höhe getrieben. Auch dieses Jahr wird Vögele wieder einen Gewinn machen. Trotzdem, werten Sie die neusten Entwicklungen nicht auch als persönlichen Rückschlag?
Unternehmensführung kann nicht auf einer Zeitachse von zwei Jahren gemessen werden. Neben einer klar formulierten Strategie bedarf es auch einer kompetenten Aufbauorganisation und klar strukturierten, effizienten Prozessen. Diese Themen sind in der Umsetzung. Wenn ein Unternehmen aktiv geführt wird, können nicht alle Entscheidungen direkt zum Erfolg führen. Dies kann kurzfristig in der Entwicklung des Unternehmens zu Verzögerungen führen, bedeutet aber nicht, dass die Zielerreichung deshalb in Frage gestellt wird. Somit sehe ich die momentane Phase auchnicht als persönlichen Rückschlag.

Letzte Frage: Ende Mai haben Sie in einem Interview erklärt, Vögele prüfe die Übernahme der zum Kauf stehenden Oviesse-Standorte. Zu welchen Resultaten hat die Prüfung bisher geführt?
Im Rahmen unserer Expansion prüfen wir laufend neue Standorte: neugeschaffene oder bestehende, die uns von Mitbewerbern im In- und Ausland angeboten werden. Zur Zeit werden uns in unseren Märkten von sechs Einzelhändlern Standorte angeboten. Sollten sich darunter für uns interessante Objekte befinden, werden wir Verträge abschliessen und anschliessend informieren.


Moneycab Interviews Daniel Reinhard 
CEO sowie Leiter Verkauf und IT Charles Vögele Gruppe (seit Dezember 2001)

Jahrgang: 1953

Nationalität: Schweizer

Zuvor:
1998-2001 Sprecher des Vorstands der Salamander AG
1994-1998 Mitglied des Vorstand der Salamander AG
1991-1993 Firmenleiter Bally Deutschland
1986-1991 CFO Bally Deutschland, Österreich und Grüterich GmbH

Die Charles Vögele Holding ist ein eigenständiges Mode-Einzelhandelsunternehmen mit 779 Verkaufsniederlassungen in der Schweiz, Deutschland, Österreich, Belgien und den Niederlanden. 2003 erwirtschafteten die 7845 Vögele-Mitarbeitenden einen Nettoumsatz von 1,415 Milliarden Franken. Die Aktien der Charles Vögele Holding sind an der SWX Swiss Exchange kotiert.

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