Moneycab: Warum ist eine zyklische Erholung der beste Zeitpunkt für eine Investition in den Automobilsektor?
Markus Mächler: Automobilhersteller sind zyklische Unternehmen, d. h., ihre Erträge und Aktienkurse folgen in der Regel den Auf- und Abwärtsbewegungen der Wirtschaft. Befinden sich die Konsumentenausgaben und das Bruttoinlandprodukt auf dem Tiefpunkt, werden auch weniger Neuwagen gekauft. Die Automobilbranche hat jedoch in ihrer 100-jährigen Geschichte mit solchen Zyklen umzugehen gelernt. Im jetzigen Zyklus hat sie die Kosten gesenkt und die Produktivität erhöht. Der optimale Zeitpunkt für eine Investition ist das Ende eines Abschwungs, wenn die Autohersteller mehrheitlich eine dünne Kostenstruktur erreicht haben, was zu einer Zunahme der Verkäufe und steigenden Margen und Gewinnen führt.
Welches sind die Risiken bei der Investition in einem Zyklus?
Bei der Investition in einem Zyklus ist der richtige Zeitpunkt ausschlaggebend. Es ist möglich, Ertrag zu generieren, indem man am Ende eines Abschwungs, unmittelbar vor einem Aufschwung investiert. Für langfristige Erträge oder langfristige Anlagen sollte man jedoch nicht auf zyklische Werte setzen. Es besteht ein Verlustrisiko, falls der Markt wieder unter Druck gerät. Aber wir gehen auch bei einem solchen Szenario davon aus, dass der Automobilsektor den Markt mit attraktiven Dividendenerträgen überflügeln wird.
Soll man auf Obligationen oder auf Aktien setzen, um den grössten Ertrag zu erzielen?
In schwachen Märkten liegen Dividendenerträge und Obligationenerträge sehr nahe beisammen. In diesem Fall fährt man besser, wenn man in Aktien investiert, denn zusätzlich zum Dividendenertrag besteht auch die Chance, dass die Aktienkurse in Zukunft steigen.
Die US-Wirtschaft scheint in der Autobranche den Massstab zu setzen. Heisst das, dass Investoren US-Unternehmen bevorzugen sollten?
Obwohl wir in den USA einen Aufschwung erwarten, sieht die Credit Suisse bei den amerikanischen Autoherstellern Ford und GM nur beschränktes Potenzial. Diese Unternehmen sind aufgrund ihrer hohen Verschuldung, Pensionskassenverbindlichkeiten und sinkender Margen wegen des Preiskriegs immer noch unattraktiv. Japanische Autohersteller haben nach wie vor die grösste Dynamik, und die europäischen Hersteller werden es ihnen wohl bald gleichtun.
Wie sieht die Situation der europäischen Autohersteller in diesem Jahr gegenüber 2002 aus?
Ihre Situation hat sich aufgrund der Währungsschwankungen, insbesondere aufgrund des schwächeren Dollars, verschlechtert. Die Credit Suisse First Boston schätzt die Korrelation zwischen Währungsschwankungen und Automobilaktien auf 75 Prozent bis 85 Prozent. Aufgrund der Fluktuationen im letzten Jahr wird das zweite Quartal für viele europäische Autohersteller, die in die USA exportieren, schwieriger. Diejenigen, die ausschliesslich exportieren, wie z. B. Porsche, haben das entsprechende Dollarrisiko auf den Erträgen, da ihre gesamte Kostenbasis auf Euro beruht. Aufgrund der Partnerschaft mit Chrysler ist bei Daimler ein grosser Teil der Kostenbasis in Dollar. Dieses Unternehmen kann das Währungsschwankungsrisiko durch Exporte nach Europa verringern. Auf diese Weise verwandelt es den Währungsfluss in einen Warenfluss. Hersteller, die dies nicht tun, leiden am meisten.
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Sind die Währungsschwankungen das grösste Problem der europäischen Autobranche?
Es ist nur eines von mehreren. Zurzeit machen drei Probleme dem europäischen Autosektor zu schaffen: Währungsschwankungen, die schwache Wirtschaft und der Preiskrieg zwischen den Erstausrüstern.
Welche Anbieter sind am Preiskrieg beteiligt?
Es sind dies in erster Linie die US-Autohersteller. Nach dem 11. September 2001 intensivierten sie den Preiskrieg, um die Anzahl der Privatkäufer auf demselben Niveau zu halten. Der Kampf wird von den drei grossen Anbietern geführt: Ford, GM und Chrysler. Die Japaner und die Europäer sind weniger involviert, obwohl auch die Europäer mit zinsloser Finanzierung und Rückkaufsangeboten am Anreizspiel mitmachen.
Heisst dies, dass in Europa der Trend zum Leasing wächst?
Der Trend zum Leasing und zu Drittfinanzierungen ist in den USA immer noch deutlich stärker als in Europa. Etwa 85 Prozent der gekauften Neuwagen basieren auf Abzahlungsverkäufen wie Leasing, gegenüber etwa einem Drittel in Europa.
Nimmt Chrysler gleich stark am Preiskrieg teil wie Ford und GM?
Seit Chrysler mit Daimler eine Partnerschaft eingegangen ist, hat das Unternehmen versucht, davon wegzukommen. Um sich vom Trend abzukoppeln, setzt die Gruppe verstärkt auf Qualität und Effizienz, und weniger auf tiefe Kosten. So brachte sie zwei neue Modelle auf den Markt – Crossfire und Pacifica – die in Zusammenarbeit mit Mercedes entwickelt wurden. Die Verkaufszahlen für Juni stiegen um 6 Prozent gegenüber 2002, was beweist, dass sich das Unternehmen mit höherer Qualität vom Preiskrieg der Konkurrenz abheben kann.
Welches sind in diesem Sektor Ihre Favoriten?
Unser Favorit ist Volkswagen. Mit dem neuen Golf-Modell, das im September lanciert werden soll, nimmt VW als erstes Unternehmen die Produktion an mehreren Standorten gleichzeitig auf. Damit kann dieses Modell schnell in vielen Ländern angeboten werden. Dies führt zu einem positiven Effekt, denn es wird in einer zyklischen Erholungsphase geschehen, in der das Konsumenteninteresse wieder stärker wird.
Soviel zum europäischen Sektor. Wie schätzen Sie jedoch die Hersteller in den USA und Japan ein?
Investoren, die in den USA auf zyklische Werte setzen wollen und das Gefühl haben, dass der Dollar einigermassen stabil ist, empfehlen wir Daimler. Dennoch ist dieser Titel für uns zweite Wahl, den wir mit Halten einstufen.
In Japan bevorzugen wir Nissan. Das Unternehmen hat sich seit seiner von Renault vorgenommenen Restrukturierung gut entwickelt, auch verkaufen sich seine Modelle in den USA gut. Nissan empfehlen wir zum Kauf. Das gleiche gilt für Honda, jedoch ist das Unternehmen unsere zweite Wahl für den japanischen Markt.
Dieser Artikel wurde Moneycab freundlicherweise von der Credit Suisse zur Verfügung gestellt. |
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