Deutsche Bank verschafft sich nach Verlust Luft bei Postbank-Kauf
Direkte Staatshilfe lehnte Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann am Mittwoch erneut ab: «Wir brauchen weiterhin kein Geld von der Regierung», betonte Ackermann. «Wir haben absolut keine Notwendigkeit für weiteres Kapital.» Der DAX-Konzern habe «eine starke Kapitalbasis, stärker als zu Beginn der Krise».
3,9 Milliarden Euro Verlust im Jahr 2008
Im vergangenen Jahr verbuchte die Deutsche Bank 3,9 Milliarden Euro Verlust – nach einem Rekordgewinn von 6,5 Milliarden Euro 2007. In dem von der Krise besonders gebeutelten vierten Quartal fielen den vorläufigen Zahlen zufolge 4,8 Milliarden Euro Verlust nach Steuern an. «Bis zum vierten Quartal haben wir die Krise relativ gut gemeistert», sagte Ackermann. Nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers Mitte September habe die Schwankungsbreite an den Märkten ein nie dagewesenes Mass erreicht. Noch kurz vor der Lehman- Pleite hatte sich Ackermann optimistisch gezeigt, dass der Anfang vom Ende der seit Sommer 2007 tobenden Krise gekommen sei.
Kein Stellenabbau
Trotz des Milliardenverlustes strebt die Deutsche Bank derzeit nach Angaben von Ackermann keinen Stellenabbau in grossem Stil an: «Wir planen kein grossangelegtes Restrukturierungsprogramm.» Die Deutsche Bank kündigte jedoch weitere «Korrektur-Massnahmen» für 2009 an. Über Details und die endgültigen Zahlen für 2008 will das Institut bei der Bilanzvorlage am 5. Februar informieren.
Ackermann enttäuscht
Ackermann machte keinen Hehl aus seiner Enttäuschung über das Abschneiden des deutschen Branchenprimus. «Das extrem schwierige Marktumfeld hat einige Schwächen in der Bank aufgezeigt.» An deren Behebung werde gearbeitet. Risikopositionen bei bestimmten Krediten und Kreditzusagen wurden von 11,9 Milliarden Euro zum Ende des dritten Quartals auf unter 1 Milliarde Euro zum Jahresende 2008 verringert. Aus den hier deutlich reduzierten Risikopositionen erwarte das Institut keine weiteren Belastungen, sagte Ackermann.
Neue Konditionen für Postbank-Deal
Zudem will die Deutsche Bank ihr Geschäft mit Privat- und Firmenkunden ausbauen – auch mit Hilfe der Postbank. Angesichts der Finanzkrise einigten sich Deutsche Bank und Deutsche Post auf neue Konditionen für das Geschäft: Die Post bekommt für den Verkauf von zunächst 22,9 Prozent des Bonner Instituts rund acht Prozent der Deutschen Bank. Damit wird indirekt auch der Staat, dem über die KfW gut 30 Prozent der Post gehören, an der grössten deutschen Bank beteiligt. Durchgerechnet bedeuten die acht Prozent nach Angaben der Konzerne eine Staatsbeteiligung von 2,5 Prozent an der Deutschen Bank. Zum Vergleich: Bei der Konkurrentin Commerzbank wird der Staat nach Milliardenhilfe direkt mit 25 Prozent und einer Aktie direkt beteiligt.
Einstieg der Post nur vorübergehend?
«Wir beabsichtigen nicht, längerfristig Grossaktionär der Deutschen Bank zu bleiben», sagte Post-Vorstandschef Frank Appel in einer Telefonkonferenz. Von einer «Teilverstaatlichung» könne daher keine Rede sein. Zusätzlich zum ersten Paket erhält die Deutsche Bank weitere 27,4 Prozent über eine Pflichtumtauschanleihe. Das heisst, sie zahlt dieses Paket direkt, erhält die Anteile aber erst nach Ablauf von drei Jahren, wenn die Anleihe in Postbank-Aktien getauscht wird. Für die verbleibenden 12,1 Prozent, die die Post erst Ende vergangenen Jahres an der Postbank übernommen hatte, hat die Deutsche Bank weiterhin eine Kaufoption. Der Rest der Postbank- Aktien befindet sich im Streubesitz. Der Barwert der Transaktion entspricht laut Mitteilung 4,9 Milliarden Euro. Das sind 100 Millionen Euro mehr als im Herbst vereinbart. Die Post erhalte unmittelbar liquide Mittel von 3,8 Milliarden Euro, wovon 3,1 Milliarden Euro bereits geflossen seien. Die Konzerne erwarten den Abschluss der Transaktion bis spätestens 27. Februar.
Deutsche Bank schont ihr Eigenkapital
Vorteil der neuen Modalitäten für die Deutsche Bank: Sie muss ihr Eigenkapital nicht mehr so stark belasten, ihre Eigenkapitalbelastung reduziert sich von ursprünglich 2,2 Milliarden auf 1,0 Milliarden Euro. Zum Jahreswechsel betrug die Kernkapitalquote des Instituts – das Verhältnis zwischen Eigenkapital und ausgegebenen Krediten – vergleichsweise solide zehn Prozent. Die Post ihrerseits kommt nach eigenen Angaben «schneller und mit weniger Risiko aus dem Bankgeschäft. So können wir mehr Ressourcen freisetzen, um uns auf unser Kerngeschäft zu konzentrieren», sagte Post-Finanzchef John Allan in Bonn.
Ursprünglich Teileinstieg der Deutschen Bank anfangs 2009 geplant
Im September hatten sich beide Seiten auf den Postbank-Deal geeinigt. Geplant war zunächst ein Teileinstieg der Deutschen Bank zu Beginn dieses Jahres: Sie wollte im ersten Quartal 2009 für rund 2,8 Milliarden Euro zunächst 29,75 Prozent der Postbank übernehmen und hatte sich die Option auf weitere Anteile gesichert.
Postbank-Aktie stürzt auf neues Rekordtief
Die Postbank-Aktie stürzte nach Bekanntgabe der neuen Übernahmebedingungen auf ein neues Rekordtief. Zuletzt lag sie noch 16,66 Prozent im Minus bei 11,96 Euro. Auch das Papier der Deutschen Bank verlor kräftig: Sie notierte zuletzt 9,1 Prozent tiefer bei 22,06 Euro. Für die Post ging es kurz vor Handelsschluss 2,36 Prozent nach unten auf 9,51 Euro. (awp/mc/ps/23)