Der Wert der Immobilie als Bandbreite
Für eine verlässliche Liegenschaftsbewertung sind zwei Meinungen besser als eine. Das Ergebnis gibt dennoch nur Anhaltspunkte für den tatsächlichen Marktwert. Wichtig ist die Wahl des richtigen Gutachters.
Von David Strohm
Es gibt aber viel mehr Gründe für die Bewertung eines Objektes: Erbfälle oder eheliche Auseinandersetzungen gehören genau so dazu wie Nutzungsstudien für Liegenschaften, die Optimierung von Immobilienportefeuilles, Liquidationen und Zwangsverwertungen oder Steuerstreitigkeiten. In die Bewertung einer Liegenschaft fliessen viele Kriterien ein. Sie geben auch bei einem hohen Detaillierungsgrad nur Anhaltspunkte für die Bewertung und ist in jedem Fall eine Momentaufnahme. Nur gerade bei der Handänderung, wenn Angebot und Nachfrage sich treffen und ein Abschluss zustande kommt, manifestiert sich der effektive Marktwert in Franken und Rappen.
Zweitmeinung wird wichtiger
Immer häufiger enden Konflikte um den Wert von Liegenschaften vor Gericht, das sich in der Regel auf Gutachten von Fachleuten abstützt. Vor einer wichtigen Entscheidung wie dem Kauf des Traumobjektes mag es auch sinnvoll sein, eine schon vorhandene Schätzung im Licht einer Zweitmeinung zu überprüfen. Eine solche „Second Opinion“ ist insbesondere dann angezeigt, wenn die Erstschätzung im Auftrag einer am Ergebnis interessierten Partei erstellt worden ist.
Grundlage jeder Gutachtens ist die Wahl einer oder mehrerer Bewertungsmethoden. Drei Ansätze stehen dabei im Vordergrund:
der Kostenansatz, dem der Substanzwert zugrunde liegt, der Vergleichsansatz, mit dem Verkehrswert als Basis, undder Ertragswert, der auf die künftigen Kosten und Einnahmen abstellt.Die „richtige“ Bewertung
Für Hans Jürg Stucki, Architekt und Schätzer mit Büros in Zürich und New York, gibt es ohnehin keinen «richtigen» Wert, wohl aber eine Wertbandbreite, die sich, gestützt auf eine seriöse Untersuchung, auch begründen lässt. Einem solchen „seriösen“ Gutachten lässt sich entnehmen, welche Autoren mit welcher Ausbildung und Erfahrung mitgewirkt haben und welche Abklärungen sie vorgenommen haben. Es zeigt die angewendeten Bewertungsmethoden, die Schätzungsfaktoren und deren Gewichtung auf. Erst mit diesen nachvollziehbaren Überlegungen nähert sich das Gutachten einer angemessenen Preisbandbreite. Nach Ansicht Stuckis sollte eine Studie auch aufzeigen, wie das Resultat zustande gekommen ist und Preise von Vergleichsobjekten oder statistische Erfahrungswerten enthalten.
Die Schätzer der Verbände
In der Schweiz sind mehrere hundert Fachleute tätig, die über ein Diplom als Schätzungsexperte verfügen. Diesen Fachausweis vergeben nach einer aufwändigen Ausbildung vier Verbände: die des Verbandes der Immobilien-Treuhänder (SVIT), der Schweizerische Immobilienschätzer-Verband (SIV), der Schweizerische Vereinigung kantonaler Grundstückexperten (SVKG) und der Westschweizer Chambre suisse d’experts en estimations immobilières (USPI). Doch das Diplom allein ist noch kein Garant für ausreichende Erfahrung beim Erstellen einer Expertise. Gerade die erfahrenen, zum Teil seit Jahrzehnten tätigen Schätzer wollen sich die Mühe nicht mehr machen, die noch neue Prüfung zu absolvieren.
Nicht jeder Fachmann bringt dieselbe Qualität
Das weiss auch SIV-Präsident Francesco Canonica: «Wir raten den Auftraggebern, sich eine Auswahl von Fachleuten nennen zu lassen, die einerseits mit der Region vertraut sind, andererseits Erfahrung für das spezifische Objekt mitbringen.» Dass es grosse Qualitätsunterscheide gibt, weiss auch Canonica: „Es werden leider viele schlechte Gutachten von Schätzern verfasst, die sich ihrer Verantwortung gegenüber dem Auftraggeber nicht bewusst sind.“
Mit Blick auf die wenigen schwarzen Schafe mahnt der Schätzer seine Kollegen: „Achten Sie auf Ihren guten Ruf als Immobilienschätzer und auf den Ruf unsers Verbandes.“ Eines der vordinglichen Ziele der vier Verbände ist denn auch die Hebung des Qualitätsstandards im schweizerischen Schätzungswesen. Praktiker wie Hans Jürg Stucki schwören – Diplom hin oder her – auf interdisziplinär zusammengesetzte Teams. „Willkür lässt sich nur in Teams vermeiden“, sagt Stucki, der dem losen „Verbund der Interessengemeinschaft Immobilienbewertung in der Praxis“ (IGIP) angehört.
Preise frei aushandelbar
Gute Gutachten haben ihren Preis: Zwar sind die Honorare grundsätzlich frei aushandelbar, doch dienen die Ansätze des Schweizerischen Architekten- und Ingenieur-Vereins (SIA) als Anhaltspunkt. Je nach Komplexität des Gutachtens ist mit Kosten zwischen 1500 und 20’000 Franken zu rechnen. Dabei ist der betriebene Aufwand auf das jeweilige Schätzungsobjekt abzustimmen. Die verlässlichste Schätzung basiert, da sind sich die Experten einig, auf einer Kombination möglichst vieler Faktoren und Methoden zur Ermittlung des Wertes oder – besser noch – der Wertbandbreite.
Weiterführende Links:
Schweizerische Schätzungsexperten Kammer
http://sek.svit.ch/
Schweizerischer Immobilienschätzer Verband
http://www.immobilienschaetzer.ch
Schweizerische Vereinigung kantonaler Grundstückbewertungsexperten
http://www.svkg.ch
Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein
http://www.sia.ch
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