Mit dieser Analyse meldeten sich die prominenten Berater der Regierung am Donnerstag überraschend in den Koalitionsverhandlungen von Union und FDP zu Wort. Die Ökonomen warnen Union und FDP vor Steuergeschenken. «Für nennenswerte Steuersenkungen besteht auf absehbare Zeit kein finanzieller Spielraum», schreiben Peter Bofinger, Wolfgang Franz, Christoph Schmidt, Beatrice Weder di Mauro und Wolfgang Wiegard. Selbst wenn das von der FDP-Fraktion für den Bundeshaushalt 2009 vorgelegte «Liberale Sparbuch» mit einem Einsparvolumen von 10,5 Milliarden Euro vollständig umgesetzt würde, wäre damit nicht einmal der Konsolidierungsbedarf bis 2012 gedeckt.
Merkel schliesst höhere Mehrwertsteuer aus
Die erneute Erhöhung der Mehrwertsteuer sei «noch die beste unter allen schlechten Lösungen». Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat diesen Schritt aber ausgeschlossen. Die Steuer war schon 2007 von 16 auf 19 Prozent angehoben worden. Steuererhöhungen seien nie Anlass zur Freude. Sie müssten aber neben entschlossenen Ausgabenkürzungen als «Preis» für die wegen der Krise gestiegene Staatsverschuldung interpretiert werden, erklärt der Sachverständigenrat. Union und FDP hatten vor der Wahl weitere Steuersenkungen angekündigt. Firmen und Bürger waren durch die Konjunkturpakete und weitere Massnahmen bereits von der abgewählten grossen Koalition entlastet worden. 2009 seien es rund 13 Milliarden Euro und 2010 zusätzliche 10 Milliarden Euro, berichten die Wirtschaftsweisen.
«Alles andere wäre ein finanzpolitisches Harakiri»
Grundsätzlich sei der schwarz-gelbe Ansatz in der Steuerpolitik richtig. «Das Steuersystem weist nach wie vor einen erheblichen Reformbedarf auf.» Die Erbschaftsteuerreform von Union und SPD sei missraten. Auch Teile der neuen Unternehmensteuer und der Tarifverlauf bei der Einkommensteuer sollten angepackt werden. Hier seien jedoch nur strukturelle Verbesserungen sinnvoll, die den Staat nichts kosteten: «Alles andere wäre ein finanzpolitisches Harakiri.»
Noch grösseres Haushaltsloch befürchtet
Die Ökonomen wenden sich gegen das «Märchen», dass niedrigere Steuern das Wachstum ankurbeln und sich damit die Geldprobleme der Regierung zum grossen Teil von selbst lösen. Ein höheres Wachstum erleichtere die Sparaufgabe, könne sie aber keinesfalls lösen. Die Wirtschaftsweisen fürchten sogar ein noch grösseres Haushaltsloch in den kommenden Jahren. Ab 2011 könnte der Sanierungsbedarf um etwa ein Drittel höher ausfallen als bisher befürchtet. (awp/mc/ps/25)