Daniel Weder, CEO Skyguide

von Patrick Gunti


Herr Weder, der einheitliche Luftraum über Europa – der Single European Sky – bringt grosse Veränderungen mit sich. Wie wird sich der Luftraum über Europa in den kommenden Jahren verändern?

Supranationale Lufträume über Europa («Single European Sky) werden in den nächsten Jahren das Flugsicherungsgeschäft stark verändern. Wie der «Single European Sky» genau aussehen wird und was er für skyguide bringt, kann man derzeit nur konturenhaft erkennen.

Und was zeigen Ihnen diese Konturen?

skyguide muss sich so aufstellen, dass jederzeit gute Antworten auf absehbare Entwicklungen, insbesondere hinsichtlich einzelner Kooperationen möglich sind. Flugsicherungsunternehmen werden sich in Zukunft in Europa entscheiden müssen, ob sie alle Services selbst erbringen wollen, oder ob sie sich auf ausgewählte Bereiche konzentrieren und die restlichen in Kooperationen abdecken wollen. Gesamtanbieter zu sein, wird zunehmend schwierig und wird nur für sehr grosse Unternehmen möglich sein. Der Single European Sky wird in nächster Zeit sicher kommen. Und skyguide will nicht abseits stehen. Hier gilt das geflügelte Wort: «Wer zu spät kommt, den bestraft die Geschichte.»


skyguide hat entsprechend die Strategie der Schweizer Flugsicherung konkretisiert. Mit welchem Resultat?

Mit dem klaren Ziel einer Kooperationsstrategie. Damit das Unternehmen die Identität weiterhin bewahren kann, wird es im Verlaufe der nächsten Jahre Partnerschaften anstreben und alle anderen Opportunitäten aktiv nutzen. Diese Strategie ist angesichts der noch unklaren Sachlage die beste Option für einen relativ kleinen Anbieter: Skyguide hat nur eine kleine zugängliche Marktgrösse, muss sich aber in einem europäischen Umfeld behaupten, das von grossen Flugsicherungsunternehmen geprägt ist.


Wie soll die Strategie umgesetzt werden?

Wir wollen skyguide als hoch zuverlässige, erfolgreiche Flugsicherung etablieren und attraktiv machen für Partnerschaften. Dazu haben wir einen Vierpunkte-Plan erstellt und ein ganzes Massnahmenpaket geschnürt. Die Punkte sind im einzelnen:



  • die unternehmensweit integrierte Sicherheits-Kultur verstärken
  • die absehbare Ertragslücke rasch kompensieren
  • die Kapazität der Flugsicherung im Schweizer Luftraum erhöhen
  • mit einer Modularisierung kundennäher und flexibler auftreten

Der Fokus liegt insgesamt auf Sicherheit, Wettbewerbsfähigkeit, betriebswirtschaftlicher Effizienz und hoher Qualität der Leistungserbringung.


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Mit welchen Massnahmen wird die Sicherheitskultur im Unternehmen stärker verankert?

Erstens haben wir alle für Sicherheit relevanten Stellen in einem neu geschaffenen Departement Sicherheit, Security, Quality mit rund 40 Personen zusammengeführt und auf Stufe der Geschäftsleitung angesiedelt. Zweitens orientieren wir uns am Konzept einer High Reliability Organisation (HRO). Damit streben wir die höchste Zuverlässigkeit in unserer Tätigkeit an. Sicherheit ist unsere oberste Priorität und diese beiden Massnahmen werden diese Kultur weiter stärken.


Um die Luftraum-Kapazität zu erhöhen, brauchen Sie mehr Fluglotsen. Schon jetzt hat skyguide – wie die ganze Branche – zuwenig Fluglotsen. Wie können Sie das Kontingent aufstocken?

Indem wir die die Anzahl der Lehrgänge verdoppeln, die Ausbildung grundsätzlich weiter optimieren und effizienter gestalten, auf dem Arbeitsmarkt noch aktiver und kreativ auftreten und auch innerhalb der Luftfahrt Synergien nutzen. Es fischen viele im gleichen Teich und dabei müssen wir besser sein. Wichtig ist aber auch, dass sich unsere jetzigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei uns wohl fühlen, auch wenn wir vielleicht nicht die höchsten Löhne bezahlen. Die Bindung an das Unternehmen kann noch gesteigert werden.


«Sicherheit ist unsere oberste Priorität und diese beiden Massnahmen werden diese Kultur weiter stärken.» (Daniel Weder, CEO skyguide)


Bis ins Jahr 2012 haben Sie eine Einnahmelücke von kumulativ 240 Mio. Franken errechnet. Ein Effizienzsteigerungsprogramm soll 135 Mio. bringen. Und der Rest?

Die anspruchsvollen Massnahmen zur Effizienzsteigerung genügen nicht – weitere müssen folgen, um die strukturelle Unterdeckung zu beseitigen. Dann gibt es da aber noch einen wichtigen Punkt. Innerhalb des gesetzlichen Auftrags und somit auch für die Eidgenossenschaft erbringt skyguide heute jährlich Leistungen im Wert von 65 Millionen Franken, die nicht abgegolten werden. Dazu zählen die Verkehrsleitung in Deutschland, Italien und Österreich, Leistungen für die Regionalflughäfen und die Leichtaviatik. Wir wollen keine Subventionen, aber im Wettbewerb gleich lange Spiesse wie andere europäische Flugsicherungen. Die haben wir heute nicht und das ist für die weitere Entwicklung der skyguide ein sehr grosses Handicap. Es ist Aufgabe des Gesetzgebers uns hier zu helfen.


Die Forderung, die Leistungen im Interesse der Eidgenossenschaft auch kostendeckend zu entschädigen, ist nicht neu. Wie zuversichtlich sind Sie, dass Sie mit der Forderung nun Erfolg haben werden?

Das Thema ist bekannt, aber angesichts der finanziellen Lage von skyguide muss es wieder adressiert werden, damit unsere Firma im europäischen Wettbewerb eine Chance hat. Ich erwarte ja nicht mehr, als dass wir gleich lange Spiesse haben wie andere Flugsicherungen. Falls diese Ertragslücke grösstenteils über die Tarife auszugleichen wäre, müsste skyguide ihre Gebühren massiv erhöhen, was unseren Kunden schaden und Kooperationsgespräche mit potenziellen Partnern und Kunden stark belasten würde. Ich finde, skyguide sollte als Schweizer Firma in Europa eine Rolle spielen. Dies gelingt uns aber nur, wenn wir gut positioniert sind.


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Zur Modularisierung der Leistungserbringung: Zuerst will Skyguide ihre Dienstleistungen auf den Regional- und Militärflugplätzen in einer Tochterfirma zusammenfassen. Was erwarten Sie sich für Verbesserungen?

Europaweit beginnen die Flugsicherungen einzelne Leistungen in verschiedene Geschäftsmodule aufzuteilen. Wir sehen in dieser Entwicklung eine Chance. Mit der Zusammenfassung der Dienstleistungen auf den Regional- und Militärflugplätzen in einer eigenständigen Tochterfirma entstehen transparentere Kostenstrukturen, grössere Kundennähe und mehr regionale Flexibilität, ohne dass die Vorteile der skyguide-Integration verloren gehen.


Was werden die nächsten Schritte dieser Modalisierung sein?

Mittelfristig könnten unter dem Dach von skyguide weitere Aufgaben in verselbständigte Geschäftseinheiten überführt werden, zum Beispiel Training/Schulung oder der Luftfahrtinformationsdienst.


2007 hatte skyguide erneut ein Rekordjahr zu verzeichnen. 1,23 Mio. Flüge wurden kontrolliert. Das Verkehrswachstum betrug gegenüber dem Vorjahr 6,1 %. Welche Bilanz ziehen Sie für das abgelaufene Jahr?

Natürlich freuen wir uns auch in Zahlen zu sehen, wie viel – gute – Arbeit im vergangenen Jahr geleistet wurde. Dies ist nur dank Mitarbeiterinnen und Mitabeitern möglich, welche sich tagtäglich für das Unternehmen einsetzen.  Das freut mich und das zeigt auch, dass in dieser skyguide sehr viel Potenzial steckt. Das kontinuierliche Verkehrswachstum gibt uns auch den Takt für die Zukunft vor. Wir haben viel zu tun um dafür gerüstet zu sein und gleichzeitig auch die Verspätungen abzubauen.


Sie sind seit 1. Oktober letzten Jahres CEO von skyguide. Was hat Sie an dieser Aufgabe gereizt?

Ich habe die Firma schon von früher her gekannt und wusste um deren Potenzial. Zudem hat mich die beispielhafte Zusammenarbeit mit dem Militär betreffend militärischer Flugsicherung fasziniert. Ich habe eine hohe Achtung für skyguide und bin überzeugt, dass wir es gemeinsam packen werden. Die Aufgabe ist aber nicht einfach. Es wird grosse Anstrengungen brauchen und auch entsprechende Zeit. All das war und ist für mich eine echte Herausforderung. 


Mit welchen Zielen haben Sie Ihr Amt angetreten?

Wir wollen unseren zivilen und militärischen Kunden tagtäglich einen sicheren, zuverlässigen und kosteneffizienten Service bieten und uns dadurch als Schweizer Firma in Europa entsprechend positionieren.


Herr Weder, besten Dank für das Interview.





Zur Person:
Daniel Weder ist seit 1. Oktober 2007 CEO von skyguide. Weder, Jahrgang 1957, arbeitet seit über 30 Jahren in der Luftfahrt und kennt die verschiedenen Facetten der Branche. Er absolvierte 1999 ein MBA-Studium am IMD in Lausanne, im Militär amtete er als Hauptmann bei einer Radarabteilung der Luftwaffe. In seiner langjährigen Karriere bei  Swiss/Swissair wirkte er unter anderem auch als Integrationsfigur in den schwierigen Jahren der Fluggesellschaft. Als Leiter Marketing and Services setzte er massgeblich die Restrukturierung um. Ferner war er bei der Bewältigung verschiedener Krisen beteiligt, so zum Beispiel die Auswirkungen für die Swiss von SARS, Irak-Krieg und Swissair-Grounding. Daniel Weder war eine der Schlüsselpersonen der Swiss in der Restrukturierungs- und Aufbauphase.


Zum Unternehmen:
skyguide ist verantwortlich für die Flugsicherung in der Schweiz und in einem Teil des angrenzenden ausländischen Luftraumes. skyguide führt täglich rund 3200 und jährlich über 1,23 Millionen zivile und militärische Flugzeuge durch einen der komplexesten und am dichtest beflogenen Lufträume Europas. Sie ist eine nicht gewinnorientierte AG im Mehrheitsbesitz des Bundes mit Hauptsitz in Genf. skyguide erwirtschaftet jährlich einen Umsatz von über 341 Millionen Franken und beschäftigt 1400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an 14 Standorten in der Schweiz.

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