Der private Konsum kommt nach dem Mehrwertsteuerschock vom Jahresbeginn nur langsam in Gang. Dagegen sind die boomenden Exporte und die Investitionen im Inland der wichtigste Antriebsmotor für die Wirtschaft. Mit einem Plus von real 0,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal verlangsamte sich das Wirtschaftswachstum im Frühjahr, teilte das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden mit und bestätigte eine erste Schätzung. Im ersten Quartal hatte der Zuwachs noch 0,5 Prozent betragen.
Gute Aussichten für das Gesamtjahr
Die Aussichten für das Gesamtjahr sind aber trotz der Delle gut: Volkswirte erwarten 2007 rund 2,5 Prozent Wachstum nach 2,9 Prozent im Vorjahr. Die meisten Ökonomen rechnen nicht mit negativen Auswirkungen der Finanzmarktkrise infolge der US-Immobilienkrise auf die Konjunktur. Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) sagte am Donnerstag, er gehe davon aus, dass sich die Konjunktur insgesamt – unterstützt durch den privaten Konsum – wieder beschleunigen wird.
Konsumausgaben gestiegen
Der private Verbrauch erholte sich im Frühjahr nach dem Mehrwertsteuerknick vom ersten Quartal aber nur schleppend. Die Konsumausgaben stiegen gegenüber dem Vorquartal um 0,6 Prozent. Das machte den Einbruch vom ersten Vierteljahr nicht wett, als nach der Erhöhung der Mehrwertsteuer zum 1. Januar 2007 von 16 auf 19 Prozent viele Verbraucher ihre Ausgaben einschränkten und der Konsum um 1,8 Prozent einbrach. Ein Grund für die langsame Erholung des Konsums ist nach Ansicht von Ökonomen, dass die Verbraucher wieder mehr Geld auf die hohe Kante legen: die Sparquote – der Anteil der Ersparnis am Einkommen – stieg im zweiten Quartal binnen Jahresfrist von 10,0 auf 10,4 Prozent. Auf den Konsum entfallen rund zwei Drittel des Bruttoinlandsprodukts (BIP).
Dynamischer Export als Antriebsmotor
Wichtigster Antriebsmotor war nach Angaben der Statistiker im Frühjahr der dynamische Export. Der Aussenhandelsüberschuss lieferte 0,8 Prozentpunkte des saisonbereinigten Wachstums. Auch aus dem Inland kamen positive Impulse, jedoch in geringerem Umfang. Die Unternehmen investierten deutlich mehr in Maschinen und Ausrüstungen (plus 2,5 Prozent). Als Bremsfaktor wirkten die stark rückläufigen Bauinvestitionen (minus 4,8 Prozent). Zudem sanken die staatlichen Konsumausgaben (minus 0,2 Prozent) und viele Unternehmen bauten ihre Lager ab, was das BIP-Wachstum um 0,6 Prozentpunkte bremste.
Milder Winter
Der Einbruch am Bau wurde von dem milden Winter verursacht. Wegen des ungewöhnlich warmen Wetters konnten die Baufirmen ihre Aufträge bereits im ersten Quartal abarbeiten, die entsprechende Frühjahrsbelebung blieb im zweiten Quartal aus. Die auf die Anhebung der Mehrwertsteuer zurückzuführende Korrektur der Bauinvestitionen habe sich daher in den Frühling verschoben, berichteten die Ökonomen.
Bessere Lage am Arbeitsmarkt
Nach Einschätzung der Commerzbank dürfte die Wirtschaft im dritten Quartal mit 0,7 Prozent wieder stärker zulegen. «Der Einbruch bei den Bauinvestitionen dürfte sich nicht wiederholen.» Die deutsche Wirtschaft habe dank der grossen Nachfrage aus dem Ausland volle Auftragsbücher. Das mache weitere Investitionen notwendig. Die bessere Lage am Arbeitsmarkt werde den Konsum im zweiten Halbjahr beleben. «Noch nie in den vergangenen Jahren waren die Aussichten so gut, dass der private Konsum zum Hauptwachstumstreiber wird. Die Basis für eine Fortsetzung des Aufschwungs ist gelegt», kommentierte Alexander Koch von Unicredit/HVB die Daten.
Wirtschaftsleistung um 2,5 Prozent gestiegen
Im Vorjahresvergleich nahm die Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal um 2,5 Prozent zu nach kalenderbereinigt 3,6 Prozent im ersten Vierteljahr. (awp/mc/ar)